Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. haftungsausfüllende Kausalität. Nachweis. Vorliegen einer Gesundheitsstörung. medizinische Voraussetzung. Diagnosesystem DSM 5. Traumakriterium: A1-Kriterium. posttraumatische Belastungsstörung
Leitsatz (amtlich)
Das A-Kriterium für eine posttraumatische Belastungsstörung ist nach dem seit 2015 in deutscher Sprache vorliegenden Diagnosesystem DSM 5 enger konzipiert als das A1 -Kriterium in der Vorgängerversion DSM IV. Aus den Erläuterungen zu dem diagnostischen Merkmal "Konfrontation mit tatsächlichem Tod oder drohendem Tod oder ernsthafter Verletzung" ergibt sich, dass nur "schwere" Verkehrsunfälle umfasst sind. Eine rein subjektive Bedrohung genügt demnach nicht mehr.
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 18. Oktober 2010 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um Arbeitsunfallfolgen und einen Anspruch auf Rente.
Der 1959 in der Türkei geborene Kläger lebt seit 1979 in der Bundesrepublik Deutschland. Er arbeitete als Lehrer an mehreren Schulen und unterrichtete zuerst Deutsch für Ausländer und dann Türkisch. Am Morgen des 6. Mai 2004 befuhr er mit seinem Motorrad die L xx in Richtung D-Stadt. Eine Pkw-Fahrerin, die mit ihrem Pkw aus einer untergeordneten Straße nach links in die L xx abbiegen wollte, übersah das Motorrad des Klägers. Der Pkw touchierte das Motorrad des Klägers am Kofferaufsatz auf der rechten Seite, woraufhin der Kläger stürzte und, so die Aussage eines Zeugen, einige Meter auf dem Asphalt dahinrutschte. Im Polizeibericht wird hierzu mitgeteilt, der Kläger habe sich leicht verletzt, er habe Prellungen am Handgelenk erlitten. An beiden Fahrzeugen sei ein leichter Sachschaden entstanden. Der Kläger wurde in das Kreiskrankenhaus G. gebracht. Dort wurde eine Bennett-Fraktur der rechten Hand festgestellt. Es erfolgte eine ambulante operative Versorgung. Über den übrigen Befund wurde mitgeteilt, der Kläger habe bei dem Unfall keine Bewusstlosigkeit und keine Amnesie erlitten. Er sei wach und orientiert. Es bestünden keine neurologischen Auffälligkeiten. Die Halswirbelsäule sei unauffällig. Über den Verlauf der weiteren ambulanten Behandlung teilte das Krankenhaus am 10. September 2004 mit, die postoperative Röntgenkontrolle habe eine optimale Stellung bei regelrechter Lage der implantierten Schrauben gezeigt. Der Kläger habe im Verlauf über eine Überempfindlichkeit bei gleichzeitigem Taubheitsgefühl dorso-radial am rechten Daumen im Sinne einer vermutlich inoperativ entstandenen Läsion des dorso-radialen sensiblen Astes des Nervus radialis geklagt. Im Verlauf der bisherigen Behandlung sei es zu einer leichten Besserung der lokalen Beschwerden am Daumen gekommen. Die Wundheilung sei ungestört verlaufen. Ab dem 14. Mai 2004 seien Krankengymnastik und Lymphdrainagen erfolgt. Trotz intensiver Physiotherapie habe während des gesamten Verlaufs eine ausgeprägte Schonhaltung der rechten Hand imponiert, für die sich objektiv keine Erklärung finden lasse. Radiologische Kontrollen der knöchernen Verletzung hätten unverändert eine optimale Frakturstellung gezeigt. Während der Behandlungszeit habe der Kläger massive Beschwerden initial als Kopfschmerzen sowie Schmerzen in der linken Schulter beklagt. Dann sei ein konstantes Brenngefühl dorsal über der linken Schulter aufgetreten. Die wechselnden, zeitweise aber erheblichen Beschwerden hätten zu einer Reihe weiterer Untersuchungen geführt. Eine CT-Untersuchung des Schädels am 14. Mai 2004 habe keinen pathologischen Befund ergeben. Eine neurologische Untersuchung habe keine objektivierbaren neurologischen Defizite im Bereich der Schultergürtel- und Armmuskulatur gezeigt. Es seien “sensible Reizerscheinungen im peripheren Versorgungsgebiet des Nervus radialis rechts" sowie eine “fragliche Schulterprellung rechts mit entsprechenden Missempfindungen" diagnostiziert worden. Eine MRT-Untersuchung der HWS vom 18. Juni 2004 habe außer geringen degenerativen Veränderungen der unteren HWS ohne Krankheitswert und einem kleinen Haemangiom des 5. HWK (unfallunabhängig) keinen pathologischen Befund ergeben. Auch am 2. Juli 2004 habe der Kläger unverändert brennende Schmerzen über der linken Schulter und dem linken Nacken angegeben. An der rechten Hand habe sich die bereits erwähnte Schonhaltung gezeigt, die Beweglichkeit des 1. Strahls sei noch immer erheblich eingeschränkt, ohne dass sich hierfür eine konkrete Ursache gefunden habe. Auch für einen Morbus Sudeck habe zu keinem Zeitpunkt ein Hinweis bestanden. Nach den Sommerferien nahm der Kläger am 27. August 2004 seine Arbeit als Lehrer wieder auf. Der Orthopäde Dr. F. empfahl am 13. Oktober 2004 wegen anhaltender Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule mit Zwangshaltung des Kopfes nach rechts und Schmerzen im Daumengrundgelenk eine Vorstellung in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklini...