Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Hilfsmittelversorgung. Bestehen einer Leistungspflicht für ein Wetterschutzverdeck als Zubehör zum bewilligten Hilfsmittel Elektromobil
Leitsatz (amtlich)
Ein Wetterschutzverdeck für ein Elektromobil ist als Zubehör zu einem Hilfsmittel von der Leistungspflicht der Krankenkassen umfasst.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. April 2018 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger auch seine außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligte streiten über die Versorgung des Klägers mit einem Wetterverdeck für sein Elektromobil.
Der 1944 geborene Kläger ist bei der beklagten Krankenkasse versichert. Am 16. Januar 2017 legte er der Beklagten eine Verordnung seines behandelnden Arztes vom 11. Januar 2017 betreffend einen modulierbaren Wetterschutz für ein vorhandenes Elektromobil bei der Diagnose Mobilitätsbeeinträchtigung vor. Ergänzend führte er aus, dass der Wetterschutz ihm erlauben würde, das genehmigte Elektromobil ganzjährig zu benutzen. Mit einem GdB von 100 sei er auf die ganzjährige Nutzung angewiesen, um uneingeschränkt am sozialen Leben teilnehmen zu können.
Mit Bescheid vom 14. Februar 2017 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme für den Wetterschutz ab. Maßgebend seien die zwischen den Ärzteverbänden und den Vertretern der Krankenkassen geschaffenen Richtlinien. Ein Wetterschutz sei kein Hilfsmittel im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung.
Ebenfalls am 14. Februar 2017 wies der Kläger die Beklagte darauf hin, dass er von der Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) Gebrauch mache, da die Beklagte weder Stellung genommen noch auf die Einholung einer gutachterlichen Stellungnahme verwiesen habe. Am 20. Februar 2017 legte er dann Widerspruch gegen den Bescheid vom 14. Februar 2017 ein. Er verwies auf § 13 Abs. 3a SGB V. Auch habe das Hilfsmittelverzeichnis rein informatorischen Charakter. Es sei nicht nachvollziehbar, dass ihm ein E-Mobil zugestanden werde, ein Wetterschutz aber nicht. Selbst kleine Erkältungen könnten zu plötzlichen Verschlechterungen seiner Vorerkrankung (COPD III-IV) führen und damit einen erheblichen Behandlungsaufwand auslösen. Der Kläger legte weiter einen Kostenvoranschlag vor, wonach das begehrte Wetterschutzverdeck einschließlich Umsatzsteuer 786,00 € kosten sollte.
Mit ihrem Anhörungsschreiben vom 24. März 2017 wies die Beklagte darauf hin, dass die Genehmigungsfiktion nur bei Leistungen greifen könne, die grundsätzlich zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehörten, was bei einem Wetterschutzverdeck nicht der Fall sei. Der Kläger erklärte dazu, dass er an seiner Auffassung festhalte.
Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 4. Juli 2017 zurück. Der Antrag habe trotz verspäteter Bearbeitung nicht zu einer Genehmigungsfiktion geführt, da der Wetterschutz nicht zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen gehöre und die Genehmigungsfiktion den Sachleistungsanspruch nicht erweitere. Auch wenn nachvollziehbar sei, dass Alltagsgeschäfte auch bei ungünstiger Witterung erledigt werden müssten, gehöre der Schutz vor Witterungseinflüssen eindeutig in den persönlichen Verantwortungsbereich. Oftmals sei ein ausreichender Schutz bereits durch geeignete Kleidung zu erreichen. Das Wetterschutzverdeck sei eher als Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens einzuordnen, weil es ein seriell gefertigter Artikel ohne individuelle Anpassung an die Behinderung sei. Sollte gleichwohl eine Genehmigungsfiktion eingetreten sein, werde diese mit Wirkung für die Zukunft zurückgenommen. Eine Genehmigungsfiktion stelle zwar einen begünstigenden Verwaltungsakt dar. Ein schutzwürdiges Vertrauen bestehe aber nicht, solange das Wetterschutzverdeck noch nicht beschafft oder seine Beschaffung noch nicht in Auftrag gegeben worden sei. Unter diesen Voraussetzungen überwiege das öffentliche Interesse an der Herstellung rechtmäßiger Zustände.
Dagegen richtet sich die am 20. Juli 2017 bei dem Sozialgericht Berlin eingegangene Klage, mit der insbesondere vorgetragen worden ist, dass das Wetterschutzverdeck kein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens sei, dass es für die Benutzung mit Elektrorollstühlen konzipiert sei, und erst bewirke, dass die notwendigen Wege auch bei schlechtem Wetter zurückgelegt werden könnten.
Das Sozialgericht hat die Beklagte am 12. April 2018 unter Aufhebung des Bescheides vom 14. Februar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Juli 2017 verurteilt, den Kläger mit dem begehrten Wetterschutzverdeck zu versorgen. Der Anspruch ergebe sich aus einer durch Fiktion eingetretenen Genehmigung, deren Rücknahme zwar zulässig, aber nicht rechtmäßig erklärt worden sei. Die Genehmigungsfiktion greife ein, weil die Beklagte über den hinreichend bestimmten Antrag des Klägers ni...