Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Fahrkosten. Kontrollen zur Nachsorge nach Herztransplantation in achtwöchigen Abständen. keine hohe Behandlungsfrequenz. Anknüpfung an hohe Behandlungsfrequenz ist verfassungsgemäß
Orientierungssatz
1. Kontrollen zur Nachsorge nach einer Herztransplantation, die in achtwöchigen Abständen erforderlich werden, erfüllen nicht die Voraussetzungen einer "hohen Behandlungsfrequenz" iS der Krankentransport-Richtlinien.
2. Eine häufige Behandlungsfrequenz ist ein sachgerechtes Anknüpfungskriterium für einen Anspruch auf Erstattung von Fahrkosten. Durch sie wird Art 3 Abs 1 GG nicht verletzt.
Tatbestand
Umstritten ist, ob die Beklagte die Kosten für Taxifahrten des Klägers zu den regelmäßigen Kontrolluntersuchungen nach seiner Herztransplantation (Nachuntersuchung, medikamentöse Neueinstellung) in der Medizinischen Klinik des Universitätsklinikums A ab Januar 2004 zu übernehmen hat.
Bei dem 1939 geborenen Kläger, der bei der Beklagten krankenversichert ist, wurde 1991 in der Medizinischen Klinik des Universitätsklinikums A eine Herztransplantation durchgeführt. Bis Ende 2003 übernahm die Beklagte die Taxitransportkosten des Klägers für seine Kontrolluntersuchungen in A. Durch Bescheid vom 2.2.2004 und Widerspruchsbescheid vom 22.4.2004 (zugestellt am 29.4.2004) lehnte die Beklagte für die Zeit ab 1.1.2004 die weitere Übernahme der Transportkosten unter Hinweis auf die ab diesem Zeitpunkt geänderten Krankentransport-Richtlinien ( KT-RL ) des Gemeinsamen Bundesausschusses ab. Fahrten zur ambulanten Behandlung könnten ab 1.1.2004 nur noch in den von den KT-RL bestimmten Ausnahmefällen übernommen werden. Die in ca achtwöchigen Abständen stattfindenden Kontrolluntersuchungen erfüllten nicht das Kriterium "hohe Behandlungsfrequenz" als eine der Voraussetzungen der Ausnahmefälle nach § 8 Abs 2 KT-RL .
Am 25.5.2004 hat der Kläger Klage erhoben. Das Sozialgericht (SG) hat eine Auskunft des Gemeinsamen Bundesausschusses vom Februar 2005 eingeholt. Sodann hat es auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eine Begutachtung durch Prof. Dr H (Direktor der Medizinischen Fakultät der Universität A) durchgeführt. Dieser hat in seinem Gutachten vom Dezember 2005 dargelegt: Aufgrund des Risikos einer Infektion sei dem Kläger von der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel abzuraten. Die Behandlungsfrequenz sei bei ihm nicht mit den in den KT-RL genannten Ausnahmefällen zu vergleichen. Die Intervalle zwischen den Vorstellungen des Klägers hätten sich seit 2004 auf ca 12 Wochen verlängert, da sich der Kläger nur bei Vorliegen einer Mitfahrgelegenheit habe vorstellen können. Eine Kontrolle in ca. achtwöchigen Abständen sei erforderlich. Durch Urteil vom 7.2.2006 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, beim Kläger liege keine "hohe Behandlungsfrequenz" iSd § 8 Abs 2 KT-RL vor.
Gegen dieses ihm am 7.3.2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 16.3.2006 beim Landessozialgericht Rheinland-Pfalz eingelegte Berufung des Klägers. Er trägt vor: Im Hinblick auf Sinn und Zweck der hier einschlägigen Rechtsvorschrift wäre eine Versagung der Übernahme der Fahrkosten ein Verstoß gegen Art 3 Grundgesetz (GG). § 8 KT-RL stelle einen offenen Tatbestand dar, sodass aufgrund des Charakters des vorliegenden Einzelfalls ein Anspruch gegeben sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des SG Trier vom 7.2.2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 2.2.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.4.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ab 1.1.2004 die Mietwagen-/Taxikosten für die Kontrolluntersuchungen in der Universitätsklinik A zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor: Das angefochtene Urteil sei zutreffend. Die Nachsorge könne beim Kläger im Übrigen bei dessen Hausarzt, auf jeden Fall aber bei einem in der Nähe ansässigen Facharzt oder einem näher gelegenen Krankenhaus durchgeführt werden. Entsprechend qualifizierte Ärzte fänden sich in T (Entfernung 60 km).
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Prozessakte verwiesen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die nach §§ 143 f, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG - zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Nach § 60 Abs 1 Satz 1 des Fünften Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB V) übernimmt die Krankenkasse nach den Absätzen 2 und 3 die Kosten für Fahrten einschließlich der Transporte nach § 133 SGB V (Fahrkosten), wenn sie im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig sind. Welches Fahrzeug benutzt werden kann, richtet sich nach der medizinischen Notwendigkeit im Einzelfall (§ 60 Abs 1 Satz 2 SGB V). Die Krankenkasse übernimmt Fahrkosten zu einer ambulanten Behandlung unter Abzug des sich nach § 61 Satz 1 SGB V ergebenden Betrages nur nach vorheriger Genehmigung...