Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. keine Kostenerstattung für Brustverkleinerungsoperation
Leitsatz (amtlich)
Die Brustgröße allein bedingt noch keine behandlungsbedürftige Krankheit iS der gesetzlichen Krankenversicherung.
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Kostenerstattung für eine Brustverkleinerung.
Die … Klägerin ist Leiterin Vermietung und Verkauf in einem Immobilienservice. Am 15.04.2003 beantragte der Frauenarzt Dr. ... die Kostenübernahme für eine Mammareduktionsplastik wegen Beschwerden der Klägerin im Schulter- und Halswirbelsäulenbereich und Schlaffheit der Mammae. Über entsprechende Risiken der Operation habe er aufgeklärt. Sie fühle sich aufgrund ihrer Brustweite im öffentlichen Leben gehemmt.
Die Beklagte holte daraufhin ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) von Frau Dr. … vom 29.04.2003 ein. Danach bestehe kein regelwidriger Körperzustand, der einer operativen Korrektur bedürfe. Sie leide unter Übergewicht (Größe: 160 cm, Gewicht: 73 kg, BMI (Body-Maß-Index): 28). Sie trage Büstenhalter (BH) Größe 80 F. Sie empfehle eine Gewichtsreduktion zur Linderung der orthopädischen Beschwerden, die Mitbehandlung durch einen Orthopäden und Physiotherapie .
Durch Bescheid vom 05.05.2003 wies die Beklagte unter Bezugnahme auf dieses Gutachten den Antrag ab.
Hiergegen legte die Klägerin am 13.05.2003 Widerspruch ein. Die Untersuchung beim MDK habe sie als “anmaßend„ und demütigend empfunden. Sie habe aufgrund ihrer Brustgröße Schlafprobleme und treibe deswegen keinen Sport mehr. Die Gewichtszunahme hänge mit ihrem eingestellten Nikotinabusus zusammen. Die empfohlene Rückenschule beseitige ihre Probleme nicht. Im Übrigen sei sie seit vielen Jahren zahlendes Mitglied der Beklagten.
Laut Stellungnahme des behandelnden Orthopäden Dr. N. vom 27.05.2003 werde eine Verkleinerungsoperation wegen statischer Überbelastung und chronischer Beschwerden der Brustwirbelsäule dringend empfohlen.
In einem weiteren Gutachten des MDK führte Frau Dr. R. am 17.07.2003 aus, dass eine Brustverkleinerungsoperation nur die “ultima ratio„ sein könne. Es bestehe eine hypotrophe Rückenmuskulatur sowie mittelgradige Verspannungen im Schulter- und Nackenbereich.
Nach einer Stellungnahme des Allgemeinmediziners und Sportarztes Dr. K. vom 22.08.2003 bestehe bei der Klägerin mittlerweile ein chronifiziertes depressives Syndrom aufgrund einer Selbstwertstörung und Unsicherheitsgefühl. Dieses beruhe auf vertebragenen Schmerzen bei Hypertrophie der mammae, weshalb eine Brustverkleinerung dringend angeraten werde.
Durch Widerspruchsbescheid vom 12.11.2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Medizinische Maßnahmen seien nicht erforderlich. Bei psychischen Störungen kämen Mittel der Psychiatrie und Psychotherapie in Betracht. Es bestehe keine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass die Rückenschmerzen auf die Brustgröße zurückzuführen seien. Ein Rechtsanspruch auf Kostenübernahme für einen operativen Eingriff in einen im Normbereich liegenden Körperzustand gäbe es nicht. Eine Kulanzentscheidung sei nicht möglich, da Leistungen nur innerhalb des gesetzlichen Rahmens erbracht werden könnten.
Die Klägerin hat deswegen am 03.12.2003 Klage zum Sozialgericht Leipzig erhoben. In ihrer Begründung vom 01.07.2004 führt sie aus, dass ihr Sport wegen Schmerzen der Brüste nicht mehr möglich sei. Ihre berufliche Tätigkeit als Maklerin und Hausverwalterin werde hierdurch eingeschränkt. Durch eine Operation würde sie von den Schmerzen befreit. Die von der Beklagten vorgeschlagenen Maßnahmen dienten lediglich der Behandlung von Symptomen, beseitigten jedoch nicht deren Ursache.
Das Gericht hat eingeholt Befundberichte von Dr. N. vom 09.07.2004, vom Allgemeinmediziner Dr. B. vom 21.07.2004, dem ein Befund der Radiologin Schrödter vom 03.12.2003 beigefügt worden war, sowie von Dr. S. vom 12.08.2004.
Mit Beweisanordnung vom 08.12.2004 hat das Gericht Frau Dr. K.-M. mit der Erstellung eines orthopädischen Gutachtens beauftragt.
Mit weiterer Beweisanordnung vom 01.12.2005 hat das Gericht auf Antrag der Klägerin Dr. S. mit einem weiteren Gutachten beauftragt. Auf dessen Antrag hin hat ihn das Gericht statt dessen mit einer gutachterlichen Stellungnahme beauftragt.
Ausweislich der Rechnung vom 08.03.2005 nahm die Klinik “…„ GmbH am 14.04.2005 den operativen Eingriff an der Brust vor.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 05.05.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.11.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für eine Mammareduktionsplastik gemäß Kostenrechnung vom 08.02.2005 der Klinik “...„ GmbH in Höhe von 4000,00 € (Rechnungsnummer ...) zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt, eine Gerichtsakte sowie ein Verwaltungsvorgang der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung...