Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Hilfe zum Lebensunterhalt. Zuständigkeit des überörtlichen Sozialhilfeträgers. bayerisches Landesrecht. gleichzeitiger Bezug von Hilfe zur Pflege durch den Ehemann. stationäre Unterbringung. Bewilligungsbescheid mit Widerrufsvorbehalt. Aufschub der Zahlungen des Sozialhilfeträgers an das Pflegeheim. Vereitelung von Sicherungsmaßnahmen durch die Ehefrau. Anforderungen an die Annahme eines Getrenntlebens. Verwertung von Erkenntnissen aus dem Prozesskostenhilfeverfahren
Leitsatz (amtlich)
Der überörtliche Sozialhilfeträger ist für Leistungen der Einstandsgemeinschaft zuständig, solange der Leistungsbescheid nicht widerrufen ist. Ein Aufschub der Zahlungen an ein Pflegeheim hindert diese Zuständigkeit nicht, wenn die Auszahlung der Leistungen durch fehlende Mitwirkung vereitelt wurde.
Erkenntnisse zur Trennung der Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft der Ehegatten können auch aus Angaben im Prozesskostenhilfeverfahren entnommen werden.
Der kostenbeitragspflichtige Ehegatte hat keinen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt gegenüber dem Sozialhilfeträger. Durch den Leistungsbescheid an den Hilfeempfänger ist der Ehegatte als Mitglied der Einstandsgemeinschaft nur im Sinne eines Rechtsreflexes betroffen.
Orientierungssatz
1. Wird die Gewährung von existenzsichernden Sozialhilfeleistungen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes begehrt, ist in der Regel wegen der Bedeutung der Leistungen durch das Gericht eine Güter- und Folgenabwägung vorzunehmen.
2. Das für die Sozialhilfegewährung relevante Getrenntleben von Ehegatten ist erst dann anzunehmen, wenn die Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft der Ehepartner nach den tatsächlichen Verhältnissen nicht nur vorübergehend aufgehoben ist und zudem auch der Wille zum wechselseitigen Einstand nicht mehr besteht. Dabei ist es zur Annahme eines Getrenntlebens noch nicht ausreichend, dass objektiv eine häusliche Gemeinschaft nicht mehr besteht (hier: Unterbringung eines Ehepartners in einem Pflegeheim).
Gründe
I. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 6. Juni 2018 wird abgelehnt.
II. Die Zwischenregelung des Bayerischen Landessozialgerichts im Beschluss vom 11. Oktober 2018 (L 18 SO 180/18 ER) wird mit Wirkung vom 13. November 2018 aufgehoben.
III. Außergerichtliche Kosten der Antragstellerin im erstinstanzlichen Verfahren und im Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
I.
Die Antragstellerin begehrt - im Wege der einstweiligen Anordnung - vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII).
Die 1944 geborene, verheiratete Antragstellerin bewohnt eine 63 m² große Wohnung im Gebiet der Antragsgegnerin. Der Ehemann der Antragstellerin ist seit 10.12.2015 bei der M.-Altenpflege, L., untergebracht. Er ist Miteigentümer der Grundstücke im Grundbuch des Amtsgerichts B. und B. Flurnummer 5680, 4377, 6232 und 6272 jeweils Gemarkung B. und 787/2 Gemarkung P., sowie des Grundstücks im Grundbuch des Amtsgerichts B. von G. Flurnummer 1844 Gemarkung G.. Mit den Grundbuchauszügen wurde ein Entwurf einer Auseinandersetzung des Grundbesitzes des Notars Dr. W. aus B. vorgelegt.
Mit Bescheid vom 12.10.2017 lehnte der Bezirk (Beigeladener) den Antrag des Ehemannes auf Übernahme der ungedeckten Heimkosten ab. Er verfüge derzeit über Vermögenswerte in Höhe von ca. 165.000 € und ein laufendes monatliches Gesamteinkommen in Höhe von 1755,10 € (Werte jeweils bis 30.06.2017). Die Antragstellerin und ihr Ehemann hätten sich im Falle einer Hilfegewährung in Höhe eines so genannten Kostenbeitrags aus dem gemeinsamen Einkommen an den entstehenden Kosten zu beteiligen. Aufgrund der derzeit vorliegenden Unterlagen errechne sich ein voraussichtlicher Kostenbeitrag aus dem gemeinsamen Einkommen in Höhe von monatlich ca. 750,00 €. Die genaue Berechnung könne erst nach Vorlage der vollständigen Unterlagen erfolgen. Die Antragstellerin und ihr Ehemann seien verpflichtet, dass die Freigrenze von 10.000 € übersteigende Barvermögen / Sparguthaben zur Kostendeckung einzusetzen. Dagegen legten Ehemann und Antragstellerin Widerspruch ein.
Mit Schreiben vom 08.01.2018 beantragte die Antragstellerin persönlich bei der Antragsgegnerin Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Im Formblattantrag vom 15.01.2018 gab die Antragstellerin an, verheiratet zu sein. Ergänzend erklärte die Antragstellerin, dass sie ihren Pkw brauche, um ihren Mann zu besuchen. Aus den beigefügten Unterlagen ergab sich, dass das Kraftfahrzeug der Antragstellerin auf ihren Ehemann zugelassen war. Aus den vorgelegten Kontoauszügen ist ersichtlich, dass die Rente und Zusatzversorgung des Ehemanns auf das Konto Nr. X. der Antragstellerin gebucht wird. Die Klägerin legte weiter die Einzugsermächtigung für die Beiträge der Eigentümergemeinschaft Y./Z. an die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau vom 17.08.2017 vor. Danach werden die Beiträge vom Konto der Antragstellerin Nr. X. bei der P.-Bank abg...