Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Pflicht zur Amtsermittlung. freie Beweiswürdigung. Zugrundelegung einer widersprüchlichen und nicht belegten Behauptung des Klägers. Kriegsopferversorgung. Erkrankung während des Wehrdienstes
Orientierungssatz
1. Das Landessozialgericht verletzt seine Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG), wenn es keine Ermittlungen darüber anstellt, ob eine erst sehr spät aufgestellte und im Widerspruch zu vorher gemachten - wiederholten - Angaben stehende Behauptung des Klägers (hier über eine Gelbsucht während des Wehrdienstes) überhaupt den Tatsachen entspricht.
2. Das Landesarbeitsgericht verletzt zudem die Regeln der Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 SGG), wenn es eine solche ungeprüfte Behauptung im Urteil ohne nähere Begründung als wahr unterstellt.
Normenkette
SGG §§ 103, 128 Abs. 1, § 162 Abs. 1 Nr. 2; BVG § 1 Abs. 1
Verfahrensgang
Bayerisches LSG (Urteil vom 17.12.1963) |
SG Bayreuth (Urteil vom 08.06.1956) |
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts in München vom 17. Dezember 1963 insoweit aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen, als das Vordergericht den Beklagten verurteilt hat, "Leberschaden" im Sinne der Entstehung als weitere Schädigungsfolge anzuerkennen und dem Kläger Rente nach einer Gesamt-MdE um 50 v. H. zu gewähren.
Von Rechts wegen.
Gründe
Mit Bescheiden vom 31. August 1951 nach dem Gesetz über Leistungen an Körperbeschädigte (KBLG) und 1. September 1951 nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) wurden beim Kläger "1. abgeheilte Osteomyelitis am linken Oberarm, geringgradige Funktionseinschränkung der linken Schulter sowie leichte Muskelabmagerung des linken Armes, 2. reizlose Narben am linken Ober- und Unterschenkel, 3. Stecksplitter in der linken Wangenmuskulatur sowie kleine reizlose Narbe an der linken Wange, 4. Subacidität des Magensaftes" als Leistungsgründe bzw. Schädigungsfolgen im Sinne der Entstehung anerkannt und ihm für die Zeit vom 1. Februar 1947 bis 31. Januar 1951 eine Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 50 v. H., für die Zeit vom 1. Februar 1951 an - "aus Schonungsgründen" - eine Rente nach einer MdE um 40 v. H. gewährt.
Nach Operation am linken Arm im Dezember 1950 wurde der Kläger im Versorgungskrankenhaus Bayreuth (18. Mai 1953) nachuntersucht. Darauf erging gemäß § 62 Abs. 1 BVG der Neufeststellungsbescheid vom 2. Juli 1953. Mit diesem wurden als Schädigungsfolgen nur noch anerkannt: "1. reizlose Operationsnarbe am linken Oberarm nach abgeheilter Osteomyelitis, 2. reizlose Narben am linken Ober- und Unterschenkel, kleine Narben an der linken Wange mit kleinen Stecksplitterchen, 3. Subacidität des Magensaftes". Die Gesamt-MdE wurde vom 1. Juli 1953 an mit 10 v. H. festgestellt.
Eine im Spätsommer 1952 vom Kläger nach seinen Angaben durchgemachte Gelbsucht konnte nach dem Gutachten des Prof. Dr. R (Dr. S) vom 18. Mai 1953 nicht mehr als Schädigungsfolge angesehen werden. Sie wurde in dem Bescheid vom 2. Juli 1953 nicht erwähnt.
Der Kläger hat gegen diesen Bescheid Berufung zum Oberversicherungsamt (OVA) Nürnberg eingelegt, die nach dem Inkrafttreten des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) als Klage auf das Sozialgericht (SG) Bayreuth übergegangen ist. Er hat in diesem Verfahren ein Privatgutachten des Chirurgen Dr. Z in Erlangen (vom 18. Mai 1955) und ein Privatgutachten des Internisten Dr. L in Pegnitz (vom 18. Juni 1955) vorgelegt. Dabei hat Dr. L die MdE des Klägers ohne Berücksichtigung der chirurgischen Befunde auf 40 v. H. geschätzt und ausgeführt, die beim Kläger bestehende Subacidität des Magensaftes sei entweder die Folge "einer chronischen, im Kriege akquirierten Gastro-duodenitis oder einer chronischen latenten Hepatopathie, die ihrerseits das Residuum der 1939 überstandenen Hepatitis sein könne"; die Vergrößerung und Druckempfindlichkeit der Leber weise auf das Vorliegen einer Hepatopathie hin. Dieser Auffassung hat der Internist Dr. M (versorgungsärztliche Stellungnahme vom 5. Juli 1955) widersprochen. Die 1952 durchgemachte Gelbsucht sei keine Schädigungsfolge gewesen, die nach Angaben des Klägers im Jahre 1939 durchgemachte, von Dr. L unterstellte Gelbsucht sei nicht nachgewiesen; der Kläger habe sie erst nachträglich behauptet. Das SG hat darauf noch den Amtsarzt a. D. Dr. W als medizinischen Gutachter (Gutachten vom 11. November 1955) angehört und die Klage mit Urteil vom 8. Juni 1956 abgewiesen.
Im Berufungsverfahren hat der Kläger weiterhin Rente nach einer MdE um mindestens 50 v. H. vom 1. September 1953 an begehrt.
Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 23. März 1962 vergleichsweise die Gewährung einer Rente nach einer MdE um 30 v. H. vom 1. November 1959 an wegen "rückfälliger Osteomyelitis und Narbenbildung am linken Bein, kleine Narbe und Weichteilstecksplitter der linken Wange, Magensaftuntersäuerung" angeboten, im übrigen aber Zurückweisung der Berufung hinsichtlich aller weitergehenden Ansprüche beantragt; der Kläger hat den Vergleichsvorschlag angenommen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 17. Dezember 1963 hat der Beklagte schließlich noch eine beim Kläger bestehende "Magenschleimhautentzündung" als Schädigungsfolge anerkannt. Das LSG hat u. a. ärztliche Gutachten der Chirurgischen Klinik und Poliklinik der Universität Erlangen-Nürnberg (Prof. Dr. H, Dr. Z, Dr. L), der Medizinischen Klinik und Poliklinik der Universität Erlangen-Nürnberg (Prof. Dr. Sch und Dr. B) und des Internisten Prof. Dr. R in Erlangen eingeholt und mit Urteil vom 17. Dezember 1963 das Urteil des SG und den Bescheid vom 2. Juli 1953 aufgehoben; es hat den Beklagten verurteilt, für die anerkannten Schädigungsfolgen sowie für "Magenschleimhautentzündung und Leberschaden" als weitere Schädigungsfolgen im Sinne der Entstehung dem Kläger vom 1. Dezember 1953 an Rente nach einer MdE um 50 v. H. zu gewähren. Dabei hat es - unter Berufung besonders auf die Gutachten des Prof. Dr. Sch (Dr. B) und des Prof. Dr. R - ausgeführt, neben den anerkannten Gesundheitsstörungen sei auch der beim Kläger bestehende Leberschaden wahrscheinlich Schädigungsfolge. Dieser sei zwar mit Sicherheit zunächst nur mit der im Jahre 1951 überstandenen Gelbsucht in unmittelbare Verbindung zu bringen, es sei aber auch wahrscheinlich, daß schon eine Vorschädigung durch die im Jahre 1939 während des Einsatzes im Sudetenland durchgemachte und nur im Revier behandelte Gelbsucht gesetzt worden sei. Zwischen dieser Gelbsucht im Jahre 1939 und dem "jetzt so imponierenden Leberschaden" bestehe ein mittelbarer ursächlicher Zusammenhang. Das LSG hat die Revision nicht zugelassen.
Gegen dieses ihm am 10. Februar 1964 zugestellte Urteil hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 14. Februar 1964, eingegangen beim Bundessozialgericht (BSG) am 15. Februar 1964, Revision eingelegt. Mit der - nach Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist bis zum 11. Mai 1964 - am 2. Mai 1964 eingegangenen Revisionsbegründung vom 30. April 1964 rügt er, gestützt auf § 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG, die Verletzung der §§ 103, 128 Abs. 1 SGG durch das Berufungsgericht. Er trägt vor, dieses habe ohne die noch erforderliche Sachaufklärung die erstmals im Jahre 1955 aufgestellte Behauptung des Klägers über eine im Jahre 1939 durchgemachte Gelbsucht als wahr unterstellt; es habe nicht einmal den Kläger hierzu informatorisch gehört, um die Widersprüche in dessen Angaben zu klären; denn dieser habe bis zu seiner Behauptung im Jahre 1955 immer nur angegeben, daß er beim Einmarsch ins Sudetenland an blutigen ruhrartigen Durchfällen gelitten habe. Die Unterstellung der - nachträglichen - Behauptung des Klägers als wahr ohne eigene Ermittlungen stelle eine Verletzung des § 103 SGG dar. Im übrigen seien im angefochtenen Urteil nicht einmal Gründe dafür angegeben, warum ohne Aufklärung den späteren Angaben des Klägers gegenüber seinen zunächst gemachten der Vorzug gegeben worden sei; damit sei auch § 128 Abs. 1 SGG verletzt.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Bayerischen LSG in München vom 17. Dezember 1963 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend, zumal es in vollem Umfange auf eindeutig zu seinen Gunsten sprechende schlüssige medizinische Gutachten gestützt sei.
Die Beteiligten haben sich gemäß §§ 165, 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Der Beklagte hat die Revision form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§ 164 Abs. 1 Satz 1 SGG). Da das LSG sie nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn ein wesentlicher Mangel des Verfahrens gerügt wird (§ 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG) und auch vorliegt (BSG 1, 150) oder wenn bei der Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs einer Gesundheitsstörung oder des Todes mit einer Schädigung im Sinne des BVG das Gesetz verletzt ist (§ 162 Abs. 1 Nr. 3 SGG).
Die Revision des Beklagten ist nach § 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG statthaft. Zwar hat dieser gegen die Anerkennung einer - im übrigen am 17. Dezember 1963 von ihm selbst schon anerkannten - "Magenschleimhautentzündung" keine Einwendungen erhoben, so daß insoweit das Urteil des LSG rechtskräftig geworden ist. Das LSG hat aber, im wesentlichen gestützt auf die Gutachten des Prof. Dr. Sch (Dr. B) vom 13. Februar 1962 und des Prof. Dr. R vom 5. November 1963, den Leberschaden des Klägers als weitere Schädigungsfolge im Sinne der Entstehung anerkannt. Dieser, erstmals im Jahre 1953 festgestellte Schaden stehe - mit Sicherheit - mit einer im Jahre 1951 überstandenen Gelbsucht in unmittelbarer Verbindung und sei - wahrscheinlich - in mittelbarem Zusammenhang auf eine im Jahre 1939 während des Einsatzes im Sudetenland durchgemachte und nur im Revier behandelte Gelbsucht zurück zuführen. Dabei hat das Berufungsgericht gerade auch der vom Kläger behaupteten Gelbsucht im Jahre 1939 als Vorschädigung für die Entstehung des "jetzt so imponierenden Leberschaden" eine wesentliche Bedeutung beigemessen. Hierzu rügt der Beklagte zu Recht, daß die Unterstellung der Behauptung des Klägers als wahr bzw. die Feststellung, daß dieser im Jahre 1939 während des Einmarsches ins Sudetenland eine Gelbsucht durchgemacht habe, auf einer unzulänglichen Aufklärung des Sachverhalts und damit auf einer Verletzung des § 103 SGG beruht.
Nach § 103 SGG hat das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen, ohne dabei an das Vorbringen der Beteiligten und auch an etwaige Beweisanträge gebunden zu sein. Es bestimmt allein und im Rahmen seines richterlichen Ermessens die Ermittlungen und Maßnahmen, die nach seiner Beurteilung der Rechtslage zur Aufklärung des Sachverhalts notwendig sind; sein Ermessen wird lediglich durch die Pflicht zur Aufklärung in dem für die Entscheidung erforderlichen Umfang begrenzt (BSG 2, 236). Das Gericht hat daher sorgfältig zu prüfen, ob in dem von ihm zu entscheidenden Rechtsstreit die vorhandenen Beweisunterlagen zur Entscheidung ausreichen oder ob noch eine weitere Beweiserhebung erforderlich ist. Im vorliegenden Falle lag dem Berufungsgericht eine amtliche Bestätigung für die behauptete Gelbsucht des Klägers im Jahre 1939 nicht vor. Insbesondere enthält die Auskunft der Deutschen Dienststelle in Berlin-Borsigwalde vom 11. Juli 1962, in der im übrigen beginnend mit dem 6. Mai 1940 und endend mit dem 3. September 1943 zahlreiche Erkrankungen und Verwundungen sowie Lazarettbehandlungen des Klägers während des Krieges vermerkt sind, nichts über eine Erkrankung an Gelbsucht im Jahre 1939. Zur Frage etwaiger Revierbehandlungen enthält die Auskunft den ausdrücklichen Vermerk: "Revierbehandlungen wurden nicht gemeldet". Darüber hinaus hat der Kläger eine Gelbsuchterkrankung im Jahre 1939 zunächst überhaupt nicht erwähnt oder auch nur angedeutet. In seinem Antrag auf Versorgung vom 21. Juni 1947 hat er lediglich auf seine Verwundungen und ihre Folgen hingewiesen; die gleichen Angaben hat er in dem von ihm am 30. Juli 1950 unterzeichneten Fragebogen gemacht. Ebenso hat die Mutter des Klägers anläßlich seiner Aufnahme in die Heil- und Pflegeanstalt Erlangen am 13. Mai 1950 zur Vorgeschichte nur die während des Krieges erlittenen Verwundungen aufgezählt und Angaben über etwaige Erkrankungen nicht gemacht. Bei seiner Aufnahme in das staatliche Versorgungskrankenhaus Bayreuth am 11. Dezember 1950 hat der Kläger neben seinen Verwundungen erstmals auch Erkrankungen während des Wehrdienstes erwähnt, nämlich eine Angina im Jahre 1939 sowie Ruhr 1937 und 1941 und Gelenkrheuma 1941. Am 5. und 14. Februar 1951 ist er versorgungsärztlich nachuntersucht worden. Auch hier hat er wieder angegeben, neben seinen Verwundungen im Jahre 1939 und auch noch später wieder an Ruhr mit blutigen Durchfällen und Angina, im Jahre 1943 an Gelenkrheumatismus erkrankt gewesen zu sein. Von einer Gelbsucht dagegen hat der Kläger erstmals anläßlich seiner Nachuntersuchung im Versorgungskrankenhaus Bayreuth (11. bis 15. Mai 1953, Prof. Dr. R und Dr. S) gesprochen. Er hat hier eine Gelbsucht im Anschluß an eine Kur in Bad Kissingen (im Spätsommer 1952) erwähnt; von einer während des Wehrdienstes überstandenen Gelbsucht ist aber auch damals nicht die Rede gewesen. Nach dem vom Kläger im sozialgerichtlichen Verfahren vorgelegten Gutachten vom 18. Juni 1955 hat der Internist Dr. L ihn am 23., 24. und 25. Mai 1955 ambulant untersucht und dabei - bei Druckempfindlichkeit der Leber - eine chronisch latente Hepatopathie festgestellt. Hierbei hat der Kläger zum Erstenmal - bei seinen Angaben zur Vorgeschichte - behauptet, im März 1939 beim Einmarsch in die Tschechoslowakei an Gelbsucht erkrankt gewesen und etwa zwei bis drei Wochen lang im Truppenkrankenrevier behandelt worden zu sein. Diese Angaben hat der Gutachter sodann als Begründung für seine Auffassung angegeben, daß die von ihm diagnostizierte chronisch latente Hepatopathie das "Residuum der 1939 überstandenen Hepatitis sein könne". Von dieser wie dargelegt erstmals im Jahre 1955, also acht Jahre nach seinen ersten Angaben im Versorgungsverfahren, behaupteten, im Jahre 1939 angeblich durchgemachten Gelbsucht aber sind die Gutachter Prof. Dr. Sch (Dr. B) und Prof. Dr. R ausgegangen, als sie glaubten, die jetzt beim Kläger bestehende Lebererkrankung als mit wehrdienstlichen Einflüssen im ursächlichen Zusammenhang stehend und deshalb als Schädigungsfolge ansehen und bezeichnen zu müssen. Das jedoch hätte das LSG bei seiner Urteilsfindung nicht übersehen dürfen, als es, gestützt auf diese Gutachten, den Leberschaden des Klägers als zusätzliche Schädigung anerkannt hat. Es wäre vielmehr verpflichtet gewesen, zunächst noch Ermittlungen darüber anzustellen, ob die erst so spät aufgestellte und im Widerspruch zu seinen vorher gemachten - wiederholten - Angaben stehende Behauptung des Klägers, er habe im Jahre 1939 während des Wehrdienstes eine Gelbsucht durchgemacht, überhaupt den Tatsachen entspricht. Gegebenenfalls hätte es, wenn amtliche Unterlagen darüber nicht zu beschaffen gewesen wären, den Kläger selbst dazu hören müssen, wobei es ihm hätte Gelegenheit geben können, etwaige Zeugen für die Gelbsuchterkrankung im Jahre 1939 zu benennen. Mindestens aber hätte es, selbst wenn solche Zeugen nicht zu ermitteln gewesen wären, mit dem Kläger persönlich erörtern müssen, warum dieser seine Behauptung, er habe im Jahre 1939 eine Gelbsucht durchgemacht, erst so spät und erst zu einer Zeit aufgestellt hat, als sich - gegenüber früheren ärztlichen Untersuchungen - ein Leberschaden tatsächlich entwickelt hatte. Nach allem beruht die seiner Urteilsfindung zugrunde liegende Feststellung des Berufungsgerichts, der Kläger habe "während des Einsatzes im Sudetenland im Jahre 1939" eine lediglich im Revier behandelte Gelbsucht durchgemacht, auf einer unzulänglichen Aufklärung des Sachverhalts und damit auf einer Verletzung des § 103 SGG.
Darüber hinaus greift auch die Rüge des Beklagten einer Verletzung des § 128 Abs. 1 SGG durch. Denn das LSG hat, als es die widersprüchlichen und im Laufe der Zeit voneinander abweichenden Angaben des Klägers über seine Erkrankung als Soldat während des Krieges als wahr unterstellt und eine Gelbsuchterkrankung im Jahre 1939 angenommen hat, weder seine richterliche Überzeugung aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnen noch hat es in seinem Urteil die Gründe angegeben, die für seine Überzeugung (daß der Kläger im Jahre 1939 an Gelbsucht erkrankt gewesen ist) leitend gewesen sind.
Diese Verletzungen der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) und der Regeln der Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1 SGG) aber stellen wesentliche Mängel im Verfahren des Berufungsgerichts im Sinne des § 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG dar. Die Revision des Beklagten ist deshalb statthaft.
Die Revision ist auch begründet, da die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden kann, daß das LSG hinsichtlich des "Leberschadens" und zur Höhe der Gesamt-MdE des Klägers - bei der Festsetzung auf 50 v. H. hat es den von ihm als weitere Schädigungsfolge anerkannten "Leberschaden" mitberücksichtigt - eine andere Entscheidung getroffen hätte, wenn es verfahrensrechtlich einwandfrei zu seinem Urteil gekommen wäre. Das angefochtene Urteil war deshalb aufzuheben. Da im übrigen die vom LSG getroffenen Feststellungen für eine eigene Entscheidung des Revisionsgerichts nicht ausreichen, war die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Vordergericht zurückzuverweisen (§ 170 Abs. 2 Satz 2 SGG).
Die Entscheidung über die Kosten bleibt dem Schlußurteil vorbehalten.
Fundstellen