Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Rentenversicherung: Anpassung der Höhe einer Altersrente. Pflicht zum Ausgleich eines statistisch ermittelten Kaufkraftverlusts durch eine Rentenanpassung. Aktueller Rentenwert. Dynamisierung. Eigentumsgarantie. Kaufkraftverlust
Leitsatz (redaktionell)
§ 1 Abs. 1 des Rentenwertbestimmungsgesetzes 2008 ist mit dem Grundgesetz vereinbar.
Orientierungssatz
Es besteht für Bezieher von Altersrente kein verfassungsmäßiger Anspruch auf eine Rentenanpassung, die den statistisch errechneten Kaufkraftverlust zwingend ausgleicht.
Normenkette
SGB VI §§ 64-65, 68-69; GG Art. 14 Abs. 1 S. 2, Art. 20 Abs. 3, Art. 100 Abs. 1
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. Februar 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Streitig ist die Anpassung der Altersrente des Klägers zum 1. Juli 2008.
Der Kläger ist im Mai 1932 geboren worden. Von der Beklagten bezieht er seit dem 1. Juni 1995 Altersrente für langjährig Versicherte (Bescheide vom 11. Mai und 29. Juni 1995). Der monatliche Höchstwert des Rechts auf Altersrente (vor Abzug des Beitrags zur sozialen Pflegeversicherung und ohne den Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag) bei ihrem Beginn betrug 3.323,93 DM und berechnete sich aus einem Rangwert von 72,2593 Entgeltpunkten. In dem Rangwert enthalten war ein Zuschlag von 1,9425 Entgeltpunkten zur Abgeltung von kurzen Versicherungszeiten in den Vereinigten Staaten von Amerika nach Abkommensrecht.
In der Vergangenheit wandte er sich ohne Erfolg gegen die Mitteilungen zur Rentenanpassung zum 1. Juli 2000 (Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 16. Januar 2001, Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 3. Juni 2003 - S 19 RA 791/01, Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 25. Mai 2005 - L 17 RA 56/03, Beschluss des Bundessozialgerichts über die Verwerfung der Nichtzulassungsbeschwerde vom 18. April 2006 - B 4 RA 202/05 B), 1. Juli 2003 (Widerspruchsbescheid vom 1. September 2004, die Klage vor dem Sozialgericht Berlin - S 5 RA 5113/04 - nahm er am 29. August 2006 zurück) und 1. Juli 2005 (Widerspruchsbescheid vom 7. Dezember 2005, die Klage vor dem Sozialgericht Berlin - S 105 R 5918/05 - nahm er am 30. August 2006 zurück).
Im Juni 2008 erhielt der Kläger über die Deutsche Post AG - Niederlassung RentenService - die Mitteilung über die Anpassung der Leistung der gesetzlichen Rentenversicherung zum 1. Juli 2008. Aus ihr ergab sich, dass sich der Betrag der Rente von 1.898,25 € auf 1.919,21 € erhöhte und ein Zahlbetrag von 1.732,10 € statt 1.717,92 € ergab.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Die Anpassung sei verfassungswidrig. Sie sei wie alle vorherigen eine Minderung der Rente, erstmals aber auch ein Eingriff in ein Recht, das einen verfassungsrechtlich erhöhten Schutz gemäß der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) genieße. Die vom Gesetzgeber praktizierte “Rasenmähermethode„ einer Anpassung von erarbeiteten und “geschenkten„ Rentenansprüchen in gleichem Umfang widerspreche der verfassungsrechtlichen Vorgabe, dass vorrangig die geschenkten zu kürzen seien. In seinem Fall gehörten von den 72,2593 Entgeltpunkten, die der Rentenberechnung zugrunde lägen, 7,285 (für Schul- und Hochschulzeiten) zu den geschenkten, die zur freien Disposition des Gesetzgebers stünden. Diese Geschenke habe sich der Gesetzgeber durch die - bezogen auf die Entwicklung der Kaufkraft - Minderungen der Rente in der Vergangenheit zurückgeholt. Als Maßstab hierfür sei auf den monatlichen Zahlbetrag aus den erarbeiteten Entgeltpunkten abzustellen. Nun habe sich der Zahlbetrag aus den erarbeiteten Rentenansprüchen von 1.408,90 € (Gegenwert von 2.755,56 DM) bei Rentenbeginn am 1. Juni 1995 auf 1.388,68 € am 1. Juli 2008 vermindert. Um seine verfassungsrechtlich geschützte Rente zu wahren, beanspruche er ab 1. Juli 2008 einen Rentenbetrag von 1.947,17 € bzw. einen Zahlbetrag von 1.757,23 € und damit eine Rentenanpassung per 1. Juli 2008 von 2,6 %, entsprechend einem aktuellen Rentenwert von 26,95 €.
Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 13. Oktober 2008 zurück. Die Anpassung der Rente entspreche den gesetzlichen Vorschriften, an die sie gebunden sei.
Mit seiner Klage hat der Kläger sein Anliegen weiterverfolgt und in seiner Klageschrift vom 15. Oktober 2008 im besonderen ausgeführt, wie die Anpassung der Rente verfassungsgemäß zu gestalten sei.
Durch Urteil vom 11. Februar 2010 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Seit den Gesetzen über die Neuregelung des Rechts der Rentenversicherung aus dem Jahr 1957 würden Rentenanpassungen im Sinne einer Dynamisierung durchgeführt. Die Rente stelle sich seither nicht nur als Zuschuss zum Lebensunterhalt dar, sondern bezwecke es auch, den durch die Vorleistung erworbenen Lebensstandard zu bewahren. Dementsprechend orientiere sich die Anpassung grundsätzlich an der Entwicklung der Arbe...