Entscheidungsstichwort (Thema)
Rente wegen Todes aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Witwerrente. widerlegbare Vermutung. Versorgungsehe bzw Versorgungspartnerschaft. kurze Ehedauer. Versorgungsabsicht. lebensbedrohliche Erkrankung. Bedeutung des Gesundheits- bzw Krankheitszustandes. langjährige Partnerschaft
Leitsatz (amtlich)
1. Die Annahme des anspruchsausschließenden Vorliegens einer Versorgungsehe bei einer Ehedauer von nicht mindestens einem Jahr ist nur dann nicht gerechtfertigt, wenn die Gesamtbetrachtung und Abwägung der Beweggründe beider Ehegatten ergibt, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe insgesamt den Versorgungszweck überwiegen oder zumindest gleichwertig sind. Maßgeblich sind jeweils die konkreten Umstände des Einzelfalls.
2. Die vom hinterbliebenen Ehegatten behaupteten inneren Umstände für die Heirat sind vor dem Hintergrund der im Zeitpunkt der Eheschließung bestehenden äußeren Umstände in die Gesamtwürdigung einzubeziehen.
3. Eine gewichtige Bedeutung kommt hierbei stets dem Gesundheits- bzw Krankheitszustand des Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung zu. Die besonderen (inneren und äußeren) Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen, müssen umso gewichtiger sein, je offenkundiger und je lebensbedrohlicher die Krankheit des Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung gewesen war.
4. Das Bestehen einer langjährigen Partnerschaft stellt gerade keinen solchen besonderen Umstand dar. Auch allgemeine Gesichtspunkte wie sie in mehr oder weniger starker Ausprägung nahezu bei jeder Eheschließung eine Rolle spielen, können für sich genommen noch nicht die Annahme besonderer Umstände rechtfertigen.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 22. März 2017 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben auch für das Berufungsverfahren einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Witwerrente unter dem Gesichtspunkt des Einwandes des Bestehens einer Versorgungsehe.
Zwischen dem 1968 geborenen Kläger und dem 1944 geborenen und 2013 verstorbenen Versicherten K G bestand seit dem 03. Mai 2013 eine eingetragene Lebenspartnerschaft. Nach der Bescheinigung aus dem Melderegister war der Kläger bereits am 25. September 2011 zu dem Versicherten in dessen Wohnung gezogen.
Der Versicherte war seit dem 01. Dezember 2004 Altersrentner und bezog neben der Altersrente in Höhe von zuletzt ab Februar 2013 monatlich 689,50 EUR eine Verletztenrente von der Berufsgenossenschaft Holz und Metall aufgrund eines am 01. Oktober 1962 erlittenen Arbeitsunfalls, zuletzt seit März 2013 aufgrund einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 100% und in Höhe eines monatlichen Zahlbetrags von 1.291,71 EUR.
Vom 23. März 2010 bis zum 16. April 2010 wurde der Versicherte im M-Krankenhaus B, Klinik für Plastische Chirurgie, stationär behandelt. Laut Arztbrief vom 04. Mai 2010 wurde bei ihm die Diagnose eines Narbenkarzinoms am medialen Fußrand rechts (Plattenepithelkarzinom) als Spätfolge einer Verbrennung bei dem Arbeitsunfall vom 01. Oktober 1962 gestellt. Am 24. März 2010 war eine Tumorexzision erfolgt. Der pathologische Befund vom 25. März 2010 ergab ein in sano entferntes gering differenziertes überwiegend spindelzelliges, partiell verhornendes Plattenepithelkarzinom. Die seitlichen Resektatränder und die Resektionsbasis waren tumorfrei.
In der Zeit vom 25. August 2011 bis zum 05. Oktober 2011 befand sich der Versicherte erneut in stationärer Behandlung im M-Krankenhaus, Klinik für Plastische Chirurgie. Gemäß dem Arztbrief vom 12. Oktober 2011 erfolgten bei bekannter Diagnose des Plattenepithelkarzinoms im Bereich der rechten Fußsohle als Verbrennungsspätfolge am 26. August 2011 ein Wunddebridement, am 30. August 2011 eine Unterschenkelamputation und am 10. September 2011 eine posttraumatische Stumpfrevision. Eine Sonographie des rechten Beins vom 16. September 2011 ergab den Befund von mindestens zwei hochverdächtigen Lymphknoten im Bereich der rechten Leiste (inguinal) mit einer Ausdehnung von bis zu 2,2 cm.
Vom 16. Januar 2012 bis zum 03. Februar 2012 befand sich der Versicherte wiederum in stationärer Behandlung des M-Krankenhauses, Klinik für Plastische Chirurgie. Nach dem Arztbrief vom 14. Februar 2012 wurde bei ihm die Diagnose einer inguinalen Lymphknotenmetastasierung bei Zustand nach Plattenepithelkarzinom an der Fußsohle medial rechts gestellt. Am 17. Januar 2012 fand zur histologischen Diagnosesicherung eine Exstirpation eines metastasenverdächtigen Lymphknotens inguinal rechts statt. Die histologische Aufarbeitung des Probenmaterials bestätigte den Verdacht auf eine Lymphknotenmetastase. Am 23. Januar 2012 erfolgte eine radikale Lymphadenektomie inguinal rechts, und zwar laut Arztbericht in kurativer Absicht.
Eine erneute stationäre Behandlung des Versicherten im M-Krankenhaus, Klinik für Pla...