Wer kraft seiner Dienststellung einen Generalschlüssel besitzen muss, ist zum sorgfältigen Umgang mit diesem Schlüssel verpflichtet und auch zur Rückgabe des Schlüssels bei Beendigung der Tätigkeit bzw. des Arbeitsverhältnisses. Der Arbeitgeber kann aber nicht dem Arbeitnehmer einen Generalschlüssel überlassen und ihn bei Verlust ohne weiteres zum Schadenersatz heranziehen.
1. Privilegierte Arbeitnehmerhaftung
Kann der Arbeitnehmer zum Hergang des Schlüsselverlustes keinerlei präzisen Ausführungen machen, ist eine Haftung anzunehmen. Ansonsten sind bei der Haftungsfrage die Regeln über den innerbetrieblichen Schadensausgleich zu beachten. Dieses Haftungsprivileg des Arbeitnehmers setzt voraus, dass der Arbeitnehmer den Schaden bei einer betrieblich veranlassten Tätigkeit verursacht hat. Als betrieblich veranlasst gelten solche Tätigkeiten, die arbeitsvertraglich übertragen worden sind oder die der Arbeitnehmer im Interesse des Betriebs ausgeführt hat. In diesem Rahmen muss dem Arbeitgeber das Betriebsrisiko zugerechnet werden. Immer wenn der Arbeitnehmer im Interesse des Arbeitgebers eine fremdbestimmte Tätigkeit ausübt, erhöht sich sein Schadenrisiko, ohne dass der Arbeitnehmer dieser Erhöhung ausweichen kann. Der betriebliche Charakter der Tätigkeit geht nicht dadurch verloren, dass der Arbeitnehmer bei der Durchführung der Tätigkeit grob fahrlässig oder vorsätzlich seine Verhaltenspflichten verletzt, auch wenn ein solches Verhalten grundsätzlich nicht im Interesse des Arbeitgebers liegt.
Die Grundsätze der beschränkten Arbeitnehmerhaftung sind auch anzuwenden, wenn hinter dem Arbeitnehmer eine Haftpflichtversicherung steht. Sie können weder einzel- noch kollektivvertraglich zu Lasten des Arbeitnehmers abbedungen werden. Ist in einem Arbeitsvertrag zudem eine Regelung enthalten, in welcher der Arbeitnehmer über einen Selbstbehalt einer Versicherung belehrt wird und sich bereit erklärt, den Selbstbehalt im Schadensfall zu übernehmen, sind diese Vereinbarungen unwirksam.
Der innerbetriebliche Schadensausgleich begrenzt den Umfang der Arbeitnehmerhaftung, je nach dem Grad des Arbeitnehmerverschuldens. Das Verschulden des Schädigers muss sich dabei sowohl auf die pflichtverletzende Handlung als auch auf den Eintritt des Schadens beziehen.
Differenziert wird zwischen leichtester, normaler bzw. mittlerer, sowie grober Fahrlässigkeit und Vorsatz. Der Umfang der Haftung ist im Ergebnis von einer Abwägung der Gesamtumstände im Einzelfall abhängig, wobei insbesondere Schadensanlass, Schadensfolgen sowie Billigkeits- und Zumutbarkeitsgesichtspunkte eine Rolle spielen.
a) Vorsatz
Bei Vorsatz ist keine Haftungsbeschränkung gerechtfertigt.
b) Grobe Fahrlässigkeit
Bei grober Fahrlässigkeit haftet der Arbeitnehmer in der Regel ebenfalls für den gesamten Schaden. Grobe Fahrlässigkeit ist gegeben, wenn der Arbeitnehmer die verkehrserforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt und Verhaltensregeln missachtet, die im konkreten Fall jedem hätten einleuchten müssen. Im Gegensatz zur einfachen Fahrlässigkeit muss es sich bei einem grob fahrlässigen Verhalten um ein auch in subjektiver Hinsicht unentschuldbares Fehlverhalten handeln, das ein gewöhnliches Maß erheblich übersteigt.
Ausnahmsweise sind Haftungserleichterungen auch bei grober Fahrlässigkeit möglich, die von einer Abwägung im Einzelfall abhängig sind. In die Abwägung ist der Grad des Verschuldens mit einzubeziehen. Jedoch sind Haftungsbeschränkungen auch bei "gröbster" Fahrlässigkeit nicht regelmäßig ausgeschlossen.
c) Mittlere Fahrlässigkeit
Bei normaler (mittlerer) Fahrlässigkeit hat der Arbeitnehmer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nicht beachtet, ohne dass ihm ein besonders schwerer Vorwurf zu machen ist. Bei solch einfacher Missachtung von Sorgfaltspflichten nimmt die Rechtsprechung beim Ausgleich des Schadens zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Quotelung anhand der Umstände des Einzelfalls vor.
Eine vollständige Haftungsfreistellung wird in der Regel abzulehnen sein. Der Schaden wird sich auch nicht immer hälftig teilen lassen. Kriterien zur Ermittlung der Haftungsquote sind die Gefahrgeneigtheit der Arbeit, die Schadenshöhe, ein vom Arbeitgeber einkalkuliertes Risiko, die Stellung des Arbeitnehmers und sein bisheriges Verhalten im Betrieb und unter Umständen auch seine persönlichen Verhältnisse, wie Dauer seiner Betriebszugehörigkeit, Lebensalter und Familienverhältnisse.
d) Leichteste Fahrlässigkeit
Leichteste Fahrlässigkeit liegt bei kleineren Fehlern oder Versehen vor. In derart gelagerten Fällen ist eine Arbeitnehmerhaftung ausgeschlossen.
e) Summenmäßige Begrenzung der Haftung
Eine summenmäßige Begrenzung der Haftung ist dann möglich, wenn zwischen Vergütung und Schaden ein deutliches Missverhältnis besteht. Ein solches Missverhältnis zwischen Schaden und Verdienst des Arbeitnehmers besteht nicht...