2.1 Anwendungsbereich
Rz. 3
Einschlägig ist § 109 zunächst dann, wenn sich der Leistung Begehrende in einer Einrichtung i. S. d. § 98 Abs. 2 befindet. Hierunter fallen nach § 13 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. Abs. 2 Institutionen, in denen der Betroffene lebt und die erforderlichen Hilfen in Form der Pflege, der Behandlung oder eines sonstigen nach SGB XII zu deckenden Bedarfs oder der Erziehung erhält, beispielsweise der Aufenthalt in einem Seniorenheim. Der Leistung Begehrende muss auch hier – ebenso wie bei § 106 – der Betreuung durch diese Einrichtung bedürfen, so genannte Einrichtungsbetreuungsbedürftigkeit. Das ist der Fall, wenn der Leistung Begehrende der Fürsorge durch andere bedarf und aus diesem Grund seine Aufnahme in die Einrichtung nützlich und zweckmäßig, wenn auch nicht unbedingt erforderlich ist (VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 1.12.1995, 6 S 1814/95). Es ist aber auch hier nicht notwendig, dass dem (jetzt) Leistung Begehrenden dort bereits Leistungen nach SGB XII gewährt worden sind, da die Vorschrift nur vom Aufenthalt in der Einrichtung spricht, nicht aber davon, dass dort Leistungen nach SGB XII gewährt worden sein müssen. Erfasst werden nur vollstationäre Einrichtungen (vgl. BSG, Urteil v. 23.8.2013, B 8 SO 14/12 R, Rz. 19). Bei einem Aufenthalt in einem Internat reicht es aus, dass der Hilfesuchende in dem Internat gelebt hat; eine konzeptionelle Verknüpfung zwischen einer berufsvorbereitenden Maßnahme und der Unterbringung im angeschlossenen Internat ist nicht erforderlich (BSG, a. a. O.; anders die Vorinstanz, die eine "vollständige Unterbringung, Versorgung, Kontrolle, Beaufsichtigung und Betreuung der hilfebedürftigen Personen bei Tag und Nacht" als Voraussetzung für § 109 verlangte: LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil v. 28.7.2011, L 8 SO 29/09, Rz. 32).
Rz. 4
Daneben findet die Vorschrift Anwendung, wenn sich der Leistung Begehrende in einer Vollzugsanstalt aufgrund richterlich angeordneter Freiheitsentziehung befindet. Vollzugsanstalten sind neben den eigentlichen Justizvollzugsanstalten auch psychiatrische Krankenhäuser (§ 63 StGB), Entziehungsanstalten (§ 64 StGB), sozialtherapeutische Anstalten und Abteilungen (§§ 9, 123 ff. StVollzG) und andere Einrichtungen, in denen Betroffene aufgrund richterlich angeordneter Freiheitsentziehung untergebracht sind.
Von der Vorschrift nicht erfasst werden Fälle der Familienpflege i. S. d. § 107. Denn § 109 verweist nur auf Einrichtungen i. S. d. § 98 Abs. 2, wozu die Familienpflege nicht per se, sondern nur über § 107 zählt. Auf § 107 nimmt § 109 aber nicht Bezug.
2.2 Rechtsfolgen
Rz. 5
Die Vorschrift fingiert, dass der Aufenthalt in einer Einrichtung oder Vollzugsanstalt sowohl für die Zuständigkeitsregelungen als auch für die Kostenerstattung zwischen Sozialhilfeträgern keinen gewöhnlichen Aufenthalt i. S. d. § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I begründet. Mit anderen Worten: Der bisherige gewöhnliche Aufenthalt wird allein durch einen Aufenthalt in einer Einrichtung oder Vollzugsanstalt nicht beendet. Hierdurch sollen die Einrichtungs- und Anstaltsorte geschützt werden (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss v. 21.6.2007, L 13 SO 5/07 ER; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 24.6.2009, L 9 B 24/09 SO; SG Leipzig, Beschluss v. 30.11.2007, S 21 SO 87/07 ER). Für die Zuständigkeitsregeln des Kap. 12 bedeutet dies – wie ausgeführt –, dass der örtliche Sozialhilfeträger nicht zu Leistungen herangezogen werden kann, die er ohne eine derartige Einrichtung nicht aufbringen müsste. Gleichzeitig ist der Sozialhilfeträger am Einrichtungsort nicht nach Kap. 13 Abschn. 2 erstattungspflichtig, wenn ein anderer Sozialhilfeträger Leistungen gewährt, z. B. während des Einrichtungsaufenthalts. Dies gilt, weil der am Einrichtungsort begründete gewöhnliche Aufenthalt für die Kostenerstattung nicht gilt.
Rz. 6
Diese Rechtsfolgen können auch gelten, wenn sich der Leistung Begehrende am Einrichtungsort kurzfristig außerhalb der Einrichtung aufhält. Er darf hierdurch aber keinen gewöhnlichen Aufenthalt i. S. d. § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I begründet haben. Diese Frage stellt sich insbesondere, wenn der Leistung Begehrende mangels Vakanz nicht sofort in der Einrichtung aufgenommen werden kann und deswegen kurzfristig zu einem Familienmitglied zieht, das am Einrichtungsort wohnt. Hierdurch wird kein gewöhnlicher Aufenthalt begründet, solange die Dauer des Aufenthalts von vornherein geplant und das Ende absehbar ist (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 17.8.2000, 12 A 10912/99). Sind Dauer und Ende des Aufenthalts aber nicht absehbar, so begründet der Leistung Begehrende am Einrichtungsort seinen gewöhnlichen Aufenthalt; § 109 ist insoweit nicht einschlägig. Hiergegen kann auch nicht eingewandt werden, alle kurzfristigen Aufenthalte außerhalb von Einrichtungen müssten von § 109 erfasst werden, da andernfalls der Schutz der Einrichtungsorte unvollständig bliebe und das Regelungsziel von § 109 nicht voll verwirklicht würde (so VGH Bayern, Urteil v. 29.7.1999, 12 B 97.3431). Für ein solches Normverständnis bietet der Wortlaut von § 109 keine ...