Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Mietkautionsdarlehen. monatliche Aufrechnung iHv 10% des Regelbedarfs. Verfassungsmäßigkeit. sozialgerichtliches Verfahren. Streitgegenstand. Ausführungsbescheide. keine Änderung oder Ersetzung der Bewilligung
Leitsatz (amtlich)
1. Wird im Rahmen eines Bescheides über die Bewilligung einer Mietkaution als Darlehen eine monatliche Aufrechnung verfügt, handelt es sich bei den diese Aufrechnung vornehmenden Bescheiden um nicht gesondert anfechtbare Ausführungsbescheide.
2. Die Gewährung einer Mietkaution als Darlehen begegnet auch deshalb keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, weil im Hinblick auf die geringfügigen Aufrechnungsbeträge regelmäßig "zukunftsnahe Erwerbschancen" bestehen.
3. Eine Mietkaution kann im Rahmen einer Sollvorschrift zur Darlehensgewährung schon deshalb nicht als Zuschuss gewährt werden, weil die Kaution dadurch ihre Sicherungsfunktion verliere, weil nicht der Hilfebedürftige sondern die Beklagte das Rückzahlungsrisiko zu tragen hätte.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 20. März 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Einbehaltung eines Teiles der ihr gewährten Leistungen zur Darlehenstilgung.
Die 1952 geborene Klägerin beantragte im März 2012 im Anschluss an eine im Vormonat erfolgte Trennung von ihrem Ehemann die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Diese wurden ihr in der Folgezeit für die Zeit ab dem 01. März 2012 bis fortlaufend bewilligt. Mit Bescheid vom 12. Juni 2012 sicherte der Beklagte die Übernahme der Aufwendungen für die von der Klägerin ausgewählte Wohnung hinsichtlich der Kosten für Unterkunft und Heizung zu, später gewährte er auch einen Zuschuss für die Erstausstattung der Wohnung.
Auf einen “Antrag auf darlehensweise Übernahme der Mietkaution„ bewilligte der Beklagte der Klägerin die Übernahme der Kosten für die ausweislich des Mietvertrages zu leistende Kaution in Höhe von 710 Euro mit “Bescheid vom 09. August 2012„ zugegangen am 07. Dezember 2012, und teilte zugleich mit, dass das Darlehen ab 01. Januar 2013 durch monatliche Aufrechnung in Höhe von 10 Prozent des maßgeblichen Regelbedarfes zu tilgen sei. Begleitend wurde ein Darlehensvertrag geschlossen. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch, mit dem sie sich gegen die Aufrechnung mit der Leistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes zur Darlehenstilgung wandte. Sie verfüge weder über ein Zusatzeinkommen noch über zukunftsnahe Erwerbschancen. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 03. Januar 2013 unter Verweis auf § 42 a Abs. 2 Satz 1 SGB II zurück. Mit Bescheid vom 25. Januar 2013 bewilligte er der Klägerin sodann für Februar 2013, mit Bescheid vom 21. Januar 2013 für die Zeit vom 01. März bis 31. August 2013 und mit Bescheid vom 09. August 2013 für die Zeit vom 01. September 2013 bis 28. Februar 2014 Leistungen nach dem SGB II, jeweils abzüglich eines Zahlbetrages für Aufrechnung/Tilgung in Höhe von 37,40 bzw. 38, 20 Euro.
Die gegen den Widerspruchsbescheid vom 03. Januar 2013 erhobene Klage hat das Sozialgericht Berlin mit Gerichtsbescheid vom 20. März 2013 abgewiesen. Die Entscheidung des Beklagten, im vorliegenden Fall nicht vom gesetzlichen Regelfall im Hinblick auf die Darlehensgewährung (Regelfall: Darlehen mit Aufrechnungsbestimmung) abzuweichen, sei nicht zu beanstanden. Allein die Vermögenslosigkeit der Klägerin begründe keinen Anspruch, von einer Darlehensgewährung mit Aufrechnung abzusehen. Denn die Vermögenslosigkeit sei nach § 42 a Abs. 1 SGB II bereits Tatbestandsvoraussetzung für die Gewährung eines Darlehens. Eine besondere Notlage der Klägerin sei nicht zu erkennen. Die Klägerin sei trotz ihres Alters dem Grunde nach erwerbsfähig und könne nach Beendigung der derzeitigen Arbeitsunfähigkeit möglicherweise wieder einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Die potentiell ausreichende Möglichkeit einer Erwerbstätigkeit rechtfertige es, das Mietkautionsdarlehen mit dem Regelbedarf aufzurechnen. Nach einer rechtmäßigen Entscheidung über die Gewährung eines Darlehens sei die Aufrechnung nach § 42 a Abs. 2 SGB II die vom Gesetzgeber angeordnete Folge. Dem Beklagten habe bei der Ausgestaltung des Darlehens kein weiterer Ermessensspielraum zugestanden. Das Gericht sei auch nicht ansatzweise davon überzeugt, dass die Bestimmung des § 42 a Abs. 2 SGB II verfassungswidrig sei.
Gegen diesen ihr am 26. März 2013 zugegangenen Gerichtsbescheid richtet sich die am 24. April 2013 eingegangene Berufung der Klägerin. Die Klägerin trägt vor, dass § 42 a Abs. 2 SGB II verfassungsrechtlichen Bedenken unterliege. Das Bundessozialgericht habe sich in seiner Entscheidung vom 22. März 2012 (Aktenzeichen B 4 AS 26/10 R) skeptisch auch gegenüber der neuen Gese...