[7] "I. … 2. Mit der Verfassungsbeschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des OLG. Sie rügt einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG sowie gegen Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 UN-BRK (Allgemeine Handlungsfreiheit und Grundrecht auf Mobilität) und führt dies näher aus."
[8] 3. Die Verfassungsbeschwerde wurde dem Ministerium für Justiz, Kultur und Europa des Landes Schleswig-Holstein und der Bekl. zugestellt, die sich nicht geäußert haben. Die Akte des Ausgangsverfahrens hat der Kammer vorgelegen.
[9] II. Die Kammer nimmt die zulässige Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts der Beschwerdeführerin aus Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchst. b BVerfGG; vgl. BVerfGE 90, 22 <25>). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 S. 1 BVerfGG liegen vor. Das BVerfG hat die hier maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden. Die Verfassungsbeschwerde ist danach offensichtlich begründet.
[10] 1. a) Entscheidungen der allgemein zuständigen Gerichte sind nicht schlechthin einer verfassungsgerichtlichen Prüfung zugänglich. Feststellung und Würdigung des Sachverhalts sowie Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts sind Sache der Fachgerichte und einer Nachprüfung durch das BVerfG grds. entzogen. Dieses kontrolliert vielmehr nur, ob dabei der Einfluss der Grundrechte grundlegend verkannt worden ist (vgl. BVerfGE 18, 85 <92 f.>; 89, 276 <285>). Im bürgerlichen Recht haben die Grundrechte als objektive Grundsatznormen Ausstrahlungswirkung, die vor allem bei der Interpretation von Generalklauseln und anderen auslegungsfähigen und wertungsbedürftigen Normen zur Geltung zu bringen ist (vgl. BVerfGE 7, 198 <204 ff.>; 42, 143 <148>; 81, 40 <52>).
[11] Nach Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG darf niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden; eine Schlechterstellung Behinderter ist nur zulässig, wenn dafür zwingende Gründe vorliegen (vgl. BVerfGE 99, 341 <357>). Untersagt sind auf die Behinderung bezogene Ungleichbehandlungen, die für den behinderten Menschen zu einem Nachteil führen. Eine nach Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG verbotene Benachteiligung liegt nicht nur bei Maßnahmen vor, die die Situation von Behinderten wegen der Behinderung verschlechtern. Eine Benachteiligung kann auch bei einem Ausschluss von Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten gegeben sein, wenn dieser Ausschluss nicht durch eine auf die Behinderung bezogene Förderungsmaßnahme hinlänglich kompensiert wird (vgl. BVerfGE 96, 288 <303>). Das Verbot der Benachteiligung Behinderter gem. Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG ist Grundrecht und zugleich objektive Wertentscheidung. Aus ihm folgt – über das sich aus dem Wortlaut unmittelbar ergebende Verbot der Benachteiligung hinaus – im Zusammenwirken mit speziellen Freiheitsrechten, dass der Staat eine besondere Verantwortung für behinderte Menschen trägt (vgl. BVerfGE 96, 288 <304>). Nach dem Willen des Verfassungsgebers fließt das Verbot der Benachteiligung behinderter Menschen als Teil der objektiven Wertordnung auch in die Auslegung des Zivilrechts ein (vgl. BVerfGE 99, 341 <356>; BVerfG, 1. Kammer des Ersten Senats, Beschl. v. 28.3.2000 – 1 BvR 1460/09, NJW 2000, S. 2658 <2659>). Die Verkehrssicherungspflicht der Bekl. für den von ihr eingerichteten und als solchen gekennzeichneten Behindertenparkplatz ist daher im Lichte der grundgesetzlichen Bestimmung des Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG zu sehen; ihr Inhalt wird durch diese Grundentscheidung mitgeprägt. Ebenso ist bei der Würdigung der Frage eines Mitverschuldens der Beschwerdeführerin an ihrem Unfall (§ 254 BGB) die Ausstrahlungswirkung zu berücksichtigen.
[12] b) Nach diesen Grundsätzen ist die zu einem vollständigen Anspruchsausschluss führende Anwendung von § 254 Abs. 1 BGB zu Lasten der Beschwerdeführerin durch die angegriffene Entscheidung mit Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG unvereinbar, weil sie die Ausstrahlungswirkung von Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG ins Zivilrecht außer Acht lässt. Dabei kommt es auf die – nach den von der Verfassungsbeschwerde nicht angegriffenen Feststellungen des OLG gegebene – Kenntnis der Beschwerdeführerin vom Zustand des in Rede stehenden Behindertenparkplatzes nicht entscheidend an. Denn auch wenn die Beschwerdeführerin die Beschaffenheit des konkreten Parkplatzes kannte, so nutzte sie doch einen Parkplatz, der gerade für Menschen mit Behinderung vorgesehen und somit dazu bestimmt war, in Befolgung des Förderungsauftrags des Staates die gleichberechtigte Teilhabe am Alltagsleben zu ermöglichen, und so den Ausschluss von Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten zu kompensieren. Eine etwaige – im Ausgangsverfahren bislang offengebliebene – nicht rollstuhlgerechte Ausgestaltung des Behindertenparkplatzes stellt eine Benachteiligung in diesem Sinne dar, weil die Kompensation des Nachteils in diesem Fall an der Gefährdung der Nutzer scheitert. Daraus ist eine entsprechende Verkehrssicherungspflicht der Bekl. abzuleiten, auf de...