"Die nach § 119 SGB X übergegangenen Schadensersatzansprüche des Geschädigten hinsichtlich des Ausfalls von Rentenversicherungsbeiträgen sind nicht verjährt. …"
Nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB) mit dem Schluss des Jahres, in dem der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Bei Behörden und öffentlichen Körperschaften beginnt die Verjährungsfrist für zivilrechtliche Schadensersatzansprüche erst dann zu laufen, wenn der zuständige Bedienstete der verfügungsberechtigten Behörde Kenntnis von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen erlangt; verfügungsberechtigt in diesem Sinne sind dabei solche Behörden, denen die Entscheidungskompetenz für die zivilrechtliche Verfolgung von Schadensersatzansprüchen zukommt, wobei die behördliche Zuständigkeitsverteilung zu respektieren ist (BGH, Urt. v. 22.4.1986 – VI ZR 133/85 und v. 12.5.2009 – VI ZR 294/08 – m.w.N.).
Sind innerhalb einer regressbefugten Behörde mehrere Stellen für die Bearbeitung eines Schadensfalls zuständig – nämlich die Leistungsabteilung hinsichtlich der Einstandspflicht gegenüber dem Verletzten und die Regressabteilung bezüglich der Geltendmachung von Schadensersatz- oder Regressansprüchen gegenüber Dritten –, so kommt es für den Beginn der Verjährung von Regressansprüchen grds. auf den Kenntnisstand der Bediensteten der Regressabteilung an. Das Wissen der Bediensteten der Leistungsabteilung ist demgegenüber regelmäßig unmaßgeblich und zwar auch dann, wenn die Mitarbeiter dieser Abteilung aufgrund einer behördeninternen Anordnung gehalten sind, die Schadensakte an die Regressabteilung weiterzuleiten, sofern sich im Zuge der Sachbearbeitung Anhaltspunkte für eine schuldhafte Verursachung des Schadens durch Dritte oder eine Gefährdungshaftung ergeben (vgl. BGH, Urt. v. 11.2.1992, v. 15.3.2011 – VI ZR 162/10, v. 9.3.2000 – III ZR 198/99, v. 28.2.2012 – VI ZR 9/11; v. 17.4.2012 – VI ZR 108/11).
Der Senat sieht keinen Anlass, von dieser Rspr. abzuweichen. Dass auch die Leistungsabteilung mit dem Schadensfall verantwortlich befasst ist, soweit es um die an den Geschädigten zu erbringenden Leistungen geht, ist regelmäßig ohne Belang, weil diese in der Verantwortung der Leistungsabteilung liegende Tätigkeit nicht auf die Verfolgung von Schadensersatzansprüchen abzielt. Unerlässliche Voraussetzung für eine Wissensvertretung ist daher, dass der betreffende Bedienstete eigenverantwortlich (zumindest) mit der Vorbereitung von Regressansprüchen betraut ist (vgl. BGH a.a.O.; Urt. v. 16.3.2011 – VI ZR 162/10).
Deshalb kommt lediglich die Frage eines Organisationsverschuldens in Betracht. Dies könnte aber allenfalls darin zu sehen sein, dass die Geschäftsanweisung der Kl. hinsichtlich der Abgabe einschlägiger Fälle an die Regressabteilung nicht eindeutig gewesen sein könnte. Dies ist vorliegend allerdings nicht der Fall. Des Weiteren muss die Kl. sicherstellen, dass die Geschäftsanweisungen eingehalten werden. Auch dies ist vorliegend der Fall, wie sich daraus ergibt, dass nach der Kontenklärung ohne weiteres die Sache an die Regressabteilung abgegeben worden ist.
Die für das LG entscheidende Frage ist allerdings, ob nicht bei einem längerfristigen Ausfall wie vorliegend eine Individuelle Überprüfung des Versicherten-Kontos erforderlich wäre. Da dies der einzelne Sachbearbeiter der Leistungsabteilung sicherlich nicht allein entscheiden kann, kommt auch insoweit lediglich ein Organisationsverschulden in Betracht. Die Kl. hat allerdings in der Berufung sehr deutlich dargelegt, dass eine solche individuelle Überprüfung angesichts des Umfangs von mehreren Millionen Konten nicht möglich ist und auch eine erhebliche zusätzliche Belastung darstellen würde, zumal alleine der Ausfall von Beiträgen über eine längere Zeit nichts darüber aussagt, dass es entsprechende Regressforderungen geben könnte.
Der Senat hält deshalb den Ansatz des LG für nicht zutreffend. Die einschlägigen Regelungen (§ 149 SGB VI, § 7 VKW) zeigen deutlich, dass auch der Gesetzgeber davon ausgeht, dass eine regelmäßige Kontenklärung alle fünf Jahre ausreicht und zusätzliche Überprüfungen nicht erforderlich sind.
Für den Gläubiger besteht keine generelle Obliegenheit, im Interesse des Schädigers an einem möglichst frühzeitigen Beginn der Verjährungsfrist Initiativen zur Klärung von Schadenshergang oder Person des Schädigers zu entfalten (BGH, Urt. v. 10.11.2009 – VI ZR 247/08; BGH, Urt. v. 16.9.2005 – V ZR 242/04; BGH, Urt. v. 28.2.2012 – VI ZR 9/11; OLG Saarbrücken OLGR 2008, 817, 818 f.).
Ist der Geschädigte nicht gehalten, im Interesse des Schuldners an einem möglichst frühzeitigen Beginn der Verjährungsfrist von sich aus Nachforschungen zu betreiben, können solche auch nicht von einem VR verlangt werden, der aufgrund seiner Leistungspflicht mit dem Schadensfall befasst wird. Den Mitarbeitern des Sozialversicherungsträgers bietet...