B-BUZ § 1 § 2
Leitsatz
Ein selbständiger Zahnarzt, der aufgrund einer Augenerkrankung seine bisherige Tätigkeit nur dadurch uneingeschränkt fortführen kann, dass er seine Arbeitszeit ausweitet, ist nur dann in dem bedingungsgemäßen Maße von mindestens 50 % berufsunfähig, wenn er bei Einhaltung seiner Arbeitszeit in gesunden Tagen noch mehr als 50 % seines früheren Arbeitsumfangs ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen leisten kann.
OLG Saarbrücken, Urt. v. 23.2.2011 – 5 U 275/09
Sachverhalt
Der Kl., ein selbständiger Zahnarzt mit einem durchschnittlichen Jahresnettoeinkommen von zuletzt durchschnittlich 254.000 EUR, das er nach seinen variierenden Angaben in einer Jahresarbeitszeit von 45 Wochen zu je 28 Stunden erwirtschaftet, ist aufgrund einer entzündungsbedingten Gesichtsfeldbeeinträchtigung gezwungen, seine tägliche Arbeitszeit auszuweiten und seinen Jahresurlaub zu reduzieren. Seine Tätigkeit führt er nach der Zahl seiner Patienten und dem Behandlungsumfang nach einem jetzigen Jahreseinkommen von rund 238.000 EUR nahezu uneingeschränkt fort. Er macht eine Rente wegen Berufsunfähigkeit geltend.
2 Aus den Gründen:
"… Die Voraussetzung dafür, dass der Kl. während der Dauer der Zusatzversicherung zu mindestens 50 % berufsunfähig geworden ist (§ 1 Abs. 1 B-BUZ), also … voraussichtlich dauernd außer Stande ist, seine Tätigkeit als Zahnarzt auszuüben, hat der Kl. nicht bewiesen."
(1.) Die Auslegung dieser Vereinbarung im Anhang 1 zum Versicherungsschein ergibt, dass auf die konkrete Tätigkeit des Kl. als selbstständig arbeitender Zahnarzt abzustellen ist, und nicht – im Sinne einer Ärzteklausel – auf jede sich für ihn als Zahnarzt bietende Tätigkeit, also beispielsweise auch in einer Beratungs- oder sonstigen Verwaltungsfunktion, die zahnärztliche Kenntnisse voraussetzt. Sowohl der Wortlaut der Vereinbarung, der auf “seine' Tätigkeit abstellt, als auch die Erwartung des Kl. aus Sicht eines durchschnittlichen VN, die auf die Absicherung zur Weiterführung seiner eigenen Praxis gerichtet ist, sprechen für diese Auslegung.
(2.) Der VN muss darlegen und beweisen, dass er zu der versicherten beruflichen Tätigkeit in einem Ausmaß nicht mehr im Stande ist, welches nach den Versicherungsbedingungen einen Rentenanspruch begründet … Bei einem mitarbeitenden Betriebsinhaber muss zunächst, genau wie bei jedem anderen Versicherten, die Voraussetzung erfüllt sein, dass er zu seiner konkreten beruflichen Tätigkeit, so wie sie bis zum Eintritt der Gesundheitsbeeinträchtigung ausgestaltet war, in einem bedingungsgemäßen Ausmaß nicht mehr im Stande ist. Darüber hinaus muss der mitarbeitende Betriebsinhaber darlegen und erforderlichenfalls beweisen, dass ihm eine zumutbare Betriebsorganisation keine gesundheitlich noch zu bewältigende Betätigungsmöglichkeit eröffnen kann, die bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit ausschließen würde (BGH VersR 2003, 631).
Dies steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht mit ausreichender Sicherheit fest.
(a) Der Kl. übt seine Zahnarzttätigkeit unstreitig weiterhin in vollem Umfang aus, also inzwischen über sechs Jahre nach dem behaupteten Eintritt seiner Berufsunfähigkeit. Dies belegen auch seine Einkommensverhältnisse. Seine Einnahmen vor Steuern nach Abzug aller Kosten … liegen durchschnittlich mit 237.759,14 EUR nur geringfügig unter dem Durchschnitt der Jahre 2001 bis 2003 von 254.854,66 EUR. In den Jahren 2004 und 2006 hat der Kl. sogar höhere Jahreseinnahmen erzielt als in den Jahren 2001 bis 2003.
(b) Orthopädische Probleme durch seinen rechten Mittelfinger hat der Kl. nicht bewiesen (wird ausgeführt).
(c) Der Kl. hat auch nicht bewiesen, dass er durch seine Augenerkrankung in einem Ausmaß daran gehindert ist, seine zahnärztliche Tätigkeit weiter auszuüben, dass nach den Versicherungsbedingungen ein Rentenanspruch begründet wird.
In dem augenärztlichen Gutachten von Prof. Dr. M ist ausgeführt, dass akute Entzündungszeichen nicht vorliegen. Die vom Kl. geschilderte vermehrte Blendempfindlichkeit wird allerdings bestätigt, sodass von einer Störung für die feinmechanische Tätigkeit und von einer Reduktion der zentralen Sehschärfe auszugehen ist … Feststellungen darüber, dass der Kl. einzelne Arbeitsschritte nicht mehr ausüben könne, hat der Sachverständige nicht getroffen. Es ist demnach durch das Gutachten von Prof. Dr. M nicht bewiesen, dass der Kl. irgendwelche Arbeitsschritte nicht mehr ausführen kann. Dagegen spräche auch, dass der Kl. seit über sechs Jahren das Gegenteil beweist.
Die gutachterlichen Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. M sind aus diesen Gründen so zu verstehen, dass der Kl. seine Tätigkeit weiter ausüben kann, sie ihm aber schwerer fällt. Dies hat der Sachverständige bei seiner Anhörung vor dem Senat bestätigt. Er hat auf Nachfrage auch konkretisiert, was er damit meint, nämlich dass der Kl. für seine Tätigkeit längere Zeit benötigt, mehr Pausen braucht und schneller ermüdet.
Dies genügt zum Nachweis einer bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit nicht. Die erforderliche zeitliche Verlängerung seiner Arbeitszeit so...