Leitsatz (amtlich)
Eine Verteilung der Entschädigungslast unter Versicherungsträgern kommt auch dann in Betracht, wenn sich der Unfall nicht bei einer Beschäftigung für mehrere Betriebe, sondern bei einer Tätigkeit nach RVO § 539 Abs 1 Nr 9 Buchst c ereignet hat, die zugleich im Interesse eines Unternehmens verrichtet worden ist (RVO § 539 Abs 2 iVm § 539 Abs 1 Nr 1).
Normenkette
RVO § 539 Abs. 1 Nr. 9 Buchst. c Fassung: 1963-04-30, Abs. 2 Fassung: 1963-04-30, Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1963-04-30, § 1739 Fassung: 1924-12-15
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 3. Mai 1972 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
I
Der Schreiner Siegfried E (E.) suchte am 27. Februar 1969 die Tankstelle des Josef K (K.) in B zum Tanken auf. Er beobachtete dort, wie zwei Männer in einem, wie sich später herausstellte, gestohlenen amerikanischen Pkw nach dem Auftanken ohne Bezahlung davonfuhren. K. nahm in seinem Pkw die Verfolgung auf, E. fuhr mit, um ihm zu helfen. Es gelang den beiden, die Flüchtenden auf der Eisenbahnbrücke in L zu stellen. Während sie versuchten, den Fahrer festzuhalten, wurde E. von dem Beifahrer durch einen Pistolenschuß in den Unterleib erheblich verletzt. Der Gemeindeunfallversicherungsverband (GUV) Rheinland-Pfalz (Kläger) gewährte E. durch Bescheide vom 26. Juni 1970 und 26. Januar 1971 Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung (UV), die zunächst als vorläufige Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 40 v. H. und vom 19. Oktober 1970 an als Dauerrente nach einer MdE um 60 v. H. festgestellt wurde.
Mit Schreiben vom 21. August 1970 schlug der Kläger der beklagten Berufsgenossenschaft (BG) vor, sich zur Hälfte an der Entschädigungslast zu beteiligen, da E. nicht nur nach § 539 Abs. 1 Nr. 9 Buchst. c RVO, sondern auch nach § 539 Abs. 2 iVm Abs. 1 Nr. 1 RVO bei einer Tätigkeit für den Tankstellenbetrieb des K. - einem Mitglied der Beklagten - unter Unfallversicherungsschutz gestanden habe. Die Beklagte hielt die Voraussetzungen des § 539 Abs. 2 und damit auch des § 1739 RVO nicht für gegeben und lehnte die Lastenaufteilung ab. Der Kläger hat daraufhin Klage erhoben mit dem Ziel, die Beklagte zu verurteilen, sich an der Entschädigungslast zu beteiligen, wobei er die Festsetzung der Beteiligungsquote in das Ermessen des Gerichts stellte.
Das Sozialgericht (SG) Koblenz hat durch Urteil vom 27. Juli 1971 die Beklagte verurteilt, sich zur Hälfte an der Entschädigungslast zu beteiligen, die der Kläger durch Bescheid vom 26. Januar 1971 übernommen hat. Es hat ausgeführt, E. habe sich an der Verfolgung beteiligt, um dem Tankstellenbesitzer den Kaufpreis für den gelieferten Treibstoff zu verschaffen. Dabei habe es sich um eine betriebsdienliche und betriebseigentümliche ernstliche Arbeitsleistung gehandelt, für die der Versicherungsschutz nach § 539 Abs. 2 iVm Abs. 1 Nr. 1 RVO begründet sei. Das Interesse, das Geld für den Treibstoff zu verschaffen, sei für die Verfolgung so wesentlich gewesen, daß eine Halbierung der Entschädigungslast angemessen sei.
Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) durch Urteil vom 3. Mai 1972 das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Klage sei entgegen der Meinung der Beklagten zulässig, obwohl der Kläger durch bindend gewordene Bescheide gegenüber dem Verletzten seine Leistungspflicht anerkannt habe; denn der anhängige Rechtsstreit betreffe einen anderen Streitgegenstand. Unzutreffend sei auch die Auffassung, eine Lastenverteilung scheide aus, weil der Kläger trotz des § 655 Abs. 3 RVO seine - ausschließliche - Verpflichtung zur Entschädigung anerkannt habe. Diese Vorschrift schließe nicht eine etwaige Konkurrenz zwischen der Zuständigkeit öffentlicher und gewerblicher Versicherungsträger aus, die sich bei gleichzeitiger Anwendbarkeit verschiedener Tatbestände des § 539 Abs. 1 RVO ergeben könne. Sie enthalte vielmehr nur eine Sonderregelung für den Fall, daß sich die Zuständigkeit für einzelne Bestandteile eines Betriebes nach derjenigen des Hauptunternehmens richte (§ 647 Abs. 1 RVO). Für eine Verteilung der Entschädigungslast nach § 1739 RVO sei jedoch kein Raum, da neben dem vom Kläger zu gewährenden Versicherungsschutz nach § 539 Abs. 1 Nr. 9 Buchst. c RVO für E. nicht auch Versicherungsschutz nach § 539 Abs. 2 iVm Abs. 1 RVO bei der Beklagten bestanden habe. Zwar werde man die Mithilfe des E. bei der Verfolgung und dem Versuch der Festnahme der beiden Benzinpreller als eine dem Tankstellenbetrieb des K. dienende Tätigkeit ansehen müssen; es sei dabei ua auch darum gegangen, K. den Kaufpreis für das gelieferte Benzin zu verschaffen. Die Tätigkeit des E. habe auch dem mutmaßlichen oder gar ausdrücklichen Willen des K. entsprochen; sie sei jedoch dem Beschäftigungsverhältnis eines Tankwarts oder sonstigen Angestellten einer Tankstelle wesensfremd gewesen. Der Unternehmer könne von den in der Tankstelle Beschäftigten nicht ohne weiteres erwarten oder verlangen, nach dem Tanken ohne Bezahlung Flüchtende zu verfolgen. Die Betätigung als "Hilfspolizist" gehe über die normale Einsatzpflicht hinaus; sie sei nicht arbeitsadäquat. Das Weisungsrecht des Arbeitgebers sei regelmäßig durch den Inhalt des Arbeitsvertrages unter Berücksichtigung von Treu und Glauben begrenzt (BG 1959, 667). Selbst durch die Auferlegung einer Haftung für Kassenfehlbestände könnten Arbeitnehmer nicht zu derart gefährlichen Maßnahmen gezwungen werden. Diese Auffassung komme auch in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg und des Bundesgerichtshofs (BGH) zum Ausdruck. Danach bestehe weder für den Passanten, der einem in Ausübung seines Dienstes tätlich angegriffenen Straßenbahnführer zu Hilfe komme, noch für den Kunden einer Fabrik, der aus Anlaß eines während seines Besuches in den Fabrikräumen entdeckten Brandes Hilfe leiste, noch für einen bei der Abwehr eines Raubüberfalls auf die Kasse einer Bar und der Festnahme der Täter verletzten Gast Versicherungsschutz nach § 539 Abs. 2 RVO, weil die Helfer nicht in den begünstigten Betrieb eingegliedert gewesen seien und keine für dort Beschäftigte betriebsübliche (typische) Tätigkeit verrichtet hätten. Der Kläger könne sich nicht darauf berufen, im vorliegenden Fall stehe im Vordergrund das besondere unmittelbare Interesse des Unternehmers, die Bezahlung für das gelieferte Benzin zu erlangen. Das betriebliche Interesse an der Hilfe sei nur für die Frage von Bedeutung, ob eine dem Unternehmen objektiv wirtschaftlich nützliche und dem mutmaßlichen Willen des Unternehmers entsprechende Tätigkeit vorliege; es bewirke dagegen nicht, daß eine in erster Linie der Polizei oder Feuerwehr obliegende Tätigkeit als betriebsüblich anzusehen sei.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger die vom LSG zugelassene Revision eingelegt und wie folgt begründet: Die unfallbringende Tätigkeit des E. habe nach § 539 Abs. 2 iVm Abs. 1 RVO auch dem bei der Beklagten versicherten Tankstellenunternehmer gedient. Eine Tätigkeit sei einem Beschäftigungsverhältnis nicht nur dann wesensgemäß oder ähnlich, wenn sie im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses hätte erwartet, verlangt oder uU erzwungen werden können. Auf die Beweggründe oder Motive des Tätigwerdenden komme es für die Anwendung des § 539 Abs. 2 RVO nicht an. Deshalb könnten Arbeiten, die ein Beschäftigter im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses nicht auszuführen verpflichtet wäre, die er aber trotzdem übernehme, nicht als seiner beruflichen Tätigkeit wesensfremd bezeichnet werden. Dasselbe gelte auch für die Anwendung des § 539 Abs. 2 RVO. Jeder Tankwart würde ebenso wie der Verletzte gehandelt haben und seinem Arbeitgeber bei der Verfolgung der Benzinpreller gefolgt sein. E. habe daher auch nach § 539 Abs. 2 RVO unter Versicherungsschutz gestanden, so daß die Voraussetzungen für eine Verteilung der Entschädigungslast nach § 1739 RVO gegeben seien.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG zurückzuweisen,
hilfsweise,
den Rechtsstreit an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, der Kläger könne die Verteilung der Entschädigungslast nicht mehr verlangen, da er seine Zuständigkeit für die Entschädigung des Verletzten bindend anerkannt habe. Mit der Forderung auf Beteiligung an der Entschädigungslast widerspreche der Kläger seinem bisherigen Verhalten. Auch materiell-rechtlich seien die Voraussetzungen des § 1739 RVO nicht gegeben. Die Tätigkeit des E. falle aus dem Rahmen der bei der Beklagten versicherten Arbeitstätigkeiten heraus. Neben der von dem Kläger anerkannten Entschädigungspflicht aus § 539 Abs. 1 Nr. 9 Buchst. c RVO bestehe somit kein weiterer Rechtsgrund zur Entschädigung.
II
Der Senat hat im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).
Die zulässige Revision des Klägers (GUV) ist insofern begründet, als das angefochtene Urteil aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen ist. Die Voraussetzungen für eine Verteilung der Entschädigungslast unter den am Rechtsstreit beteiligten Versicherungsträgern sind gegeben (§ 1739 RVO), für die Entscheidung über das Maß der Verteilung fehlt es an den erforderlichen tatsächlichen Feststellungen.
Nach § 1739 RVO können, wenn eine unfallbringende Beschäftigung für mehrere, bei verschiedenen Versicherungsträgern versicherte Betriebe oder Tätigkeiten stattgefunden hat, die beteiligten Versicherungsträger die Entschädigungslast unter sich verteilen. Der dem Versicherten gegenüber leistungspflichtige Versicherungsträger hat - unter den sonstigen Voraussetzungen des § 1739 RVO - einen mit der Leistungs- oder Feststellungsklage (§§ 54 Abs. 5, 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) verfolgbaren Rechtsanspruch auf eine anteilige Übernahme der Entschädigungslast durch den oder die in Betracht kommenden Versicherungsträger; es steht nicht im Belieben des mitbeteiligten Versicherungsträgers, die Lastenverteilung abzulehnen (vgl. BSG 12, 65 ff; 24, 216, 217).
Der vom Kläger erhobenen Leistungsklage steht nicht entgegen, daß er dem Verletzten gegenüber seine Entschädigungspflicht durch bindend gewordene Bescheide (§ 77 SGG) anerkannt hat. Im anhängigen Rechtsstreit zwischen den Versicherungsträgern geht es um die Verteilung der Entschädigungslast und somit um einen anderen Streitgegenstand (vgl. BSG 24, 216, 217 f). Zudem berücksichtigt die Beklagte mit ihrer Meinung, der Kläger setze sich in Widerspruch zu seinem bisherigen Verhalten, nicht ausreichend, daß die Regelung des § 1739 RVO gerade dem notwendigen Ausgleich für die einseitige Belastung des Versicherungsträgers dient, der zur Entschädigung des Verletzten verpflichtet ist; dem Verletzten gegenüber ist immer nur ein einziger Versicherungsträger leistungspflichtig, auch wenn die unfallbringende Tätigkeit mehreren, bei verschiedenen Versicherungsträgern versicherten Unternehmen zugutekommt (BSG 5, 168, 175; 12, 65, 68; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 1.-7. Aufl., S. 476 t mit Nachw.). Da der Kläger nicht der Ansicht ist oder war, die Entschädigung des Verletzten sei nach der Lage des Falles von einem anderen Versicherungsträger - hier: der Beklagten - zu gewähren, kann seinem Verteilungsanspruch auch nicht entgegengehalten werden, er hätte - wie die Beklagte meint - zuvor die Feststellung der Entschädigungspflicht der Beklagten nach §§ 1735, 1738 RVO betreiben müssen. Aus Anlaß dieser Entscheidung bedarf es keiner Ausführungen darüber, ob ein Versicherungsträger, der zu Unrecht seine Entschädigungspflicht anerkannt hat, eine Lastenverteilung nicht mehr beanspruchen kann (vgl. RVA in EuM Bd. 17, 176, 177; BSG SozR Nr. 37 zu § 539 m. Nachw.). Denn nach der Lage des Falles hat der Kläger dem Verletzten gegenüber, der sich bei der Verfolgung von Personen eingesetzt hat, die einer strafbaren Handlung verdächtig waren (§ 539 Abs. 1 Nr. 9 Buchst. c RVO), die Entschädigung nicht zu Unrecht übernommen.
Nach der Ansicht der Beklagten ergibt sich aus der Regelung in § 655 Abs. 3 RVO iVm Abs. 2 dieser Vorschrift, daß der öffentliche Versicherungsträger für die Entschädigung nur zuständig ist, wenn die in § 655 Abs. 2 aufgeführten Tatbestände im Einzelfall keine Bezugspunkte zu einer versicherten Tätigkeit für ein Unternehmen haben, das Bestandteil eines anderen der Unfallversicherung unterliegenden Unternehmens ist; das sei auch anzunehmen, wenn - wie hier - in Erwägung gezogen werde, ob außer nach § 539 Abs. 1 Nr. 9 Buchst. c RVO auch Versicherungsschutz nach § 539 Abs. 2 RVO iVm Abs. 1 Nr. 1 dieser Vorschrift in Betracht komme; dadurch, daß der Kläger trotz der Subsidiaritätsklausel des § 655 Abs. 3 RVO seine Zuständigkeit angenommen habe, stehe mit Wirkung gegen ihn fest, daß die Voraussetzungen des § 539 Abs. 2 und damit auch des § 1739 RVO nicht gegeben seien. Diese Ansicht ist schon deshalb unzutreffend, weil sie § 655 Abs. 3 RVO eine Bedeutung beimißt, die ihm nicht zukommt. Wie der erkennende Senat in seinem Urteil vom 22. Februar 1973 (2 RU 125/70) dargelegt hat, schließt § 655 Abs. 3 RVO die Zuständigkeit des Landes (hier: des klagenden GUV, § 656 Abs. 4 iVm § 655) in den Fällen des § 655 Abs. 2 (hier Nr. 3) RVO nicht schon aus, wenn eine Tätigkeit nach § 539 Abs. 1 Nr. 9 RVO zugleich einem bei einer BG versicherten Unternehmen dient und daher auch Versicherungsschutz nach § 539 Abs. 2 RVO in Betracht zu ziehen ist; unter "Bestandteil eines anderen ... Unternehmens" ist in § 655 Abs. 3 RVO der auch in § 647 RVO verwendete Begriff zu verstehen. Aus der Übernahme der Entschädigung gegenüber dem Verletzten kann deshalb nicht gefolgert werden, der Kläger habe verbindlich anerkannt, daß die Voraussetzungen einer Lastenverteilung gemäß § 1739 RVO nicht gegeben seien. Die Verteilung der Entschädigungslast kommt auch dann in Betracht, wenn sich der Unfall nicht bei einer Beschäftigung für mehrere Betriebe, sondern - wie hier - bei einer Tätigkeit nach § 539 Abs. 1 Nr. 9 Buchst. c RVO ereignet hat, die zugleich im Interesse eines Unternehmens verrichtet worden ist (§ 539 Abs. 2 iVm § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO). Die Regelung des § 1739 RVO über die Lastenverteilung ist - wie dargelegt - nach ihrem Sinn und Zweck darauf gerichtet, die einseitige Belastung eines Versicherungsträgers auszugleichen, die sich daraus ergibt, daß dem Versicherten gegenüber immer nur ein einziger Versicherungsträger leistungspflichtig ist, auch wenn die zum Unfall führende Beschäftigung mehreren, bei verschiedenen Versicherungsträgern versicherten Unternehmen zugutekommt. Einseitig belastet ist in derselben Weise auch der Versicherungsträger, der nach § 655 Abs. 2 Nr. 3 RVO für die Entschädigung zuständig ist, wenn sich der Verletzte bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person einsetzt, die einer strafbaren Handlung verdächtig ist (§ 539 Abs. 1 Nr. 9 Buchst. c RVO), und das Eingreifen des Verletzten zugleich einem Unternehmen gedient hat. Sinn und Zweck der in § 1739 RVO getroffenen Regelung gebieten es deshalb, in Fällen dieser Art dem leistungspflichtigen Versicherungsträger ebenfalls einen Ausgleichsanspruch gegen den Versicherungsträger zu gewähren, dem das unterstützte Unternehmen als Mitglied angehört.
Die Voraussetzungen, unter denen die Beklagte nach § 1739 RVO an der Entschädigungslast zu beteiligen ist, liegen vor. Nach den nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des LSG ist es bei der Verfolgung der Benzinpreller ua darum gegangen, dem Tankstelleninhaber K. - dem Unternehmer - den Kaufpreis für den gelieferten Treibstoff zu verschaffen; der Verletzte hat sich mit dem mutmaßlichen oder gar ausdrücklichen Willen des Unternehmers an der Verfolgung beteiligt. Das LSG hat danach auch zutreffend angenommen, daß die Mithilfe des E. bei der Verfolgung und dem Versuch zur Festnahme der Benzinpreller als eine dem Tankstellenbetrieb dienende Tätigkeit anzusehen ist. Die Vorschrift des § 539 Abs. 2 iVm § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO hält das LSG gleichwohl allein deshalb nicht für anwendbar, weil die vom Verletzten verrichtete Tätigkeit derjenigen eines im Tankstellenbetrieb Beschäftigten wesensfremd sei. Der erkennende Senat hat jedoch bereits in mehreren - allerdings erst nach dem Urteil des LSG ergangenen - Entscheidungen dargelegt, daß es für die Anwendung des § 539 Abs. 2 iVm § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO nicht darauf ankommt, ob es sich bei der in Frage stehenden Tätigkeit um eine ihrer Art nach gerade für das unterstützte Unternehmen typische oder übliche Verrichtung gehandelt hat (BSG 34, 240 = SozR Nr. 32 zu § 539 RVO; SozR Nr. 39 zu § 539 RVO; vgl. auch: Urteil vom 29. November 1972 - 8/2 RU 200/71; Brackmann, aaO, S. 476 b I). Die vom LSG vertretene entgegenstehende Auffassung würde, wie der Senat hervorgehoben hat, insbesondere der systematischen Verbindung des § 539 Abs. 2 mit Abs. 1 Nr. 1 dieser Vorschrift nicht ausreichend Rechnung tragen. Der Versicherungsschutz für Beschäftigte besteht auch für Tätigkeiten im Unternehmen, die diesem nicht wesensgemäß sind. Wer - wie im vorliegenden Fall - durch seinen besonderen Einsatz über die betriebsübliche Tätigkeit hinaus eine ernstliche, dem Unternehmen wesentlich dienende Tätigkeit verrichtet, würde daher - hielte man § 539 Abs. 2 RVO nicht für anwendbar - ungerechtfertigt benachteiligt gegenüber einem unter sonst gleichen Umständen Handelnden, der im Unternehmen beschäftigt ist.
Der Sachverhalt im vorliegenden Fall unterscheidet sich von demjenigen, der dem Urteil des erkennenden Senats vom 26. September 1961 (SozR Nr. 23 zu § 537 RVO aF) zugrundelag, ua dadurch, daß sich hier der widerrechtliche Übergriff gegen das Betriebsvermögen richtete, während dort im Vordergrund des Geschehens die Bedrohung von Gesundheit und Leben der angegriffenen Person stand und die Tätigkeit des Helfenden nicht auf eine Unterstützung des Unternehmens gerichtet war. Danach ist hier durch den persönlichen Einsatz des E. bei der Verfolgung und dem Versuch der Festnahme der Benzinpreller mit dem Ziel, dem Unternehmer den Kaufpreis für den gelieferten Treibstoff zu verschaffen, ein rechtlich wesentlicher Zusammenhang mit dem Tankstellenunternehmen hergestellt worden (vgl. BSG 21, 101, 103).
Da somit die - arbeitnehmerähnliche - Tätigkeit des Verletzten E. (§ 539 Abs. 2 RVO) auch für den bei der Beklagten versicherten Unternehmer stattgefunden hat (§ 1739 RVO), ist der Verteilungsanspruch des Klägers dem Grunde nach berechtigt. Für die Entscheidung kommt es nicht auf die Gesichtspunkte an, die maßgebend dafür sind, wie der für die Entschädigung des Versicherten - allein - zuständige Versicherungsträger zu bestimmen ist, wenn die unfallbringende Tätigkeit die Merkmale verschiedener Versicherungsschutztatbestände erfüllt.
Die Entschädigungslast hat das Gericht nach Billigkeit zu verteilen (BSG 12, 65 ff; 24, 216, 220). Der Senat konnte in der Sache jedoch nicht selbst entscheiden, da die Verteilung der Entschädigungslast außer einer rechtlichen Würdigung auch die Feststellung von Tatsachen voraussetzt (BSG 12, 65, 71). Deshalb war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das LSG zurückzuverweisen (§ 170 Abs. 2 Satz 2 SGG).
Fundstellen