Die praktische Bedeutung der Schadensbehebung durch den Ersatzverpflichteten nach § 249 Abs. 1 BGB ist gering. Denn die meisten Geschädigten haben aus verständlichen Gründen kein Interesse daran, dem Haftungsschuldner, also meistens dem Schädiger, die Art und Weise der Schadensbehebung zu überlassen. Deshalb gewährt § 249 Abs. 2 S. 1 BGB bei der Verletzung einer Person und für den Fall der Beschädigung einer Sache dem Geschädigten das Recht, statt der Herstellung "den dazu erforderlichen Betrag" zu verlangen. Der Geschädigte soll dadurch in die Lage versetzt werden, die Schadensbehebung unabhängig vom Haftungsschuldner durchzuführen, auch um Streit über das Ergebnis der Restitution zu vermeiden. Wegen dieser weitreichenden Befugnis spricht man auch vom Geschädigten als "Herrn des Restitutionsgeschehens". Rechtsdogmatisch handelt es sich bei der Regelung des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB um eine gesetzliche Ersetzungsbefugnis (facultas alternativa) zum Herstellungsanspruch nach § 249 Abs. 1 BGB. Denn der Anspruch nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB ist kein anderer Anspruch als der auf Herstellung nach § 249 Abs. 1 BGB; er ist nur ein "als Zahlungsanspruch ausgekleideter besonderer Herstellungsanspruch".
Trotz ihres an sich klar formulierten Wortlauts ist die Vorschrift Dreh- und Angelpunkt der meisten Streitigkeiten um den Ersatz von Kfz-Schäden. Der Grund hierfür liegt in dem Tatbestandsmerkmal "erforderlich", das wegen seiner Unbestimmtheit von jeher Anlass zu grundlegenden Diskussionen gegeben hat. Dabei scheint die Sache auf den ersten Blick relativ einfach: Der Geschädigte soll in die Lage versetzt werden, die vollständige Restitution i.S.d. § 249 Abs. 1 BGB in Eigenregie durchzuführen, ohne Rücksicht auf den Schädiger nehmen zu müssen. Aber der Schein trügt und der Teufel liegt im Detail, wie einige Schlaglichter aus der Rechtsprechung des VI. Zivilsenats der letzten Jahrzehnte zu grundsätzlichen Fragen des Kfz-Schadensrechts erhellen, die für unsere nachfolgende Betrachtung alternativer Reparaturmethoden bedeutsam sind.
Grundsatz 1: Dispositionsfreiheit des Geschädigten
Aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB leitet der VI. Zivilsenat ab, dass der Geschädigte frei darin ist, ob und wie er den Schaden behebt (Dispositionsfreiheit). Hierfür zwei Beispiele:
Beispiel 1: H beschädigt mit seinem Fahrzeug die "Ente" des G an der Stoßstange. G macht die Kosten der Reparatur der Stoßstange nach einem entsprechenden Kostenvoranschlag geltend. H zahlt und erfährt dabei, dass G die beschädigte "Ente" längst durch einen Neuwagen ersetzt hat, was G ohnehin vorhatte. G freut sich über den Geldsegen und leistet sich 2 Tage Urlaub in einem Top-Wellnesshotel mit seiner Freundin, den er sich ansonsten nicht gegönnt hätte.
Nach der Auffassung des VI. Zivilsenats ist all das Ausfluss der Dispositionsfreiheit des Geschädigten. Dass der Geschädigte das Fahrzeug in beschädigtem Zustand veräußert hat, ist nach dieser Rechtsprechung ebenso unerheblich wie der Umstand, dass der Haftungsschuldner die Geldleistung ausschließlich zweckgebunden erbringt. Ob die Auffassung des VI. Senats dogmatisch richtig ist, kann hier nicht diskutiert werden, ebenso wie die Frage, ob es einsichtig ist, dass der Senat – trotz inhaltsgleicher Regelung in § 249 Abs. 2 S. 1 BGB – bei Personenschäden, aber auch bei Kfz-Folgeschäden, andere Maßstäbe anlegt. Wichtig für die Praxis und unsere nachfolgende Betrachtung ist lediglich die Konsequenz dieser Auffassung: Wenn der Geschädigte Schadensersatz auch dann verlangen kann, wenn er ganz auf die Restitution verzichtet, so erhält er letztlich Kompensation für einen Aufwand, der nie entstanden ist und auch in vielen, wenn nicht sogar den meisten Fällen nicht mehr entstehen wird. Das ist die Grundlage der fiktiven Schadensabrechnung des VI. Zivilsenats, die dieser mit seinem Urt. v. 23.3.1976 "ins Leben gerufen" hat und die uns später noch beschäftigen wird.
Beispiel 2: Bei einem Verkehrsunfall wird der 3 Monate alte Porsche 911 Targa 4S, Fahrleistung 3.000 km (Neupreis 133.000 EUR inkl. MwSt.), des G schwer beschädigt. Der Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs beträgt 100.000 EUR brutto. Die voraussichtlichen Reparaturkosten belaufen sich auf 110.000 EUR inkl. MwSt. Der Haftpflichtversicherer des Schädigers verfügt über ein unbeschädigtes typengleiches Fahrzeug mit exakt derselben Ausstattung, derselben Wagenfarbe, demselben Kilometerstand und demselben Fahrzeugzustand. Er bietet dieses Fahrzeug dem G an. G lehnt dies ab und möchte stattdessen die vollständige Reparatur seines Wagens.
Im Rahmen seiner Dispositionsfreiheit, wie sie der VI. Zivilsenat versteht, könnte G auch dies grundsätzlich verlangen, sofern er den Wagen reparieren lässt und weiterhin nutzt. G könnte aber genauso gut die Kosten der Ersatzbeschaffung, also den Wiederbeschaffungswert, beanspruchen und H sein beschädigtes Fahrzeug zur Verwertung überlassen.
Grundsatz 2: Schutz des Integritätsinteresses
In § 249 BGB...