Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine nachträglichen begünstigten Anschaffungskosten gem. § 10e EStG durch Umgestaltung von zwei Eigentumswohnungen zu einer Wohnung
Leitsatz (amtlich)
Gestalten Ehegatten, die jeweils Alleineigentümer einer Eigentumswohnung sind, die nebeneinander liegenden Wohnungen durch einen Mauerdurchbruch und Entfernung einer Küche zu einer Wohnung um, können die Anschaffungskosten der später erworbenen Eigentumswohnung nicht als nachträgliche Anschaffungskosten in die Bemessungsgrundlage für den Abzugsbetrag der zunächst erworbenen, nach § 10e Abs. 1 EStG begünstigten Eigentumswohnung einbezogen werden.
Normenkette
EStG § 10e Abs. 1, 3
Verfahrensgang
FG München (EFG 1997, 1307; LEXinform-Nr. 0144085) |
Tatbestand
I. Die ―als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagten― Kläger und Revisionskläger (Kläger) nahmen für ein ―1984 fertiggestelltes― Einfamilienhaus erhöhte Absetzungen gemäß § 7b des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Anspruch.
Im Jahr 1988 erwarb die Klägerin eine Eigentumswohnung. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid für 1988 die vor Bezug entstandenen Aufwendungen antragsgemäß als Vorkosten nach § 10e Abs. 6 EStG. Im Einkommensteuerbescheid für 1990 gewährte das FA einen Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 EStG in Höhe von 12 149 DM sowie die bisher nicht geltend gemachten Abzugsbeträge für die Jahre 1988 und 1989 (12 149 DM x 3 = 36 447 DM).
Durch notariellen Kaufvertrag vom 10. September 1991 erwarb der Kläger in demselben Anwesen ebenfalls eine Eigentumswohnung. Bei der Einkommensteuerveranlagung für 1991 ließ das FA die vor Bezug dieser Wohnung angefallenen Aufwendungen dem Antrag der Kläger entsprechend zum Abzug als Vorkosten zu. Für die der Klägerin gehörende Eigentumswohnung berücksichtigte es den beantragten Abzugsbetrag in Höhe von 12 149 DM.
Im Jahr 1992 verbanden die Kläger durch einen Mauerdurchbruch beide Wohnungen zu einer Einheit und entfernten die in der Wohnung des Klägers vorhandene Kücheneinrichtung. In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1992 beantragten sie für die zusammengelegten Wohnungen den Abzugshöchstbetrag von 15 000 DM sowie gemäß § 10e Abs. 3 Sätze 1 und 2 EStG für die Jahre 1988 bis 1991 die Nachholung der Abzugsbeträge in Höhe der Differenz zwischen 15 000 DM und 12 149 DM (insgesamt 11 404 DM).
Das FA lehnte es ab, die Bemessungsgrundlage für den Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 EStG um die Anschaffungskosten für die vom Kläger erworbene Wohnung zu erhöhen und gewährte im Einkommensteuerbescheid für 1992 die Grundförderung wie bisher nur mit 12 149 DM.
Das Finanzgericht (FG), dessen Urteil in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1997, 1307 veröffentlicht ist, wies die Klage ab.
Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung des § 10e EStG. Sie tragen vor:
Die vom FG offen gelassene Frage, ob die bauliche Verbindung von nacheinander angeschafften Eigentumswohnungen zu nachträglichen Anschaffungskosten für die zuerst erworbene Wohnung führe, werde inzwischen von der Finanzverwaltung, vom Schrifttum und von der finanzgerichtlichen Rechtsprechung bejaht.
Entgegen der Auffassung des FG seien nicht deshalb zwei Objekte anzunehmen, weil die verbundenen Eigentumswohnungen verschiedenen Personen gehörten. Aufgrund des Mauerdurchbruchs und der Entfernung der Küche sei eine einheitliche Wohnung entstanden, die von beiden Eigentümern einheitlich ―teilweise zu Wohnzwecken, teilweise gewerblich― genutzt werde. Folglich könne der jeweilige Alleineigentümer nicht mehr uneingeschränkt über sein Wohnungseigentumsrecht verfügen. Jeder Eigentümer habe jederzeit Zugang zu der bürgerlich-rechtlich dem anderen gehörenden Wohnung; auch eine gesonderte Veräußerung der jeweiligen Wohnungseigentumsrechte wäre, unabhängig davon, ob die Zusammenlegung grundbuchrechtlich nachvollzogen worden sei, jedenfalls aus tatsächlichen Gründen nicht mehr möglich. Die Eigentümer seien für die gewöhnliche Nutzungsdauer in der Ausübung der alleinigen Eigentümerbefugnisse in einem Maße eingeschränkt, dass sie für die durch die Zusammenlegung entstandene einheitliche Wohnung als Miteigentümer anzusehen seien.
Die Anschaffungskosten für die später erworbene Wohnung seien nachträgliche Anschaffungskosten der zuerst erworbenen Wohnung mit der Folge, dass sie so zu behandeln seien, als seien sie zu Beginn des Abzugszeitraums entstanden (§ 10e Abs. 3 Satz 2 EStG). Daher könnten für die Jahre 1988 bis 1991 Abzugsbeträge in Höhe der Differenz zwischen 15 000 DM und 12 149 DM (insgesamt 11 404 DM) nachgeholt werden (§ 10e Abs. 3 Satz 1 EStG).
Die Kläger beantragen, das finanzgerichtliche Urteil sowie die Einspruchsentscheidung aufzuheben und unter Änderung des Einkommensteuerbescheids für 1992 die Einkommensteuer auf 25 862 DM herabzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet.
Zu Recht hat das FG die Anschaffungskosten der dem Kläger gehörenden Eigentumswohnung nicht in die Bemessungsgrundlage für die Grundförderung der von der Klägerin angeschafften Eigentumswohnung einbezogen.
1. Der Senat kann unentschieden lassen, ob die Bemessungsgrundlage einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Eigentumswohnung um die Anschaffungskosten für eine weitere Eigentumswohnung zu erhöhen ist, wenn beide Wohnungen durch einen Mauerdurchbruch miteinander verbunden werden. Denn zwei miteinander verbundene Eigentumswohnungen können jedenfalls dann nicht als eine Wohnung i.S. des § 10e Abs. 1 EStG behandelt werden, wenn das Sondereigentum an den Wohnungen zivilrechtlich bestehen bleibt und unterschiedlichen Personen zuzurechnen ist.
Nach § 10e Abs. 1 Sätze 1 und 4 EStG kann der Steuerpflichtige, der eine eigene Eigentumswohnung angeschafft hat, einen bestimmten Teil der Anschaffungskosten wie Sonderausgaben abziehen. Die Grundförderung steht somit nur dem Eigentümer zu. Eigentümerin der im Jahr 1988 angeschafften, nach § 10e EStG begünstigten Wohnung ist die Klägerin. Die Erweiterung dieser Eigentumswohnung um die Räume der vom Kläger angeschafften Eigentumswohnung ist nicht nach § 10e Abs. 1, 3 EStG begünstigt, da diese Räume im Eigentum des Klägers stehen. Aus den Anschaffungskosten für die ihr nicht gehörende Wohnung steht der Klägerin keine Grundförderung zu.
2. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht daraus, dass die Kläger Ehegatten sind und nach § 26b EStG zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden.
a) Für Ehegatten, welche die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG erfüllen (unbeschränkte Steuerpflicht, kein dauerndes Getrenntleben), bestehen Besonderheiten nur hinsichtlich des Objektverbrauchs. Sie haben ―unabhängig von den Eigentumsverhältnissen― Anspruch auf die Förderung für insgesamt zwei volle Objekte, also auch dann, wenn beide Objekte im Alleineigentum nur eines Ehegatten oder beide Objekte im Miteigentum beider Ehegatten stehen oder ein Objekt im Miteigentum der Ehegatten und ein Objekt im Alleineigentum eines Ehegatten steht. Auch wenn die Ehegatten gemäß § 26b EStG zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, ist aber nur derjenige abzugsberechtigt, der in seiner Person die Abzugsvoraussetzungen des § 10e EStG erfüllt. Das ist bei Alleineigentum nur der Eigentümer-Ehegatte, bei gemeinschaftlichem Eigentum jeder Ehegatte nach Maßgabe seines Miteigentumsanteils (vgl. Senatsurteil vom 15. November 1995 X R 59/95, BFHE 179, 286, BStBl II 1996, 356; Meyer in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, § 10e EStG Rz. 34).
b) Bei einer Zusammenveranlagung ist es für die Inanspruchnahme der Förderung allerdings unerheblich, wer die Abzugsvoraussetzungen erfüllt, weil die Ehegatten hinsichtlich des Abzugs "wie Sonderausgaben" gemäß § 26b EStG als ein Steuerpflichtiger behandelt werden. Aber auch bei dieser Veranlagungsart werden die Ehegatten gemäß § 26b EStG zunächst als zwei selbständige Steuersubjekte angesehen und erst von der Zusammenrechnung der Einkünfte (§ 2 Abs. 3 EStG) an, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, als ein Steuerpflichtiger behandelt. Das gilt auch hinsichtlich der wie Sonderausgaben abziehbaren Beträge (Senatsurteil in BFHE 179, 286, BStBl II 1996, 356).
3. Die Kläger können ―entgegen ihrer Auffassung― hinsichtlich der Berücksichtigung nachträglicher Herstellungs- oder Anschaffungskosten auch nicht den Miteigentümern einer Wohnung gleichgestellt werden. Es kann daher unentschieden bleiben, ob die Anschaffungskosten für die später erworbene Wohnung überhaupt als nachträgliche Anschaffungskosten der zuerst erworbenen Wohnung i.S. des § 10e Abs. 3 EStG zu beurteilen sind.
a) Nach § 10e Abs. 3 Satz 2 EStG können nachträgliche Herstellungs- oder Anschaffungskosten, die bis zum Ende des Abzugszeitraums entstehen, vom Jahr ihrer Entstehung an für die Veranlagungszeiträume, in denen der Steuerpflichtige Abzugsbeträge nach § 10e Abs. 1 oder 2 EStG hätte abziehen können, so behandelt werden, als wären sie zu Beginn des Abzugszeitraums entstanden. § 10e Abs. 3 EStG enthält keinen selbständigen Begünstigungstatbestand; ist der Steuerpflichtige nicht zur Inanspruchnahme eines Abzugsbetrags nach § 10e Abs. 1 oder 2 EStG für die eigengenutzte Wohnung berechtigt, können auch nachträgliche Herstellungs- oder Anschaffungskosten für diese Wohnung nicht berücksichtigt werden (Senatsurteil in BFHE 179, 286, BStBl II 1996, 356).
b) Sind mehrere Steuerpflichtige Eigentümer einer Wohnung, kann jeder ―sofern er in seiner Person die Voraussetzungen des § 10e EStG erfüllt― den entsprechenden Teil der Grundförderung abziehen (§ 10e Abs. 1 Satz 6 EStG) mit der Folge des Objektverbrauchs (§ 10e Abs. 5 Satz 1 EStG). Bei Miteigentum von Ehegatten an einer Wohnung gelten die Miteigentumsanteile ―abweichend von der Grundregel des § 10e Abs. 5 Satz 1 EStG― aber als ein Objekt im Sinne des Objektverbrauchs, solange die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG vorliegen. Nachträgliche Herstellungs- oder Anschaffungskosten für eine den Ehegatten gemeinsam gehörende Wohnung können in die Bemessungsgrundlage für den Abzugsbetrag einbezogen werden, weil jeder der Ehegatten als Miteigentümer zur Inanspruchnahme der Grundförderung berechtigt ist.
c) Im Streitfall steht die Grundförderung nach § 10e Abs. 1 EStG aber nur der Klägerin als Alleineigentümerin der Wohnung zu. Die Anschaffungskosten für die im Alleineigentum des Klägers stehende Eigentumswohnung können schon deshalb nicht als nachträgliche Anschaffungskosten der der Klägerin gehörenden Wohnung begünstigt sein, weil der Kläger für diese Wohnung keinen Anspruch auf einen Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 EStG hat. Der Klägerin kann die Erweiterung ihrer Wohnung um die Räume der vom Kläger erworbenen Eigentumswohnung nicht zugerechnet werden, weil diese Räume nach wie vor im Eigentum des Klägers stehen. Das jeweilige Alleineigentum an Räumen, die zu einer Wohnung zusammengefasst worden sind, kann dem Miteigentum an einer Wohnung nicht gleichgestellt werden.
4. Die Kläger sind auch nicht wirtschaftliche Eigentümer der jeweils dem anderen gehörenden Räume. Da im Wohnungsgrundbuch keine Folgerungen aus der Vereinigung der beiden Eigentumswohnungen gezogen worden sind, können Klägerin und Kläger über ihr jeweiliges Wohneigentum rechtlich ungehindert verfügen. Auch tatsächlich (wirtschaftlich) sind sie in der Verfügung nicht beschränkt. Denn durch Wiederherstellung der Trennwand und Einrichtung der Küche können die baulich zu einer Wohnung zusammengefassten Räume ohne weiteres wieder in selbständige Wohnungen umgewandelt werden.
Fundstellen
Haufe-Index 523167 |
BFH/NV 2001, 696 |
BStBl II 2001, 237 |
BFHE 194, 147 |
BFHE 2002, 147 |
BB 2001, 560 |
DB 2001, 791 |
DStRE 2001, 457 |
HFR 2001, 437 |
StE 2001, 134 |