Entscheidungsstichwort (Thema)
Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Hinzuverdienst. Maßgeblichkeit der steuerrechtlichen Zuordnung für die Bewertung von Einkommen als Arbeitseinkommen aus selbstständiger Tätigkeit
Orientierungssatz
§ 15 Abs 1 S 2 SGB 4 ist dahingehend zu verstehen, dass die steuerrechtliche Zuordnung nicht nur für die Höhe des als Arbeitseinkommens zu wertenden Einkommens, sondern auch für die Bewertung von Einkommen als Arbeitseinkommen aus selbstständiger Tätigkeit maßgeblich sein soll (Anschluss an BSG vom 7.10.2004 - B 13 RJ 13/04 R = BSGE 93, 226 = SozR 4-2400 § 15 Nr 2).
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist die Frage, ob die dem Kläger bereits bewilligte Erwerbsminderungsrente im Zeitraum Juni 2009 bis Juni 2012 wegen Berücksichtigung von Hinzuverdienst nicht zu zahlen ist.
Der Kläger war Inhaber einer Bäckerei. Am 09.06.2006 beantragte er die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Diese wurde schließlich mit Bescheid vom 25.07.2011 rückwirkend ab 01.06.2009 bewilligt. Die Rente sei ab Rentenbeginn nicht zu zahlen, da das Arbeitseinkommen des Klägers alle Hinzuverdienstgrenzen überschreite. Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 15.08.2011 Widerspruch ein. Er habe im fraglichen Zeitraum kein Arbeitseinkommen erzielt, da er wegen seiner Erkrankung nicht in der Lage gewesen sei zu arbeiten. Die von der Beklagten berücksichtigten Einkünfte aus Gewerbebetrieb seien nicht ihm, sondern seiner Ehefrau und seinen Kindern zuzuschreiben, da diese den Betrieb der Bäckerei aufrecht erhalten habe. Er selbst sei dazu nicht in der Lage gewesen. Mit Widerspruchsbescheid vom 14.02.2012 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Die Beurteilung, ob Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit vorliegt, richte sich nach § 15 SGB IV. Hiernach sei Arbeitseinkommen der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommenssteuerrechtes ermittelte Gewinn aus einer selbstständigen Tätigkeit. Einkommen sei als Arbeitseinkommen im Sinne des § 96a SGB VI zu werten, wenn es als solches nach dem Einkommensteuerrecht zu bewerten sei. Zum Arbeitseinkommen gehörten unter anderem Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Es sei unerheblich, ob eine selbstständige Tätigkeit tatsächlich ausgeübt werde. Für die Berücksichtigung von Arbeitseinkommen reiche es nach § 15 Abs. 1 S. 2 SGB IV aus, dass es einkommensteuerrechtlich als Einkünfte aus Gewerbebetrieb bewertet werde. Bei der Ermittlung des zu berücksichtigenden Hinzuverdienstes sei vom steuerlichen Gewinn aus der selbstständigen Tätigkeit auszugehen. Zuständig für Ermittlung und Feststellung im Bereich des Einkommensteuergesetzes seien die Finanzbehörden. Der Rentenversicherungsträger sei diesbezüglich an die Feststellungen der Finanzbehörde gebunden. Der steuerrechtliche Gewinn sei im Einkommensteuerbescheid ausgewiesen. Aus den Einkommensteuerbescheiden des Klägers für die Jahre 2008 und 2009 die hervor, dass die Finanzbehörde die Einkünfte aus Gewerbebetrieb dem Kläger zuordne und nicht der Ehefrau. Für die Ermittlung des Hinzuverdienstes aus selbstständiger Tätigkeit sei analog § 165 SGB VI ein Zwölftel des Jahreseinkommens gemäß dem entsprechenden Einkommensteuerbescheid in Ansatz zu bringen, soweit kein Nachweis des monatlichen Arbeitseinkommens erfolge. Danach ergebe sich für die Zeit ab 1.6.2009 ein pauschalierter Betrag in Höhe von 2597, 83 Euro und ab 1.1.2010 in Höhe von 3121,58 €. Die Hinzuverdienstgrenze für die Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von einem Viertel habe ab 1.6.2009 bei 1058,40 € und ab 1.1.2010 bei 1073,10 € gelegen. Ab dem 1.6.2009 bestehe damit wegen Überschreitens sämtlicher Hinzuverdienstgrenzen kein zahlbarer Rentenanspruch. Der angefochtene Bescheid sei somit nicht zu beanstanden.
Hiergegen richtet sich die am 8.3.2012 bei Gericht eingegangene Klage. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren. Er sei seit vielen Jahren alkoholkrank und erbringe deshalb überhaupt keine Arbeitsleistung näher. Die unter seinem Namen geführte Bäckerei werde ausschließlich durch die Ehefrau und die Kinder geführt. Er selbst sei mindestens seit 2008 hierzu nicht mehr in der Lage. Um sich finanziell über Wasser zu halten, hätten die Ehefrau und die Kinder des Klägers die Bäckerei weiterbetrieben. Sie hätten dabei allerdings den Fehler gemacht, ihre Arbeitsleistung nicht betriebswirtschaftlich zu dokumentieren. Die Ehefrau habe sich kein eigenes Gehalt ausgezahlt. Wenn die Rente nicht ausgezahlt werde, würden die Eheleute doppelt bestraft. Die Ehefrau des Klägers habe keinen Gehalt erhalten und der Kläger selbst bekommen nun auch keine Rente dies widerspräche dem Sinn und Zweck des Rentensystems.
Im Übrigen habe der Kläger das Gewerbe zum 30.06.2012 abgemeldet.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 25.07.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.02.2...