Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss einer Kostenerstattung für eine ambulant durchgeführte Fettabsaugung (Liposuktion)
Orientierungssatz
1. Ein Anspruch des Versicherten auf Erstattung der Kosten für eine ambulant durchgeführte Fettabsaugung (Liposuktion) durch die Krankenkasse ist ausgeschlossen, weil der Gemeinsame Bundesausschuss diese Methode der Fettabsaugung nach § 135 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB 5 nicht positiv empfohlen hat. Ein Ausnahmefall des Systemversagens liegt nicht vor, weil sich der Gemeinsame Bundesausschuss mit der Liposuktion befasst hat und mit Beschluss vom 20. 7. 2017 das Bewertungsverfahren ausgesetzt hat.
2. Auch die Voraussetzungen einer grundrechtsorientierten Leistungsauslegung i. S. von § 2 Abs. 1a SGB 5 liegen nicht vor. Das Lipödem stellt weder eine lebensbedrohliche noch eine regelmäßig tödliche noch eine hiermit vergleichbare Erkrankung dar (BSG Urteil vom 24. 4. 2018, B 1 KR 10/17).
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 07.09.2017 geändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten für Liposuktionsbehandlungen an Beinen und Armen zur Behandlung eines Lipödems.
Die 1984 geborene Klägerin ist bei der beklagten Krankenkasse (im Folgenden: Beklagte) gesetzlich krankenversichert.
Sie beantragte am 26.05.2015 die Übernahme der Kosten oder eine Zuzahlung für eine operative Therapie des Lipödems in der CG Lympha-Fachklinik für operative Lymphologie in L. Sie leide sehr unter der Krankheit, den dadurch verursachten Schmerzen, den zu tragenden Kompressionsstrümpfen und zweimal wöchentlich erforderlichen Behandlungen. Sie vermeide es, sich in der Öffentlichkeit zu zeigen. Mit einer schon erfolgten Ablehnung gebe sie sich nicht zufrieden. Die durch die konservativen Therapien entstehenden Kosten seien zu berücksichtigen.
Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 05.06.2015 ab. Den zwischenzeitlichen Eingang eines (Antrags-)Schreibens der genannten Klinik vom 07.07.2015 nebst Kostenvoranschlag für eine ambulante Behandlung berücksichtigend wies sie den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 08.10.2015 zurück. Es bestehe kein Anspruch auf die beantragte Liposuktion, da es sich hierbei um eine neue unkonventionelle Behandlungsmethode ohne die erforderliche Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschuss handele.
Zur Begründung eines neuerlichen, von der Beklagten mit Bescheid vom 27.11.2015 abgelehnten Antrages vom 11.11.2015 legte die Klägerin eine Bescheinigung der Dipl.-Psych. P vom 22.10.2015 vor. Diese führte aus, bei der Klägerin bestehe eine Lipohyperplasia dolorosa, die einen Leidensdruck erzeuge, der zu einer depressiven Episode geführt habe.
Die Klägerin hat am 10.11.2015 Klage beim Sozialgericht Düsseldorf erhoben. Die angestrebte Operation stelle die einzige Therapie zur dauerhaften Beseitigung der dauerhaften Schmerz-Symptomatik dar und sei medizinisch notwendig (gewesen). Nach Klageerhebung hat die Klägerin Liposuktionen mittels drei Eingriffen am 02.12.2015, 19.01.2016 und 22.02.2016 durchführen lassen. Der behandelnde Arzt Dr. D hat dafür einen Betrag in Höhe von jeweils 4.540,89 EUR in Rechnung gestellt. Der Anästhesist Dr. E hat seine Leistungen gegenüber der Klägerin mit einem Gesamtbetrag von 2.340,01 EUR abgerechnet. Insgesamt bezahlte die Klägerin damit 15.962,68 EUR für die ärztlichen Leistungen, zuzüglich 59,27 EUR für Arzneimittel (incl. 15 EUR Zuzahlung).
Die Klägerin hat zu den Umständen der Behandlungen angegeben, sie sei nach dem Aufwachen in einem Zimmer im gegenüberliegenden Krankenhaus untergebracht worden. Dort habe sie bis zum nächsten Tag zur Beobachtung bleiben müssen. Im Krankenhaus sei sie durch Krankenschwestern betreut worden. Zusätzlich habe sie für den Fall von Beschwerden oder einen Quasi-Notfall während der Nacht auch die Telefonnummer von Dr. D bekommen. Bei einer Mitpatientin habe sie erlebt, dass Dr. D dann auf deren Anruf auch gekommen sei. Die nächste planmäßige Untersuchung habe am nächsten Tag mittags stattgefunden.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 05.06.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.10.2015 zu verurteilen, die für die an Armen und Beinen durchgeführte Liposuktion aufgewandten Kosten in Höhe von 16.007,95 EUR zu erstatten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die angefochtenen Bescheide aus den dort ausgeführten Gründen verteidigt. Die Kostenerstattung scheide nach höchstrichterlicher Rechtsprechung aus. Dr. D und Dr. H verfügten darüber hinaus über keine Zulassung am Standort C Straße in L. Das Sozialgericht hat zu zur weiteren Ermittlung des Sachverhalts Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Berichte der praktischen Ärztin und Phlebologin Dr. U vom 05.02.2016, des Arztes für Allgemeinmedizin und Phlebologen Dr. M vom ...