Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Zusicherung der Berücksichtigung der Aufwendungen für eine neue Unterkunft. unzulässige Verbindung mit Maßgaben auf das Erreichen oder Nichtüberschreiten von Grenzwerten. angemessene Unterkunftskosten. Festlegung eines örtlichen Vergleichsraums. Regulierungs- und Planungsermessen des Grundsicherungsträgers. Abstellen auf den Wohnort des Arbeitsuchenden bei Fehlen eines schlüssigen Konzepts. Kostensenkungsaufforderung. keine Rückwirkung. fehlerhaft bei Nichterkennbarkeit des Grenzwertes
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Festlegung eines örtlichen Vergleichsraums besteht ein dem Regulierungs- und Planungsermessen vergleichbarer Spielraum des Leistungsträgers.
2. Fehlen jegliche Überlegungen zur Wahl des örtlichen Vergleichsraums, ist in erster Linie auf den Wohnort des Hilfesuchenden abzustellen.
3. Eine Kostensenkungsaufforderung kann nicht rückwirkend erfolgen.
4. Eine fehlerhafte Kostensenkungsaufforderung, die den Grenzwert für die konkrete Lebenssituation der Hilfesuchenden nicht erkennbar macht, ist kraftlos.
Orientierungssatz
1. Eine Zusicherung, die mit Maßgaben auf das Erreichen oder Nichtüberschreiten von Grenzwerten verbunden ist, ist im Gesetz nicht vorgehen. Ebenso wenig wie die Feststellung einer Anspruchsvoraussetzung für einen höheren Leistungsanspruch Gegenstand der Zusicherung sein kann, gilt dies spiegelbildlich für eine Beschränkung oder Deckelung des Leistungsanspruchs.
2. Az beim LSG Schleswig: L 6 AS 45/15.
Tenor
Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 23.12.2010, 26.03.2011 und 31.05.2011 in der Fassung Widerspruchsbescheids vom 07.06.2011,
sowie
unter Abänderung des Bescheides vom 2.2.2011, 26.03.2011 und 31.05.2011 sowie des Widerspruchsbescheids vom 07.06.2011 (W589)
verurteilt,
den Klägern in den Bewilligungszeiträumen
vom 01.02.2011 bis 28.02.2011
und
01.03.2011 bis 31.08.2011 Kosten der Unterkunft unter Berücksichtigung einer monatlichen Bruttokaltmiete von 551,10 Euro zu zahlen.
Die außergerichtlichen Kosten der Kläger trägt der Beklagte.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Zahlung höherer Kosten der Unterkunft für ihre ehemalige Wohnung ... 13 in P...
Die im Leistungsbezug des Beklagten stehende Klägerin bewohnte mit ihrem im Leistungsbezug stehende Sohn S... seit 01.07.2009 eine 67,79m² große 3-Zimmer Wohnung mit der EinheitNr. …/…/03 unter der Adresse ... 13 in P...
Mit vorläufigem Bescheid vom 23.12.2010 nahm der Beklagte zum 01.02.2011 eine Neuberechnung der Heizkosten vor und gewährte den Klägern monatlich 65,89 Euro und legte hierbei Gesamtkosten für Unterkunft und Heizung von monatlich 511,89 Euro zugrunde.
Hiergegen erhoben die Kläger am 27.01.2011 Widerspruch. Zur Begründung trugen sie später vor, solange der Beklagte nicht erkläre, notwendige Umzugskosten und Maklerkosten aufgrund bevorstehenden Auszugs des Sohnes ggf. zweimal zu tragen sei die Klägerin im Unklaren über die Möglichkeiten einer Kostensenkung.
Mit Änderungsbescheid vom 31.05.2011 gewährte der Beklagte den Klägern für den Monat Februar 2011 die tatsächlich nachgewiesenen Heizkosten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 07.06.2011 wies der Beklagte den Widerspruch als im Übrigen unbegründet zurück.
Bereits mit Schreiben vom 15.06.2009 sei die Klägerin vor der Anmietung der Wohnung ... 13 mitgeteilt worden, dass lediglich Unterkunftskosten in angemessener Höhe von 446 Euro und nicht in tatsächlicher Höhe von 535 Euro und nunmehr 556 Euro übernommen würden.
Die Zustimmung zur Anmietung sei nur unter der Maßgabe erteilt worden, dass der verbleibende Betrag von 89,00 Euro bzw. nun 110,00 Euro selbst getragen werde. Laut Mietwerterhebung 2010 liege der angemessene Betrag für einen Zwei-Personen Haushalt bei lediglich 413 Euro. Durch Zahlung von 446 Euro sei die Bedarfsgemeinschaft bereits besser gestellt.
Seit Bezug der Wohnung ... 13 in P... am 01.07.2009 habe ausreichend Zeit, angemessenen Wohnraum zu finden bestanden. Bemühungen seien nicht nachgewiesen.
Hiergegen haben die Kläger am 07.07.2011 Klage (S 14 AS 968/11) erhoben.
Sie tragen vor, der Beklagte trage zu Unrecht nicht die anfallenden Wohnkosten. Die Unterkunftskostenbegrenzung sei unzulässig. Ein Mietspiegel existiere für P... nicht. Die Mietwerterhebung des Kreises P... sei nicht von ausreichenden Erkenntnisgrundlagen getragen. Die Wohnkosten überstiegen den Betrag aus § 12 Wohngeldgesetz nur mäßig nämlich um knapp 11%. Ein Sicherheitsaufschlag von 10% sei in jeden Fall vorzunehmen.
Mit Bescheid vom 02.02.2011 gewährte der Beklagte der Bedarfsgemeinschaft für den Zeitraum März bis August 2011 monatlich 511,89 Euro als Kosten der Unterkunft. Hiergegen erhoben die Kläger am 25.02.2011 Widerspruch, weil die gesamten Kosten der Unterkunft nicht übernommen würden.
Mit Änderungsbescheid vom 31.05.2011 gewährte der Beklagte der Bedarfsgemeinschaft die tatsächlichen monatlichen Heizkosten für den Zeitraum März 2011 bis August 2011.
Mit Widerspruchsbescheid vom 07.06.2011 (W 889/...