Entscheidungsstichwort (Thema)
Erste Tätigkeitsstätte eines Flugzeugführers in Betriebsgebäuden des Arbeitgebers am Flughafen nach dem ab 1.1.2014 gültigen neuen Reisekostenrecht
Leitsatz (redaktionell)
1. Ist der Steuerpflichtige als Flugzeugführer und als Trainer für ein Luftfahrtunternehmen tätig, das zusammen mit Tochterunternehmen über mehrere – unter anderem dem Flugbetrieb, einem Simulatortraining sowie der Fortbildung dienende – Betriebsgebäude innerhalb und außerhalb des Sicherheitsbereichs eines Flughafens verfügt, so können diese Betriebsgebäude eine einheitliche großräumige betriebliche Einrichtung die erste Tätigkeitsstätte des Steuerpflichtigen im Sinne des § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG darstellen, wenn die Gebäude in einem organisatorischen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit des Arbeitgebers bzw. der mit diesem verbundenen Unternehmen stehen und eine räumlich abgrenzbare funktionale betriebliche Einheit bilden.
2. Die funktionale betriebliche Einheit wird auch nicht dadurch aufgehoben, dass die Gebäude baulich und durch besondere Sicherheitsmaßnahmen voneinander getrennt sind.
3. Ist der Steuerpflichtige von seinem Arbeitgeber dem Flughafen dauerhaft zugeordnet worden, setzt eine erste Tätigkeitsstätte dort unter anderem voraus, dass der Arbeitnehmer am Ort der ersten Tätigkeitsstätte zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten zu erbringen hat, die er arbeitsvertraglich oder dienstrechtlich schuldet und die zu dem von ihm ausgeübten Berufsbild gehören. Das ist der Fall, wenn der Flugzeugführer in den Gebäuden des Arbeitgebers bzw. mit dem Arbeitgeber verbundener Unternehmen am Flughafen sowohl ein vom Arbeitgeber zusätzlich vergütetes Simulatortraining als Trainer sowie auch eigene Flugsimulationen durchgeführt als auch an eigenen Fortbildungen teilgenommen hat.
Normenkette
EStG 2014 § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 Sätze 1-2, Abs. 4 Sätze 1-2
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Der Kläger ist verheiratet und wird mit seiner Frau zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Er ist als Flugzeugführer bei einem Luftfahrtunternehmen XY angestellt.
Der Kläger begehrt den Abzug von Fahrtkosten zum Flughafen A in tatsächlicher Höhe.
Laut vorgelegtem Arbeitsvertrag vom XX.XX.1983 ist der Kläger dem „Beschäftigungsort” A zugewiesen.
Er gehört zudem zum qualifizierten Trainingspersonal eines Luftfahrtunternehmens XY (…) und bildet (…). Um als Trainer des Luftfahrtunternehmen XY tätig werden zu können, werden die geeigneten Piloten umfangreich fachlich und pädagogisch geschult. (…). Die so ausgebildeten und tätigen Mitarbeiter, also auch der Kläger, erhalten von dem Luftfahrtunternehmen XY eine variable Funktionszulage von ca. (…) Euro pro Monat für die übernommene Mehrarbeit, die im von der Luftfahrtunternehmen XY bezahlten Bruttogehalt der Jahresdienstbescheinigung enthalten ist. Die Prüferberechtigung wird vom Luftfahrtbundesamt erteilt. (…)
Neben den Abflugtagen ist der Kläger insbesondere wegen seiner Prüfungstätigkeit, eigenen Flugsimulationen, internen Fortbildungen und Vorträgen des Luftfahrtunternehmen XY nach A gefahren. Hierbei nutzte er entweder die Deutsche Bahn oder einen seiner privaten PKWs. Die Simulationen für sich und Dritte fanden jeweils im Gebäude der B GmbH, (…) in A, die Fortbildungen im Gebäude der C GmbH, (…) in A statt. Bei diesen Gesellschaften handelt es sich jeweils um Tochtergesellschaften des Luftfahrtunternehmens XY. Bei mehrtägigen Veranstaltungen bzw. sich anschließenden Abflügen übernachtete der Kläger teilweise im Hotel am Flughafen und pendelte am Flughafengelände mit seinem PKW.
Die Basisstation der Piloten des Luftfahrtunternehmens XY, die B GmbH einschließlich Schulungscenter, das Schulungszentrum der C GmbH, das Mitarbeiterparkhaus des Luftfahrtunternehmens XY und das Hotel (Teil des Terminal X) befinden sich auf bzw. in unmittelbarer Nähe zum Gelände des Flughafens A. Die Lage der einzelnen Objekte geht aus der Flughafenübersicht des Airport A hervor (…).
In den gemeinsam mit seiner Ehefrau für die Streitjahre eingereichten Einkommensteuererklärungen machte der Kläger bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit insgesamt 41 Hin- und Rückfahrten im Kalenderjahr 2014 (davon 22 Fahrten als „Zusatztage FG”), 59 Hin- und Rückfahrten im Kalenderjahr 2015 (davon 25 Fahrten als „Zusatztage FG”), 53 Hin- und Rückfahrten im Kalenderjahr 2016 (davon 27 Fahrten als „Zusatztage FG”), 56 Hin- und Rückfahrten im Kalenderjahr 2017 (davon 27 Fahrten als „Zusatztage FG”) zum Flughafen A (Entfernungsangabe 250 km) mit den tatsächlichen Kosten geltend.
Die Anzahl der Zusatzfahrten nach A begründete der Kläger mit einem im Kalenderjahr 2014 für die Streitjahre 2003 – 2006 abgeschlossenen finanzgerichtlichen Verfahren. Dort war eine „tatsächliche Verständigung” dahingehend getroffen worden, dass zusätzlich zu seinen laut Dienstplan nachgewiesenen Fahrten an den Abflugtagen weitere Fahrten zur Absolvierung von sonstigen Tätigk...