Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld. Sperrzeit. Arbeitsaufgabe. Wechsel vom unbefristeten in ein befristetes Arbeitsverhältnis. wichtiger Grund. Verfassungswidrigkeit
Orientierungssatz
1. Der Arbeitslose hat einen wichtigen Grund für die Lösung eines unbefristeten Beschäftigungsverhältnisses zu Gunsten der Aufnahme einer befristeten Beschäftigung, wenn im Zeitpunkt der Lösung eine dauerhafte Weiterbeschäftigung nicht ausgeschlossen war (vgl BSG vom 26.10.2004 - B 7 AL 98/03 R = SozR 4-4300 § 144 Nr 9).
2. Eine andere Auslegung der Sperrzeitregelung des § 144 Abs 1 Nr 1 SGB 3 würde das Grundrecht des Arbeitslosen auf Freiheit der Berufswahl nach Art 12 Abs 1 GG verletzen.
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 18. März 2004 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit der Feststellung einer 12wöchigen Sperrzeit im Streit.
Die Klägerin war seit dem 14. Januar 2000 bei dem Zeitarbeitsunternehmen P. Team in O. in Vollzeit und unbefristet beschäftigt. Ausweislich der Arbeitsbescheinigung erzielte sie während der Dauer ihrer Beschäftigung Monatsentgelte zwischen 1.911,00 DM und 2.358,50 DM. Dieses Arbeitsverhältnis kündigte sie am 15. Dezember 2000 zum 12. Januar 2001 und nahm am 15. Januar 2001 eine Tätigkeit als Montagehelferin bei der Firma C. S. GmbH in A-Stadt auf. Dieses Arbeitsverhältnis war bei Abschluss des Arbeitsvertrages bis zum 30. Juni 2001 befristet. Hier erzielte die Klägerin Monatsentgelte zwischen 2.767,51 DM und 3.072,67 DM; im Mai 2001 erhielt sie einschließlich einer Zahlung von 211,68 DM Urlaubsgeld 3.677,67 DM, im Juni 2001 einschließlich eines Betrages von 846,72 DM Urlaubsgeld sogar den Betrag von 3.975,88 DM. Von der Beklagten zu den Gründen der Kündigung angehört, erklärte die Klägerin, sie habe im Auftrag ihres früheren Arbeitgebers bei der C. S. GmbH gearbeitet und diese habe die Klägerin übernehmen wollen, wobei sie von einer längeren Beschäftigung ausgegangen sei. Die Beklagte hielt daraufhin telefonisch Rücksprache mit der Firma C. und erfuhr, dass das Arbeitsverhältnis mit der Leistungsempfängerin von Anfang an befristet gewesen sei. Mit Bescheid vom 6. September 2001 stellte die Beklagte daraufhin den Eintritt einer 12wöchigen Sperrzeit vom 1. Juli 2001 bis 22. September 2001 mit der Begründung fest, die Klägerin habe bei ihrer Kündigung voraussehen müssen, dass sie dadurch arbeitslos würde, denn sie habe ein unbefristetes Arbeitsverhältnis selbst gekündigt, um in ein befristetes Arbeitsverhältnis zu wechseln. Nach Abwägung der Interessen der Klägerin mit denen der Versichertengemeinschaft sei eine Sperrzeit festzusetzen.
Die Klägerin widersprach am 17. September 2001; zusammen mit ihr seien im Januar 2001 sieben Personen von der Zeitarbeitsfirma zu der C. S. GmbH gewechselt; es sei um eine Festanstellung gegangen, zumal die früher vom P. Team zu dieser Firma gewechselten Kollegen jeweils Festanstellungen erhalten hätten. Dass keine Weiterbeschäftigung erfolgt sei, beruhe auf der verschlechterten Auftragslage. Mit Bescheid vom 30. Oktober 2001 wies die Beklagte den Widerspruch zurück; es sei der Klägerin zuzumuten gewesen, das Beschäftigungsverhältnis bei der Firma P. Team so lange fortzusetzen, bis sie nahtlos ein neues unbefristetes Arbeitsverhältnis hätte eingehen können. Zu Gunsten der Klägerin sei auch kein wichtiger Grund ersichtlich, ebenso wenig sei vorliegend eine besondere Härte zu erkennen.
Mit am 27. November 2001 beim Sozialgericht Frankfurt am Main (SG) erhobener Klage verfolgte die Klägerin ihr Begehren weiter. Vom SG wurde eine Auskunft bei der Firma C. eingeholt, die am 24. November 2003 mitteilte, bereits im Mai 2001 habe festgestanden, das befristete Arbeitsverhältnis der Klägerin nicht zu verlängern. Bei der Firma C. sei es nicht die Regel, befristete Arbeitsverhältnisse in unbefristete zu verwandeln, nur in wenigen Ausnahmefällen seien in der Vergangenheit befristete Anstellungsverhältnisse bis zu einem Zeitraum von 2 Jahren verlängert worden.
Mit Urteil vom 18. März 2004 gab das SG der Klage statt. Die Klägerin habe die Arbeitslosigkeit nicht grob fahrlässig herbeigeführt und habe auch einen wichtigen Grund für ihr Verhalten gehabt. Nach der Lehre der wesentlichen Bedingung sei eine Bedingung dann als ursächlich oder mitursächlich im Rechtssinne anzusehen, wenn sie im Verhältnis zu anderen Einzelbedingungen wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt habe. Der Begriff der rechtlich wesentlichen Bedingung sei ein Wertbegriff, der auch Billigkeitserwägungen umschließe. Unter Berücksichtigung dessen sei eine Ursächlichkeit bei einem Wechsel von einem unbefristeten in ein befristetes Arbeitsverhältnis zu verneinen, es sei denn, der Betroffene habe vernünftigerweise nicht mit einer Verlängerung des befristeten Arbeitsverhältnisse...