Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschränkte Abzugsfähigkeit von Vorsorgeaufwendungen verfassungsgemäß
Leitsatz (redaktionell)
§ 10 Abs. 3 EStG begegnet jedenfalls insoweit keinen schwerwiegenden verfassungsrechtlichen Bedenken als Vorsorgeaufwendungen nur in begrenztem Umfang abziehbar sind.
Normenkette
EStG § 10 Abs. 3
Tatbestand
I. Die ASt. sind zusammenveranlagte Ehegatten und haben ein 1986 geborenes Kind. Der ASt. erzielte im Streitjahr als Arzt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 108.614 DM und aus selbständiger Arbeit in Höhe von 5.166 DM, seine Ehefrau ebenfalls als Ärztin Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit in Höhe von 10.059 DM.
In ihrer Einkommensteuererklärung 1998 erklärten die ASt folgende Vorsorgeaufwendungen getätigt zu haben: Sozialversicherungsbeiträge (Arbeitnehmeranteil): 13.474 DM (ASt) bzw. 3.666 DM (AStin), Kranken- und Pflegeversicherung: 3.098 DM, insgesamt 20.238 DM.
In dem Einkommensteuerbescheid vom 5.6.2001 wurden nach § 10 Abs. 3 EStG Vorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben wie folgt abgezogen:
Summe der Versicherungsbeiträge: |
20.238 DM |
Vorwegabzug |
12.000 DM |
Minderung nach § 10 Abs. 3 Nr. 2 EStG |
12.000 DM |
Verbleibender Vorwegabzug |
0 DM |
Verbleibende Versicherungsbeiträge |
20.238 DM |
davon abziehbar |
|
Grundhöchstbetrag |
5.220 DM |
verbleiben |
15.018 DM |
davon höchstens abziehbar |
2.610 DM |
abzugsfähig nach § 10 Abs. 3 EStG |
7.830 DM |
Gegen den Einkommensteuerbescheid 1998 vom 5.6.2001 legten die ASt am 3./4.7.2001 Einspruch ein, mit dem sie neben inzwischen nicht mehr streitigen Punkten rügten, dass die begrenze Abzugsmöglichkeit von Vorsorgeaufwendungen verfassungswidrig sei. Die gleichzeitig beantragte Aussetzung der Vollziehung wurde am 5.7.2001 insoweit und nach Änderung des Einkommensteuerbescheides wegen eines hier nicht streitigen Betrages erneut am 17.7.2001 abgelehnt.
Mit ihrem Antrag vom 20.8.2001 beantragen die Antragsteller weiterhin Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheides 1998, da die Begrenzung des Abzuges von Vorsorgeaufwendungen verfassungswidrig sei. Im Streitjahr hätten sie Vorsorgeaufwendungen in Höhe von 30.708, 82 DM getätigt, nämlich
Private Krankenversicherung (ASt) |
5.621,40 DM |
Private Pflegeversicherung (ASt) |
668,40 DM |
Lebensversicherung (ASt) |
2.756,40 DM |
Lebensversicherung (ASt) |
208,80 DM |
Arbeitnehmer-Anteil zur Soz.vers.(ASt) |
13.473,87 DM |
Lebensversicherung (AStin) |
3.189,30 DM |
Krankenhauskostenzusatzvers.(AStin) |
1.124,40 DM |
Arbeitnehmer-Anteil zur Soz.vers. (AStin) |
3.666,25 DM |
Bereits mit seiner Entscheidung vom 26.3.1980 habe das BVerfG (Az.: 1 BvR 1300/89) dem Gesetzgeber aufgegeben, die Besteuerung der Alterseinkünfte und die damit zusammenhängende Abzugsfähigkeit von Vorsorgeaufwendungen neu zu regeln. § 10 Abs. 3 EStG sei verfassungswidrig, da nicht nur das gegenwärtige Existenzminimum steuerfrei bleiben müsse, sondern auch die Aufwendungen zur Gewährleistung einer künftigen existenzsichernden Rente nicht der Besteuerung unterworfen werden dürften. Der steuerlich unbelastete Teil der Vorsorgeaufwendungen bezogen auf den Steueraufwand sei in den letzten 25 Jahren von 79 % auf 60 % gesunken. Aufgrund dieser Entwicklung habe der BFH in drei Beschlüssen vom 20.12.2000 (XI R 140/99), 23.1.2001 (XI R 17/00) und 1.3.2001 (IV R 90/99), das BMF aufgefordert, den Verfahren beizutreten und zu den Fragen des BFH Stellung zu nehmen. Diese Vorgehensweise lasse nur den Schluss zu, dass der BFH die Wirksamkeit des § 10 Abs. 3 EStG für ernsthaft zweifelhaft hält.
Aussetzung der Vollziehung dürfe in einem Fall wie dem Vorliegenden auch dann gewährt werden, wenn das Existenzminimum des Steuerpflichtigen durch den Vollzug nicht gefährdet ist. Ausreichend seien nach neuester Rechtsprechung des BFH schwerwiegende verfassungsrechtliche Zweifel, die im Streitfall auch nach den Ausführungen des BVerfG in seinem Beschluss vom 26.3.1980 gegeben seien. Demgegenüber seien Belange der Öffentlichkeit an einer geordneten Haushaltsführung nicht schutzwürdig, wenn der Gesetzgeber jahrelang untätig bliebe. Eine Verringerung des Rechtsschutzes nur wegen der Breitenwirkung einer Norm führe zu einem Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG.
Die steuerliche Regelung entziehe gerade der AStin die notwendigen Mittel für eine adäquate Altersvorsorge, da sie im Streitjahr nur über Einkünfte in Höhe von 10.059 DM verfügt habe. Auch deshalb könnten sie nicht darauf verwiesen werden, eine abschließende Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Norm abzuwarten, da später der Aufbau einer angemessenen Vorsorge nicht mehr in gleichem Umfange möglich sei.
Die ASt beantragen sinngemäß, die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides 1998 vom 5.6.2001, geändert durch Bescheid vom 17.7.2001, in Höhe von 9.371,85 DM auszusetzen.
Der Antragsgegner beantragt, den Antrag zurückzuweisen.
Er wendet ein, die von der Einkommensteuererklärung abweichend geltend gemachten Vorsorgeaufwendungen seien nicht vollständig belegt. Die Krankenversicherung des ASt bescheinige die Beiträge für 1999, der steuerfreie Arb...