Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Aufhebung eines vom örtlich unzuständigen FA erlassenen Gewerbesteuer-Messbetragsbescheids bzw. Bescheids über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts. Gewerblichkeit der Vermietung von neun Ferienwohnungen. kein gewerblicher Grundstückshandel und keine Zugehörigkeit von drei nicht innerhalb von fünf Jahren wieder veräußerten Grundstücken zum Umlaufvermögen allein wegen einer Erlaubnis des Steuerpflichtigen nach § 34c GewO. keine Nachhaltigkeit infolge einmaliger erfolgloser Verkaufsveranstaltung
Leitsatz (redaktionell)
1. Das FG darf nach § 127 AO einen Verwaltungsakt grundsätzlich nicht allein wegen der örtlichen Unzuständigkeit des FA, das ihn erlassen hat, aufheben, sondern muss auch feststellen, ob materiell-rechtlich eine andere Entscheidung hätte getroffen werden können. Letzteres ist nur dann der Fall, wenn es sich um einen Ermessens-Verwaltungsakt i. S. von § 5 AO handelt oder dem FA bei seiner Entscheidung ein gerichtlich nicht nachprüfbarer Beurteilungsspielraum zusteht, was beim Erlass von Bescheiden betreffend den Gewerbesteuermessbetrag oder die gesonderten Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes nicht gegeben ist.
2. Die Vermietung von neun neu errichteten Ferienwohnungen, die sich in einem Feriengebiet im Verband mit einer Vielzahl gleichartig genutzter Wohnungen in einer einheitlichen Wohnanlage befinden, jederzeit in einem die sofortige Vermietung zulassenden Zustand bereitgehalten werden und den Feriengästen „hotelmäßig” angeboten werden, ist gewerblich.
3. Ist die Drei-Objekt-Grenze nicht überschritten, weil nur drei Grundstücke – und diese zudem nicht innerhalb von fünf Jahren nach ihrer Anschaffung – veräußert worden sind, kann ein gewerblicher Grundstückshandel und damit eine Zugehörigkeit der Grundstücke zum Umlaufvermögen des Steuerpflichtigen auch nicht durch den Umstand begründet werden, dass der Steuerpflichtige durchgehend eine allgemeine gewerberechtliche Erlaubnis nach § 34c GewO zur Durchführung von Immobilienmaklergeschäften hatte; diese Erlaubnis ist für sich allein genommen kein aussagekräftiges Indiz dafür, dass der Steuerpflichtige von Anfang die wenigstens bedingte Absicht gehabt hat, die drei streitigen Grundstücke alsbald nach ihrem Erwerb bzw. ihrer Bebauung/baulichen Modernisierung wieder zu veräußern.
4. Ein einmalige Verkaufsveranstaltung kann eine ernsthafte Veräußerungsabsicht des Steuerpflichtigen nicht belegen. Hierfür wäre mehr Kontinuität und Intensität bei den Verkaufsbemühungen erforderlich.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 1, 2 S. 1, § 21 Abs. 1, § 4 Abs. 1, 3; AO §§ 127, 5, 26 S. 2; GewStG § 2 Abs. 1 S. 2; FGO § 102
Tenor
Die Gewerbesteuermessbeträge für 2003 und 2004 werden unter Änderung der Einspruchsentscheidung vom 8. Oktober 2015 so festgesetzt und die vortragsfähigen Gewerbeverluste auf den 31.12.2003 und 2004 werden unter Änderung der Bescheide vom 16. Januar 2012 in Gestalt der o. g. Einspruchsentscheidung so festgestellt, dass mit Rücksicht auf das vom Kläger nunmehr ausgeübte Wahlrecht die bisher gewinnerhöhend behandelten Investitionskostenzuschüsse von 393 100 EUR für 2003 und 131 100 EUR für 2004 gewinnneutral berücksichtigt werden und die Gesamtsumme der beiden Investitionskostenzuschüsse im Jahr 2003 aktiviert wird auf die im Betriebsvermögen geführte Liegenschaft B., C.-straße Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Tatbestand
Die Prozessbeteiligten streiten hinsichtlich eines vom Kläger einzelunternehmerisch unter der Steuernummer … geführten Betriebs um die Rechtmäßigkeit der Festsetzung von Gewerbesteuermessbeträgen für die Streitjahre 2002 bis 2004 sowie die Rechtmäßigkeit von Feststellungen des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2002 bis 31. Dezember 2004.
Der 1961 geborene Kläger, von Beruf Metzgermeister, war in den Streitjahren mit seiner Ehefrau D. verheiratet und wohnte mit ihr in einer gemeinsamen Wohnung auf einem im Eigentum des Klägers stehenden Grundstück in der E.-straße in F.. Der Kläger wurde vom Beklagten antragsgemäß gemeinsam mit seiner Ehefrau für alle Streitjahre zur Einkommensteuer veranlagt. Ihren Wohnsitz auf dem Grundstück E.-straße in F. hatten die Eheleute bereits einige Jahre vor Beginn der Streitjahren inne. Nach eigenen Angaben lebten die Eheleute erst ab dem 1. März 2009 getrennt.
Der Kläger war in den Streitjahren an den Standorten G., H., I., J., K., L., M., N. und O. mit Ladenlokalen unter der Bezeichnung „P.” als Einzelhändler gewerblich tätig. Die Verwaltung dieser Geschäfte geschah in den Streitjahren in seinem Wohnhaus in F. (vgl. rkr. Beschluss des FG Berlin-Brandenburg vom 2. Mai 2016 6 V 6002/16, Seite 14).
Mittels notariell beurkundetem Vertrag vom 13. November 2008 (UR-Nr. …/2008 des Notars Q. aus R. übernahm eine S. GmbH mit Sitz in B., vertreten durch den Kläger als deren Geschäftsführer und Minderheitsgesellschafter, Teile des Vermögens der S. e. K. mit Sitz in N. und der U. e....