Jean Bramburger-Schwirkslies
Insbesondere zu Beginn der Ausgabe erster Fördermittel für Unternehmen (Soforthilfen, Überbrückungshilfe I o. ä.) aufgrund der Corona-Pandemie, waren die Förderungsbedingen nicht immer eindeutig und klar geregelt und es kam zu späteren Anpassungen. Auch wurden viele Corona-Finanzhilfen zur Beschleunigung der Auszahlung ohne (tiefgreifende) Prüfung der Anträge ausgezahlt. Dies hat nicht nur die Tür für Subventionsbetrüger geöffnet. Auch rechtschaffene Unternehmer waren nicht davor gefeit, dass es nach späterer Klarstellung und Anpassung der Förderbedingungen zu Rückzahlungsforderungen von staatlicher Seite aus kam. Erfolgten die Rückforderungen nicht im gleichen Jahr wie die Auszahlung der Finanzhilfen, ist daher – unabhängig ob ein persönliches Verschulden des Unternehmers vorliegt oder nicht – zum Jahresabschluss die Wahrscheinlichkeit einer etwaigen Rückzahlungsverpflichtung näher zu betrachten.
Zu unterscheiden sind hier zwei mögliche Konstellationen:
5.1 Rückforderungsbescheid liegt vor
Liegt dem Unternehmer bereits zum Ende des Wirtschaftsjahres ein Rückforderungsbescheid zur erhaltenen Corona-Finanzhilfe (z. B. Soforthilfe) vor, ist den Behörden die Unrechtmäßigkeit der Auszahlung der Finanzhilfe bereits bekannt. Soweit zum Abschlussstichtag durch den Unternehmer nunmehr aber die Zahlung noch nicht erbracht wurde, besteht für ihn eine sonstige Verbindlichkeit gegenüber der Behörde, da sowohl Höhe, Zeitpunkt als auch Art der Verbindlichkeit bereits zum Abschlussstichtag bekannt sind. Der Unternehmer hat somit in seinem Jahresabschluss eine sonstige Verbindlichkeit zu passivieren.
Rückforderung von Corona-Soforthilfe
Einzelunternehmer Pots hat zu Beginn der Corona-Pandemie eine Auszahlung aus der Soforthilfe i. H. v. 10.000 EUR im Mai 00 erhalten. Im Rahmen der Antragstellung gleich zu Beginn der ersten Lockdown-Vorschriften waren noch nicht alle Voraussetzungen für den Erhalt der Hilfen bekannt. Nachdem die Voraussetzungen neu veröffentlicht wurden, hat Pots im August 00 einen Änderungsantrag gestellt. Es ergab sich dem nach ein Rückforderungsbetrag i. H. v. 2.000 EUR. Der Rückforderungsbescheid ging Pots noch am 20.12.00 zu und der Betrag wurde am 03.01.01 zurückgezahlt. Pots bildet den Vorfall in seiner Buchhaltung wie folgt ab:
1. Erhalt der Sofortprämie im Mai 00:
Konto SKR 03/04 Soll |
Kontenbezeichnung |
Betrag |
Konto SKR 03/04 Haben |
Kontenbezeichnung |
Betrag |
1200/1800 |
Bank |
10.000 |
2709/4839 |
Sonstige Erträge unregelmäßig |
10.000 |
2. Erhalt Rückzahlungsbescheid im Dezember 00:
Konto SKR 03/04 Soll |
Kontenbezeichnung |
Betrag |
Konto SKR 03/04 Haben |
Kontenbezeichnung |
Betrag |
2709/4839 |
Sonstige Erträge unregelmäßig |
2.000 |
1700/3500 |
Sonstige Verbindlichkeiten |
2.000 |
3. Rückzahlung im Januar 01:
Konto SKR 03/04 Soll |
Kontenbezeichnung |
Betrag |
Konto SKR 03/04 Haben |
Kontenbezeichnung |
Betrag |
1700/3500 |
Sonstige Verbindlichkeiten |
2.000 |
1200/1800 |
Bank |
2.000 |
Auch durch zur Zahlung verpflichtende Urteile ist eine sonstige Verbindlichkeit zu buchen
Gleiches gilt im Falle von vorliegenden Gerichtsurteilen am Abschlussstichtag, welche den Unternehmer zur Zahlung verpflichten. Auch diese bilden die Grundlage für die Bilanzierung einer sonstigen Verbindlichkeit.
5.2 Es liegt kein Rückforderungsbescheid vor
Liegt dem Unternehmen ein Rückforderungsbescheid noch nicht vor und ist auch noch kein Gerichtsverfahren wegen vermuteter Unrechtmäßigkeit erhaltener Corona-Finanzhilfen anhängig, ist davon auszugehen, dass den Behörden zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt ist, dass eine unberechtigte Inanspruchnahme der Finanzhilfen vorliegt. Eine Inanspruchnahme des Unternehmers ist insoweit ungewiss, sodass hier lediglich die Bilanzierung einer Rückstellung für ungewisse Verpflichtungen zum tragen käme.
Für Rückstellungen aus ungewissen Verpflichtungen müssen gemäß der regelmäßigen Rechtsprechung des BFH 3 Kriterien am Abschlussstichtag erfüllt sein, die im Falle einer vorgenannten Rückforderung auch regelmäßig zu bejahen wären:
- Vorliegen einer Außenverpflichtung: Die Rückzahlungsverpflichtung besteht einem Dritten gegenüber (Behörde) und ist damit nach Außen gerichtet.
- Überwiegende Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme: Ist gegeben, da die Verpflichtung einer Behörde gegenüber besteht, die regelmäßig keinen Ermessensspielraum besitzt, sobald sie von der Unrechtmäßigkeit der Auszahlung der Finanzhilfen Kenntnis erlangt.
- Wirtschaftliche Verursachung vor dem Abschlussstichtag: Liegt ebenfalls vor. Mit Bewilligungsbescheid und Auszahlung der Finanzhilfe ist die Unrechtmäßigkeit der Inanspruchnahme formalrechtlich erfüllt.
Hinzu kommt aber, dass es sich bei den Corona-Finanzhilfen um öffentlich-rechtliche Verpflichtungen handelt, bei welchen gemäß Rechtsprechung des BFH und der Kommentierung strengere Regelungen für die etwaige Rückstellungsbildung zu beachten sind. Hiernach sind öffentlich-rechtliche Verpflichtungen nur dann ausreichend konkretisiert, um eine Rückstellungsbildung zu rechtfertigen, wenn
- Ein inhaltlich genau bestimmtes Handeln durch Gesetz vorgesehen ist,
- das innerhalb eines bestimmten Ze...