Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorschriftswidriges Verbringen eines Kraftfahrzeugs aus der Schweiz. Schuldner der Einfuhrabgaben
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Einfuhr eines in der Schweiz erworbenen Luxusautos durch den Schweizer Händler nach Deutschland zur Übergabe an einen Spediteur, der von der vom Erwerber mit der Abwicklung des Kaufs beauftragten Person beauftragt ist, das Fahrzeug auf einem Autotransporter nach Finnland zu dem Erwerber zu transportieren, kann nicht im Rahmen des Verfahrens der vorübergehenden Verwendung erfolgen, sondern hätte gegebenenfalls der Überführung in das Versandverfahren bedurft.
2. Die Verpflichtungen in Bezug auf das Verbringen der Ware – insbesondere die Gestellung – hatte der Schweizer Händler, der als Fahrer des Luxusautos das Fahrzeug unmittelbar in das Zollgebiet der Union verbrachte, und nicht der Erwerber zu erfüllen.
3. Der Umstand allein, dass der Erwerber einen Dritten beauftragt hatte, die Bedingungen für den Kauf des Luxusautos für ihn zu verhandeln und den Transport nach Finnland zu organisieren, genügt nicht für die Annahme, der Erwerber habe den Grund für das vorschriftswidrige Verbringen gesetzt. Der Erwerber ist daher nicht Schuldner der Einfuhrabgaben.
Normenkette
UZK Art. 250 Abs. 2, Art. 139 Abs. 1, Art. 158 Abs. 1, Art. 79 Abs. 1 Buchst. a; UZK-DelVO Art. 212 Abs. 2; UZK-DelVO Art. 219
Tenor
1. Der gegen den Kläger gerichtete Einfuhrabgabenbescheid vom 9. März 2017 (RKZ: […]) in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. Juli 2017 (GZ: […]) wird aufgehoben.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, hat der Kläger in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn der Kläger nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenanspruchs Sicherheit geleistet hat, §§ 151 FGO i.V.m. 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Festsetzung von Einfuhrabgaben für ein Kraftfahrzeug.
Der Kläger ist finnischer Staatsbürger. Zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Einfuhr hatte er seinen ersten Wohnsitz in der Schweiz, seit 2018 lebt er wieder in Finnland. Mit Kaufvertrag vom xx.xx. 2016 erwarb er ein Luxus-Fahrzeug vom Autohaus X AG, […] A, Schweiz. Der Kaufpreis betrug 267.690 CHF und sollte teilweise durch Inzahlunggabe seines gebrauchten BMW […] erbracht werden. Der Kläger, der sich im Urlaub in Finnland aufhielt, hatte mit der Abwicklung des Kaufs die Firma C in U, Finnland, beauftragt. Diese bzw. ihr Geschäftsführer Z verhandelte für den Kläger die Konditionen des Kaufvertrages und stimmte Details wie die Zulassung und den Transport des Fahrzeugs telefonisch und per E-Mail mit dem Sales Consultant des Autohauses X AG – Herrn S – ab. Am xx.xx. 2016 ließ S das Fahrzeug auf den Kläger in der Schweiz zu (Fahrzeugausweis, Bl. 39 HZA-Akte Heft I). Die Zulassung erfolgte auf das Wechselkennzeichen […], auf das bereits der BMW […] zugelassen war. Da der Kläger das Luxusauto an seinem Urlaubsort nutzen, dessen Laufleistung aber nicht erhöhen wollte, sollte das Fahrzeug nicht auf eigener Achse nach Finnland transportiert werden. C beauftragte daher das estnische Speditionsunternehmen D, in U, Estland, mit der Durchführung des Autotransports. In dem vom Kläger unterschriebenen Kaufvertrag wurde diesbezüglich unter „Bemerkungen und spezielle Abmachungen” vereinbart, dass die Fahrzeugübergabe (erg. an den Spediteur) voraussichtlich in K (Deutschland) stattfinde und das Luxusauto dorthin bewegt werde; der genaue Termin werde noch bekannt gegeben. In Finnland sollte das schweizerische Wechselkennzeichen montiert und das Luxusauto nach Beendigung seines Urlaubs vom Kläger wieder in die Schweiz ausgeführt werden.
Am xx.xx. 2016 fuhr S das Luxusauto von der Schweiz nach Deutschland, um ihn dort an den estnischen Transportunternehmer zu übergeben, der den weiteren Transport bis nach Finnland durchführen sollte. Er passierte hierbei den Grenzübergang G, ohne dass an der Grenze eine Zollabfertigung durchgeführt wurde. An dem Fahrzeug war zum Zeitpunkt der Einfuhr das schweizerische Garagenkennzeichen […] angebracht. Das Luxusauto wurde an dem vereinbarten Treffpunkt, einem ungefähr 2 km von der schweizerisch-deutschen Grenze entfernten Parkplatz in T, auf einen LKW mit der estnischen Zulassung […] verladen, nachdem S zuvor das schweizerische Garagenkennzeichen abmontiert hatte. Im Gegenzug wurde der in Zahlung genommene BMW […], den der Spediteur aus Finnland mitgebracht hatte, abgeladen und anschließend von S mit dem Garagenkennzeichen zur X AG in die Schweiz gefahren.
Offensichtlich wurde der Verladevorgang von Zollbeamten des Hauptzollamts (HZA) K beobachtet, die daraufhin eine Zollkontrol...