FinMin Sachsen-Anhalt, Erlaß v. 19.4.2018, 46 - S 2171 a - 14
Derzeit bieten Hersteller ihren Kunden anlässlich der Anschaffung eines Neufahrzeugs eine sog. Umwelt- oder auch Umtauschprämie an, wenn diese zugleich ihr Altfahrzeug – ein Dieselfahrzeug – entsorgen lassen. Die Prämie hat zum Ziel, dass die Kunden moderne und umweltbewusste Pkw anschaffen. Die Abwicklung der Prämie erfolgt über den Händler. Das Altfahrzeug muss ein Diesel der Abgasnormen EU 1 – 4 sein. Das Angebot richtet sich sowohl an private als auch gewerbliche Kunden.
Die Umwelt- oder Umtauschprämie ist ertragsteuerlich wie folgt zu beurteilen: Nach § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB sind Anschaffungskosten diejenigen Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können. Zu den Anschaffungskosten gehören nach § 255 Abs. 1 Satz 2 HGB auch die Nebenkosten sowie die nachträglichen Anschaffungskosten. Diejenigen Anschaffungspreisminderungen, die dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können, sind nach § 255 Abs. 1 Satz 3 HGB abzusetzen. Eine eigene Definition der Anschaffungskosten ist dem EStG nicht zu entnehmen, weshalb die zuvor genannten Regelungen gelten (vgl. H 6.2 „Anschaffungskosten” EStH 2017).
Ein Zuschuss ist ein Vermögensvorteil, den ein Zuschussgeber zur Förderung eines auch in seinem Interesse liegenden Zwecks dem Zuschussempfänger zuwendet (vgl. R 6.5 Abs. 1 EStR 2012). Sofern Anlagegüter mit Zuschüssen aus öffentlichen oder privaten Mitteln angeschafft oder hergestellt werden, hat die steuerpflichtige Person ein Wahlrecht: Sie kann die Zuschüsse als Betriebseinnahmen ansetzen. Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der betreffenden Wirtschaftsgüter bleiben insoweit unverändert. Die steuerpflichtige Person kann die Zuschüsse aber auch erfolgsneutral behandeln. Die Wirtschaftsgüter dürfen dann nur mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten bewertet werden, welche die steuerpflichtige Person selbst aufgewendet hat (vgl. R 6.5 Abs. 2 EStR 2012).
Einen Zuschuss kennzeichnet, dass ihn eine außerhalb des Anschaffungsgeschäfts stehende dritte Person gewährt. Er steht folglich nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Leistung des Zuschussempfängers. Bezüglich der Abgrenzung zwischen Zuschuss und Preisnachlass ist auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise abzustellen. Es kommt letztlich nicht darauf an, ob derjenige, der die Vergünstigung gewährt, formalrechtlich unmittelbar in die Rechtsbeziehungen des Anschaffungsgeschäfts einbezogen ist oder nicht, sondern wie sich die Rechtsbeziehungen für den Empfänger der Vergünstigung wirtschaftlich darstellen (vgl. BFH vom 22.4.1988, III R 54/83, BStBl 1988 II S. 901).
Die Umwelt- oder Umtauschprämie stellt eine Anschaffungspreisminderung i.S. des § 255 Abs. 1 Satz 3 HGB dar. Dies gilt sowohl bezüglich eines Pkw des Betriebs- als auch des Privatvermögens. Der Kunde schließt den Kaufvertrag im Allgemeinen mit dem Händler und nicht mit dem Hersteller, weshalb der Hersteller durchaus als außenstehende dritte Person zu betrachten ist. Maßgebend ist aber, wie sich die Rechtsbeziehungen für den Empfänger der Vergünstigung darstellen. Die tatsächliche Abwicklung der Prämie erfolgt über den Händler, weshalb sie aus der Sicht des Kunden in unmittelbarem Zusammenhang mit den Anschaffungskosten steht. Dem Kunden ist gleichgültig oder unbekannt, ob letztlich der Hersteller oder der Händler die Prämie wirtschaftlich trägt. Entscheidend aus der Sicht des Kunden ist die Anschaffungspreisminderung. Deshalb steht Letztere aus der Sicht des Kunden im unmittelbaren Zusammenhang mit der Anschaffung des Neufahrzeugs und der Verschrottung des Altfahrzeugs.
Demgegenüber stellte die sog. Abwrackprämie ertragsteuerlich einen Zuschuss dar. Es handelte sich um eine Prämie, welche zeitlich begrenzt unter bestimmten Bedingungen anlässlich der Verschrottung eines Altfahrzeugs und der gleichzeitigen Zulassung eines Neufahrzeugs gewährt worden ist. Sie war auf Antrag vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle auszuzahlen. Letzteres war in den Anschaffungsvorgang nicht eingebunden. Die Förderung eines Fahrzeugs des Betriebsvermögens war ausgeschlossen. Allerdings war nicht auszuschließen, dass irrtümlich eine Begünstigung erfolgte. Die Abwrackprämie war nach Auffassung der Verwaltung als Betriebseinnahme zu erfassen. Außerdem war sie der Ansicht, dass insoweit ein Zuschuss gegeben sei. Der Zufluss der Prämie im Privatvermögen war nicht steuerbar.
Normenkette
HGB § 255 Abs. 1
EStG § 6