Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen eines Anspruchs auf Neufeststellung eines bestandskräftigen Verwaltungsaktes - Höhe des Beitrags zur Kranken- und Pflegeversicherung
Orientierungssatz
1. Die Änderung eines bestandskräftigen Verwaltungsakts richtet sich nicht nach § 48 SGB 10, sondern ausschließlich nach den Vorgaben der §§ 44 ff. SGB 10.
2. Nach der Regelung des § 44 Abs. 2 SGB 10 kann ein ausschließlich belastender Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft zurückgenommen werden, ohne dass es hierfür der Beachtung der in § 45 SGB 10 geregelten Vertrauensgesichtspunkte bedarf.
3. Bei einem gleichzeitig begünstigenden und belastenden Verwaltungsakt ist zu prüfen, ob die Begünstigung rein tatsächliche nachteilige Folgen zeitigt. Handelt es sich um eine unteilbare Regelung mit begünstigenden und belastenden Elementen, so ist das mit dem Rücknahmeverfahren verfolgte Ziel entscheidend. Im Zweifel darf ein gleichzeitig begünstigender und belastender Verwaltungsakt nur nach § 45 SGB 10 zurückgenommen werden, um den durch diese Vorschrift vermittelten Vertrauensschutz nicht zu unterlaufen.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 5. Juni 2020 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Im Streit steht die Höhe der gegen die Klägerin festgesetzten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung.
Die 1936 geborene Klägerin steht seit 1. März 2001 im Bezug von Altersrente und ist bei den Beklagten im Rahmen der freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung sowie der hieran anknüpfenden sozialen Pflegeversicherung versichert. Seit dem 1. April 2002 erfüllt die Klägerin aufgrund einer Gesetzesänderung die zuvor nicht vorliegenden Voraussetzungen für die Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR). Nachdem sie von den Beklagten hierauf sowie die wesentlichen Unterschiede zwischen der KVdR und der bis dahin bestehenden freiwilligen Mitgliedschaft hingewiesen wurde, übte die Klägerin mit Erklärung vom 8. März 2002 ihr Wahlrecht dahingehend aus, in der freiwilligen Versicherung verbleiben zu wollen. Der monatliche Beitrag der Klägerin zur Kranken- und Pflegeversicherung wurde von den Beklagten nachfolgend unter alleiniger Berücksichtigung beitragspflichtiger Einnahmen aus den Rentenbezügen der Klägerin festgesetzt; zuletzt mit Bescheid vom 21. Juni 2016 mit Wirkung ab dem 1. Juli 2016 aufgrund der zu diesem Zeitpunkt erfolgten Rentenanpassung auf insgesamt monatlich 93,22 €.
Mit Bescheid vom 21. September 2016 änderten die Beklagten die Beitragsfestsetzung mit Wirkung zum 1. Oktober 2016 ab und setzten unter erstmaliger Berücksichtigung beitragspflichtiger Einnahmen der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung sowie aus Kapitalvermögen i.H.v. 3.596,05 € den monatlichen Beitrag zur Krankenversicherung auf 638,74 € und zur Pflegeversicherung auf 96,38 € (insgesamt 735,12 €) fest. Zur Begründung der Änderung der Einstufung führten die Beklagten aus, dass das festzusetzende Einkommen der Klägerin bislang falsch beurteilt worden sei. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch mit der Begründung, sie sei als Rentnerin in der KVdR versichert und daher seien ihre privaten Einkünfte nicht zu berücksichtigen. Mit Schreiben vom 15. November 2016 wurde die Klägerin darauf hingewiesen, dass aufgrund eines Rundungsfehler die Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung sowie aus Kapitalvermögen falsch berechnet worden seien und sich zutreffend auf 3.596,04 € beliefen. Hieraus ergäben sich allerdings keine Auswirkung auf die Beitragshöhe. Mit Bescheid vom 22. Dezember 2016 setzten die Beklagte mit Wirkung zum 1. Januar 2017 die monatlichen Beiträge zur Pflegeversicherung aufgrund des geänderten Beitragssatzes auf 104,58 € fest. Bei unverändertem Beitrag zur Krankenversicherung betrug die festgesetzte Beitragshöhe insgesamt 743,32 €. Mit Bescheiden vom 9. März 2017 wurde der Bescheid vom 22. Dezember 2016 abgeändert und die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung unter zusätzlicher Besichtigung des nunmehr bestehenden Anspruchs der Klägerin auf Witwenrente sowie der jeweils mitgeteilten Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung sowie Kapitalerträgen mit Wirkung vom 1. Januar 2017 auf insgesamt monatlich 800,47 € sowie ab dem 1. April 2017 insgesamt monatlich 795,56 festgesetzt. Wegen der Berechnung im Einzelnen wird auf die in der Verwaltungsakte befindlichen Beitragsbescheide Bezug genommen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14. März 2017 wiesen die Beklagten den Widerspruch zurück.
Am 30. März 2017 hat die Klägerin hiergegen Klage vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main erhoben.
Im Laufe des Klageverfahrens sind die monatlichen Gesamtbeiträge von den Beklagten mit Bescheid vom 28. Dezember 2017 für das Jahr 2018 auf 809,31 €, mit Bescheid vom 16. Januar 2019 a...