Entscheidungsstichwort (Thema)
Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz. Arbeitsentgelt. Schätzung der Höhe einer glaubhaft gemachten Jahresendprämie. Zeugenaussagen
Leitsatz (amtlich)
Ist der Zufluss von Jahresendprämien dem Grunde nach im konkreten Einzelfall, beispielsweise durch Zeugenaussagen, glaubhaft gemacht, kann die Höhe der als zusätzliches Arbeitsentgelt zu berücksichtigenden Jahresendprämien geschätzt werden, auch wenn deren Höhe weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht werden kann.
Orientierungssatz
1. Zum Leitsatz: Weiterentwicklung von LSG Chemnitz vom 13.11.2012 - L 5 RS 192/12 und L 5 RS 605/11, vom 2.10.2012 - L 5 RS 789/10, vom 18.9.2012 - L 5 RS 716/10 und L 5 RS 322/11 sowie vom 7.8.2012 - L 5 RS 439/10; vgl BSG vom 4.5.1999 - B 4 RA 6/99 R = SozR 3-8570 § 8 Nr 3.
2. Zur Berechnung der geschätzten Höhe einer glaubhaft gemachten Jahresendprämie.
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 6. Mai 2013 abgeändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 11. August 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. März 2012 verurteilt, den Bescheid vom 23. November 2001 dahingehend abzuändern, dass für die Jahre 1972 bis 1990 weitere Arbeitsentgelte wegen zu berücksichtigender Jahresendprämienzahlungen im Rahmen der bereits festgestellten Zusatzversorgungszeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betriebe wie folgt zu berücksichtigen sind:
Für das Jahr:
1972 |
419 M |
1973 |
445 M |
1974 |
470 M |
1975 |
514 M |
1976 |
514 M |
1977 |
528 M |
1978 |
522 M |
1979 |
554 M |
1980 |
595 M |
1981 |
583 M |
1982 |
570 M |
1983 |
642 M |
1984 |
639 M |
1985 |
668 M |
1986 |
683 M |
1987 |
753 M |
1988 |
751 M |
1989 |
824 M |
1990 |
755 M |
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Die Beklagte erstattet dem Kläger dessen notwendige außergerichtliche Kosten zur Hälfte.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten - im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens - über die Verpflichtung der Beklagten weitere Entgelte des Klägers für Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz für die Jahre 1971 bis 1989 in Form jährlicher Jahresendprämien festzustellen.
Der 1944 geborene Kläger ist nach einem Studium an der Ingenieurschule "R…-L… L…" seit Juli 1970 berechtigt, die Berufsbezeichnung “Ingenieur„ in der Fachrichtung “Fernsprech- und Fernschreibtechnik„ zu führen. Er war vom 1. Januar 1970 bis 31. Dezember 1970 als Dienststellenleiter im F… K…-M…-St… und vom 1. Januar 1971 bis 30. Juni 1990 (sowie darüber hinaus) zunächst als Prüfungstechnologe, später als Laboringenieur und als Entwicklungsingenieur im volkseigenen Betrieb (VEB) G… K…-M…-S…, bzw. ab 1981 im VEB M… Z… (Betriebsteil G… K…-M…-S…) beschäftigt. Er war zu Zeiten der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) nicht in ein Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) einbezogen.
Mit Bescheid vom 23. November 2001 stellte die Beklagte seine Beschäftigungszeiten vom 1. Juli 1970 bis 30. Juni 1990 als nachgewiesene Zeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesen Zeiträumen erzielten Arbeitsentgelte fest.
Am 16. April 2009 beantragte der Kläger die rückwirkende Neufeststellung der Zusatzversorgungszeiten unter Einbeziehung von Prämien, insbesondere von Jahresendprämien. Im Rahmen des Überprüfungsverfahrens fragte die Beklagte mit Schreiben vom 26. Juli 2010 bei der R… O… S… GmbH nach Unterlagen bezüglich gezahlter Prämien an. Diese teilte mit Schreiben vom 6. Juli 2011 mit, dass im ehemaligen Beschäftigungsbetrieb des Klägers keine Unterlagen für Prämienzahlungen vorhanden sind.
Mit Bescheid vom 11. August 2011 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, der Bescheid vom 23. November 2001 könne nicht zurückgenommen werden, da die begehrten zusätzlichen Arbeitsentgelte weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden seien. Hiergegen legte der Kläger am 24. August 2011 Widerspruch ein und reichte mit Schreiben vom 29. September 2011 schriftliche Erklärungen seiner ehemaligen Arbeitskollegen, W… R…, K… P…, H…-J… J… und B… L… ein, aus denen sich ergibt, dass regelmäßig Jahresendprämien im VEB G… K…-M…-S… bzw. im VEB M… Z… an die Beschäftigten des Betriebes von mindestens 1971 bis 1991 als sogenanntes 13. Monatsgehalt gezahlt worden seien. Die Höhe der Jahresendprämie habe in den Anfangsjahren 110 Prozent betragen und habe sich in den Folgejahren schrittweise auf etwa 100 Prozent eines Monatseinkommens verringert. Im Betrieb habe dabei die Übung bestanden, in einer Abteilungsversammlung jährlich im Februar eines Jahres die auszuzahlenden Geldbeträge für alle Mitarbeiter zu verlesen und vorzutragen, wobei das Prozedere der Höhe und Verteilung in allen Abteilungen gleich gewesen sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 29. Mä...