Die Entscheidung überrascht zunächst. Ausgehend von einer Entscheidung des KG (Beschl. v. 9.5.2012 – 3 Ws (B) 260/12, DAR 2012, 395) ist davon auszugehen, dass bei rechtzeitig vor dem Termin gestelltem begründeten Verlegungsantrag des Verteidigers wegen seiner Verhinderung das Gericht über einen solchen Antrag nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden hat, wobei bei einem bestreitenden Betr. einem solchen Antrag in der Regel zu entsprechen ist. Auch das seitens des OLG Schleswig zitierte OLG Braunschweig hatte klar ausgedrückt, dass die Ablehnung einer Terminsverlegung ermessensfehlerhaft ist, wenn sich das Gericht auch auf die Vielzahl der dort sonst jährlich anhängigen Bußgeldverfahren stützt. Dieser Umstand darf nämlich bei der Ermessensentscheidung keine Berücksichtigung finden, weil die Geschäftslage des erkennenden Gerichts – mag sie auch noch so besorgniserregend sein – eine etwaige Abweichung vom Grundsatz des fairen Verfahrens schon unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten nicht zu rechtfertigen vermag. Auch wäre es ein Verfahrensfehler, wenn das Gericht den Betr. darauf verweist, sich von einem anderen Anwalt verteidigen zu lassen, hilfsweise die Verteidigung selbst zu übernehmen, ohne sich damit auseinanderzusetzen, ob dies dem Betr. angesichts des enormen Zeitdrucks noch zuzumuten ist.
Gerade das erscheint aber in der Entscheidung des OLG Schleswig zweifelhaft, wenn dem Betr. vorgehalten wird, er hätte sich auch ohne den verhinderten Verteidiger in der Hauptverhandlung angemessen verteidigen können. Denn gerade das ist ihm nicht zuzumuten, wenn er einen Wahlverteidiger hat. Dieser Argumentationsstrang geht beim OLG Schleswig völlig unter und ist in der Diktion auch bedenklich.
Die beiden übrigen zitierten Entscheidungen allerdings lassen erkennen, warum das OLG Schleswig hier das Verlegungsgesuch für unbeachtlich hielt. Das LG Neubrandenburg hatte entschieden, dass sich aus dem Grundsatz der gerichtlichen Terminshoheit nach § 213 StPO eine Einschränkung der Überprüfbarkeit der Terminsverfügung dahingehend ergebe, dass lediglich die Einhaltung der rechtlichen Grenzen des Ermessensspielraumes bei der Entscheidung über die Terminierung nachprüfbar sei. Das berechtigte Interesse des Betr. auf Verteidigung durch einen Rechtsbeistand seiner Wahl sei im Rahmen der erforderlichen Abwägung mit dem Interesse der Justiz an einer möglichst reibungslosen Durchführung des Verfahrens angemessen zu berücksichtigen, wobei dem Verteidigungsinteresse im Zweifel Vorrang gebühre (Anschluss OLG Hamm, Beschl. v. 22.7.2007 – 3 RBs 200/10, zfs 2010, 649). Das Recht des Betr. auf freie Wahl des Verteidigers werde jedenfalls dann unzumutbar eingeschränkt, wenn ein erstmaliger und unverzüglich gestellter Terminsaufhebungsantrag abgelehnt werde, obwohl der Verteidiger seine kollidierenden Termine substantiiert angegeben habe. Gerade daran scheint es hier gefehlt zu haben, so jedenfalls wirkt es in der Entscheidung des OLG Schleswig.
Zudem wird die Argumentation des OLG Schleswig durch die zitierte Entscheidung des OLG Frankfurt unterstützt, wo konstatiert wird, dass, wenn der mit der Sache bisher nicht vertraute Verteidiger erst nach der Terminsladung und relativ kurzfristig vor dem Termin neu mandatiert wird, es dem Angekl. zuzumuten sei sicherzustellen, dass dieser Verteidiger den Termin auch wahrnehmen könne; ebenso wie der Verteidiger bei der Übernahme des Mandats eine offen liegende Terminkollision bedenken müsse.
Mangels mitgeteilter konkreter Daten im vorliegenden Fall kann nun nicht nachvollzogen werden, in welcher Form die Überprüfung der Ermessensentscheidung des Gerichts durch das OLG Schleswig erfolgt ist. Man kann die Entscheidung aber als Warnung an den Verteidiger verstehen, einen Verlegungsantrag sorgfältig mit Gründen zu belegen. Die bloße anwaltliche Versicherung könnte, wenn man die obige Entscheidung stringent fortsetzt, nicht zwingend ausreichen, um bei einem Fernbleiben vom Termin samt nachfolgendem Verwerfungsurteil eine Verletzung des rechtlichen Gehörs zu begründen.
RiAG Dr. Benjamin Krenberger
zfs 3/2015, S. 172 - 173