Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Zusicherung der Berücksichtigung der Aufwendungen für eine neue Unterkunft. Erforderlichkeit des Umzugs. Recht zur außerordentlichen fristlosen Kündigung des bisherigen Mietverhältnisses. erfolgloser Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder erfolglose Abmahnung
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Zusicherung zum Umzug ist gem § 22 Abs 4 SGB 2 zu erteilen, wenn der Umzug erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind. Der Umzug ist regelmäßig erforderlich, wenn dem Hilfebedürftigen ein Recht zur außerordentlichen Kündigung gem § 543 Abs 1, 3 iVm § 569 Abs 1 BGB (zB wegen mangelhafter Beheizungsmöglichkeit der Wohnung) gegen den Vermieter zusteht.
2. Eine außerordentliche Kündigung der bisherigen Wohnung setzt gem § 543 Abs 3 BGB den erfolglosen Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist oder eine erfolglose Abmahnung voraus.
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Leipzig vom 23. März 2012, mit dem die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt wurde, wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren, in dem die Antragstellerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Zusicherung zur Übernahme der Aufwendungen für eine neue Unterkunft begehrt hat.
Die 1959 geborene Antragstellerin bezieht vom Antragsgegner laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Seit dem 15.04.2009 bewohnt sie allein eine 31,02 m² große Ein-Zimmer-Wohnung in der B… S… in L…, für die sie zuletzt monatlich eine Grundmiete von 175,00 EUR, eine Betriebskostenvorauszahlung von 30,00 EUR und eine Heizkostenvorauszahlung von ebenfalls 30,00 EUR zu entrichten hatte. Mit Bescheid vom 08.03.2012 gewährte ihr der Antragsgegner Leistungen für den Zeitraum vom 01.04.2012 bis 30.09.2012 unter Einschluss der Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 235,00 EUR.
Mit Schreiben vom 05.02.2012 beantragte die Antragstellerin die Zustimmung zum Umzug in eine 34,64 m² große Ein-Zimmer-Wohnung in der P… in L…, für die monatlich eine Nettomiete von 190,52 EUR und eine Vorauszahlung auf die Betriebs- und Heizkosten in Höhe von 79,67 EUR zu zahlen seien. Ihren Antrag begründete sie damit, dass in ihrer bisherigen Wohnung die Heizkörper die Räume nur auf 16 bis 18 Grad Celsius erwärmten und beim zusätzlichen Aufstellen eines Elektroheizkörpers die elektrischen Sicherungen auslösten. Zudem sei sie in den Jahren 2009 bis 2012 in den Wintermonaten erkrankt gewesen und habe dabei unter starkem Husten gelitten. Schließlich bröckele die Tapete von der Zimmerdecke. Sie habe mehrfach telefonisch mit dem Wohnungseigentümer wegen der nicht ausreichenden Erwärmung der Wohnräume Rücksprache gehalten. Die daraufhin vor Ort gewesenen Handwerker hätten auf die Notwendigkeit eines Wechsels der Heizkörper hingewiesen, was der Wohnungseigentümer und Vermieter jedoch nicht veranlasst habe. Beigefügt war dem Antrag das seinerzeitige Übergabeprotokoll vom 14.04.2009, in dem eine Reihe von Mängeln aufgeführt waren.
Der Antragsgegner lehnte mit Bescheid vom 09.02.2012 die Zustimmung zum Umzug in die Wohnung in der P… in L… ab. Für die Beseitigung der Mietmängel sei der Vermieter verantwortlich. Hiergegen richtete sich der Widerspruch der Antragstellerin vom 29.02.2012.
Am 13.03.2012 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Leipzig (SG) den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Sie habe ihr Mietverhältnis mit außerordentlicher Kündigung vom 17.02.2012 zum 31.03.2012 gekündigt. Der Mietvertrag in der P… soll am 01.04.2012 beginnen. Da sie in den Wintermonaten kontinuierlich erkranke, sei ihr ein weiteres Abwarten nicht mehr zumutbar. In ihrer eidesstattlichen Versicherung vom 13.03.2012 hat sie darauf hingewiesen, dass ihr vor dem Einzug die unzureichende Funktion der Heizkörper und die nicht ausreichende Stromabsicherung nicht bekannt gewesen seien. Mit Schriftsatz vom 20.03.2012 hat sie darauf hingewiesen, dass sie sich bereits im Winter 2009/2010 beim Vermieter gemeldet und die mangelnde Beheizbarkeit der Wohnung mitgeteilt habe. Im Frühjahr sei daraufhin ein Gutachter erschienen, der sich als Onkel des Vermieters ausgewiesen habe und dem Vermieter die Heizprobleme habe mitteilen wollen. Nachfolgend habe der Vermieter die Antragstellerin hingehalten. Im November 2011 sei ein Heizungsmonteur erschienen, der darauf hingewiesen habe, dass die Heizkörper nicht ausreichend seien, um überhaupt eine Raumtemperatur von über 20 Grad Celsius zu erreichen. Hierauf sei keine Reaktion des Vermieters erfolgt. Die mangelnde Beheizbarkeit der Wohnung stelle mietrechtlich einen außerordentlichen Kündigungsgrund dar.
Das SG hat den Antrag mit Beschluss vom 23.03.2012 abgelehnt. Die Antragstellerin habe einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Vorliegend sei eine Erfor...