Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen
Leitsatz (redaktionell)
Die Voraussetzungen der Geschäftsveräußerung im Ganzen wurden bisher nur in Fällen, in denen der Geschäftsbetrieb oder ein Teilbetrieb auf ein Umsatzsteuersubjekt übertragen wurde, das den übertragenen (Teil-)Betrieb weiterführte, als erfüllt angesehen. Es ist jedoch, ausgehend vom Zweck der Vorschrift des Art. 19 MwStSystRL, die Übertragung von Unternehmen oder Unternehmensteilen zu erleichtern und zu vereinfachen, und unter Beachtung des Grundsatzes der Neutralität der Umsatzsteuer nicht anders zu entscheiden, wenn der Geschäftsbetrieb zwar auf mehrere Umsatzsteuersubjekte übertragen wird, diese aber den früheren Geschäftsbetrieb in der bisherigen Form nur gemeinsam weiterführen können und dies auch tun.
Normenkette
UStG § 1 Abs. 1a Sätze 1-3; MwStSystRL Art. 19
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegt.
Der Kläger betrieb seit über 30 Jahren und auch in den Streitjahren ein Bauunternehmen (Eintragung Handelsregister des AG F. ... vom 10.09.1976, Gewerbeabmeldung vom 10.01.2007: "Fuhrunternehmen, Baggerbetrieb"). Die Umsatzsteuererklärung 2005 ging am 24.01 .2007 beim Finanzamt ein, die Umsatzsteuererklärung 2006 am 28.04.2008. Die Erklärungen wurden ohne Abweichung verarbeitet. Sie standen damit einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich, §§ 168, 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO).
Zum 31.12.2006 wurde das Einzelunternehmen in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) und eine GmbH & Co. KG aufgeteilt. Einzelheiten ergeben sich aus dem privatschriftlichen Vertrag vom 21.11.2006, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. Nach diesem Vertrag hat der Kläger zunächst eine bereits bestehende GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin ohne Kapitaleinlage in sein Einzelunternehmen aufgenommen (dort 11.1). Gesellschafter und Geschäftsführer der GmbH waren der Kläger und seine beiden Söhne. Sodann wurde seine Beteiligung in eine Kommanditbeteiligung umgewandelt (11.2). Die Haftsumme von 25.000 € sollte dadurch erbracht werden, dass der Kläger das bisher von ihm allein betriebene Einzelunternehmen, jedoch ohne das gesamte Anlagevermögen gemäß § 266 Abs. 2 Buchst. a Handelsgesetzbuch (HGB), in die Gesellschaft einbringt. Anschließend schenkte und übereignete er jeweils einen Anteil seiner Kommanditbeteiligung i.H.v. 10.000 € an jeden seiner beiden Söhne, so dass sich ein Beteiligungsverhältnis von 20:40:40 ergab. Schließlich beteiligte er seine beiden Söhne in gesamthänderischer Verbundenheit an dem nicht in die Kommanditgesellschaft (KG) eingebrachten Anlagevermögen, indem er es in die mit den Söhnen gegründete GbR einbrachte und diesen jeweils so viele Teile des gesamthänderisch gebundenen Vermögens schenkte und übertrug, dass sich auch in der GbR ein Beteiligungsverhältnis von 20:40:40 ergab (1V.1-3). Abschließend (1V.4) vereinbarten die Vertreter von GbR und KG, dass die GbR der KG "das dieser vorenthaltene und vom Vertragsschließenden zu 1 [dem Kläger] in die Gesellschaft bürgerlichen Rechts eingebrachte Betriebsvermögen unentgeltlich zur uneingeschränkten Nutzung überlassen wird." Gesellschaftszweck der KG ist nach § 2 des Gesellschaftsvertrags (Anlage 1 zum Vertrag vom 21.11.2006): Tiefbau, Fuhrunternehmen, Baustoffhandel, Erdbewegungen. Gesellschaftszweck der GbR ist nach § 2 des Gesellschaftsvertrags (Anlage 2 zum Vertrag vom 21.11.2006) die unentgeltliche Überlassung des sich im Gesellschaftsvermögen befindlichen Betriebsvermögens an die KG, sowie dessen Erhalt und Pflege.
Im Jahr 2009 fand beim Kläger für die Jahre 2004 bis 2006 eine Betriebsprüfung statt (Betriebsprüfungsbericht vom 28.10.2009). Der Prüfer traf u.a. folgende Feststellungen:
Umsatzsteuer 2006 :
- Die Einbringung des Anlagevermögens des Einzelunternehmens "J. G." in die "G. Betriebsvermögens-GbR" (im Folgenden "GbR") und des restlichen Betriebsvermögens in die "G. GmbH & Co. KG" (im Folgenden "KG") stelle keine Geschäftsveräußerung im Ganzen gemäß § 1 Abs. 1a UStG dar. Die einzelnen Einbringungen seien als steuerpflichtige Umsätze zu behandeln (Tz. 5.1 und 5.2 Prüfungsbericht). Dies führe zu einer Erhöhung der steuerpflichtigen Umsätze um 233.447 € aus der Einbringung in die GbR und 82.956 € aus der Einbringung in die KG.
- Der Kläger hatte im Jahr 2004 für 90.101,40 € eine Photovoltaikanlage gekauft und dafür Vorsteuer i.H.v. 14.416,22 € geltend gemacht. Geplant war eine Verwendung für 60 Monate; tatsächlich wurde die Anlage nur von 01.09 .2004 bis 31.12.2006 für das Unternehmen des Klägers genutzt. Danach wurde sie nach den Feststellungen des Prüfers unentgeltlich der KG überlassen. Die GbR erzielte keine Einnahmen aus der Energieeinspeisung. Der Prüfer berichtigte deshalb die Vorsteuer nach § 15a Umsatzsteuergesetz (UStG) um insgesamt 8.988,50 € (Tz. 5.4 und 5.5 Prüfungsbericht).
- Die Vorsteuer i.H.v...