Entscheidungsstichwort (Thema)
Altersrente, Ausschlussgrund, Erstattung, Rehabilitation, Teilhabe,. Zuständiger Rehabilitationsträger. Anschlussheilbehandlung. Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit
Leitsatz (amtlich)
Die erklärte Absicht, in absehbarer Zeit Altersrente zu beantragen, ist per se kein Grund für die Ablehnung von Leistungen zur Teilhabe gemäß §§ 9 ff. Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch, SGB VI.
Normenkette
SGB IX § 14 Abs. 2, 4 S. 1; SGB VI §§ 9, 12 Abs. 1 Nr. 2; SGB V § 40 Abs. 4
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten und Berufungsklägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 7. August 2012 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte und Berufungsklägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin oder die Beklagte zuständiger Kostenträger einer stationären Heilbehandlung ist.
Der 1945 geborene Versicherte (A.,) hatte während eines stationären Aufenthaltes vom 15. bis 22.09.2009 in der "K.-Klinik ", Fachklinik für Kardiologie in B. L., wo er sich einer Herzoperation unterziehen musste, am 17.09.2009 zur Beklagten und Berufungsklägerin einen Antrag auf Anschlussheilbehandlung gestellt. Im Antragsformular hatte er hierbei angegeben, dass er als Facharbeiter eine Ganztagsbeschäftigung ausübe. Angaben zu einem (laufenden bzw. beabsichtigten) Rentenbezug enthält das Antragsformular nicht.
Am 22.09.2009 kontaktierte der zuständige Sachbearbeiter der Beklagten den Versicherten telefonisch und erhielt von ihm die Auskunft, dass er mit Vollendung des 65. Lebensjahres Altersrente beanspruchen werde. Entsprechend ihrer Dienstanweisung (u.a. Beschluss der "Norddeutschen Rentenversicherungsträger" vom 06./07.05.2009), wonach bei einer beabsichtigten Altersrentenantragstellung (bzw. bei einem Rentenbeginn) innerhalb von sechs Monaten der Reha-Antrag gegebenenfalls an die gesetzliche Krankenversicherung abzugeben sei, leitete die Beklagte bereits am 22.09.2009 den Antrag des Versicherten nach § 14 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch SGB IX an die Klägerin mit der Begründung weiter, der Versicherte könne "auch nach Durchführung der Reha-Leistung nicht noch eine gewisse Zeit einer Erwerbstätigkeit nachgehen", so dass ihre Zuständigkeit nach §§ 9, 10 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch, SGB VI, nicht gegeben sei. Hierauf gewährte die Klägerin dem Versicherten vom 22.09.2009 bis 13.10.2009 in der K.-Klinik die beantragte stationäre Anschlussheilbehandlung.
Noch während des laufenden Heilverfahrens widersprach die Klägerin mit Schreiben vom 12.10.2009 der Rechtsansicht der Beklagten, wonach die Krankenversicherung und nicht die Rentenversicherung der zuständige Leistungsträger sei. Zur Begründung führte sie aus, der Versicherte habe zum Zeitpunkt der Reha- Antragstellung weder die Altersrente bezogen noch beantragt. Laut herrschender Kommentierung zu § 12 SGB VI reiche es nicht aus, wenn der Versicherte nur beabsichtige, Altersrente zu beantragen.
Am 02.11.2009 beantragte der Versicherte schließlich Regelaltersrente, die ihm von der Beklagten ab 01.02.2010 zuerkannt wurde.
Nachdem die Beklagte zuletzt mit Schreiben vom 15.01.2010 die Kostenerstattung abgelehnt hatte, erhob die Krankenkasse (BKK) gegen die Deutsche Rentenversicherung (Braunschweig-Hannover) am 11.02.2010 zum SG München allgemeine Leistungsklage auf Erstattung eines Betrages in Höhe von 2.249,68 EUR. Sie führte aus, dass der Versicherte am 17.09.2009 zur Beklagten Antrag auf eine Anschlussheilbehandlung gestellt habe, den diese fristgerecht "aber unzutreffend" an die Klägerin weitergeleitet habe. Diese habe mit Schreiben vom 23.09.2009 als "zweitangegangener Träger" die vom 22.09. bis 13.10.2009 durchgeführte Leistung bewilligt und gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 12.10.2009 ihren Erstattungsanspruch nach § 14 SGB IX, angemeldet. Da die Beklagte die Erstattung unter Hinweis auf § 12 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI weiterhin ablehne, der Versicherte aber bei Durchführung der Reha- Leistung weder Altersrente bezogen noch beantragt habe, sei Klage geboten. Denn eine jederzeit widerrufbare Absichtserklärung könne einer Antragstellung im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI nicht gleichgestellt werden.
Die Beklagte berief sich demgegenüber auf den Ausschlussgrund nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI sowie auf den Wiedereingliederungsgedanken (iSd §§ 9 ff. SGB VI), der bei einem alsbald beabsichtigten Altersrentenantrag nicht mehr realisierbar sei.
Auf die mündliche Verhandlung vom 07.08.2012 hat das SG die Beklagte zur Erstattung des geforderten Betrages und zur Kostentragung für das Verfahren verurteilt sowie die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen. Die Klägerin habe nach § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX einen Erstattungsanspruch gegen die für die Rehabilitationsleistung zuständige Beklagte. Die reine Absichtserklärung, innerhalb von sechs Monaten eine Altersrente zu beantragen, sei kein Ausschlussgrund im Sinne von § 12 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI, zumal von der Absicht der Antragstellung, gegeben...