Entscheidungsstichwort (Thema)
Zolltarif, Tarifierung, Unterposition 8543 70 90, Elektrische Maschinen, Apparate und Geräte mit eigener Funktion, Elektronische Bücher mit Übersetzungs- oder Wörterbuchfunktion
Leitsatz (amtlich)
Die Kombinierte Nomenklatur in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif in der Fassung der Verordnung (EU) Nr. 861/2010 der Kommission vom 5. Oktober 2010 ist dahin auszulegen, dass ein Lesegerät für elektronische Bücher mit Übersetzungs- oder Wörterbuchfunktion, wenn es sich bei dieser Funktion nicht um seine Hauptfunktion handelt, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist, in die Unterposition 8543 70 90 und nicht in die Unterposition 8543 70 10 einzureihen ist.
Normenkette
EWGV 2658/87 Anhang I
Beteiligte
Verfahrensgang
Tatbestand
„Vorlage zur Vorabentscheidung ‐ Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 ‐ Zollunion und Gemeinsamer Zolltarif ‐ Kombinierte Nomenklatur ‐ Position 8543 70 ‐ Elektrische Maschinen, Apparate und Geräte, mit eigener Funktion, in Kapitel 85 der Kombinierten Nomenklatur anderweit weder genannt noch inbegriffen ‐ Unterpositionen 8543 70 10 und 8543 70 90 ‐ Lesegeräte für elektronische Bücher mit Übersetzungs- oder Wörterbuchfunktion“
In der Rechtssache C-58/14
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesfinanzhof (Deutschland) mit Entscheidung vom 12. November 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 6. Februar 2014, in dem Verfahren
Hauptzollamt Hannover
gegen
Amazon EU Sàrl
erlässt
DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot sowie der Richter A. Arabadjiev und J. L. da Cruz Vilaça (Berichterstatter),
Generalanwalt: P. Cruz Villalón,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ des Hauptzollamts Hannover, vertreten durch T. Röper,
‐ der Amazon EU Sàrl, vertreten durch die Rechtsanwälte S. Maunz und H. Menzel,
‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Caeiros und B.-R. Killmann als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Unterpositionen 8543 70 10 und 8543 70 90 der Kombinierten Nomenklatur (im Folgenden: KN) in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. L 256, S. 1) in der Fassung der Verordnung (EU) Nr. 861/2010 der Kommission vom 5. Oktober 2010 (ABl. L 284, S. 1) (im Folgenden: Verordnung Nr. 2658/87).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Hauptzollamt Hannover (Deutschland) (im Folgenden: HZA) und der Amazon EU Sàrl (im Folgenden: Amazon) wegen der zolltariflichen Einreihung von Lesegeräten für elektronische Bücher in die KN.
Rechtlicher Rahmen
Rz. 3
Gemäß Art. 12 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2658/87 veröffentlicht die Europäische Kommission jährlich in Form einer Verordnung die vollständige Fassung der KN zusammen mit den Zollsätzen, wie sie sich aus den vom Rat der Europäischen Union oder von der Kommission beschlossenen Maßnahmen ergeben. Diese Verordnung gilt jeweils ab 1. Januar des folgenden Jahres.
Rz. 4
Auf das Ausgangsverfahren ist die sich aus der am 1. Januar 2011 in Kraft getretenen Verordnung Nr. 861/2010 ergebende Fassung der KN anwendbar.
Rz. 5
Teil I der KN enthält einführende Vorschriften. In dessen Titel I („Allgemeine Vorschriften“) heißt es in Abschnitt A („Allgemeine Vorschriften für die Auslegung der [KN]“):
„Für die Einreihung von Waren in die [KN] gelten folgende Grundsätze:
1. Die Überschriften der Abschnitte, Kapitel und Teilkapitel sind nur Hinweise. Maßgebend für die Einreihung sind der Wortlaut der Positionen und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln und ‐ soweit in den Positionen oder in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln nichts anderes bestimmt ist ‐ die nachstehenden Allgemeinen Vorschriften.
…
3. Kommen für die Einreihung von Waren bei Anwendung der Allgemeinen Vorschrift 2 b) oder in irgendeinem anderen Fall zwei oder mehr Positionen in Betracht, so wird wie folgt verfahren:
a) Die Position mit der genaueren Warenbezeichnung geht den Positionen mit allgemeiner Warenbezeichnung vor. Zwei oder mehr Positionen, von denen sich jede nur auf einen Teil der in einer gemischten oder zusammengesetzten Ware enthaltenen Stoffe oder nur auf einen oder mehrere Bestandteile einer für den Einzelverkauf aufgemachten Warenzusammenstellung bezieht, werden im Hinblick auf diese Waren als gleich genau betrachtet, selbst wenn eine von ihnen eine genauere oder vollständigere Warenbezeichnung enthält.
…
6. Maßgebend für die Einreihung von Waren in...