Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorliegen einer dauernden Hilflosigkeit im Sinne von § 33b EStG
Leitsatz (redaktionell)
Auch wenn bereits ein Feststellungsbescheid des Versorgungsamtes existiert, hat die Finanzbehörde gemäß § 65 Abs. 4 Satz 2 EStDV eine gutachtliche Stellungnahme einzuholen. Durch Eintritt des Todes wird eine dauernde Hilflosigkeit im Sinne von § 33b Abs. 3 und 6 EStG nicht zu einer nur vorübergehenden.
Normenkette
EStG § 33b Abs. 3, 6; EStDV § 65 Abs. 4
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem inzwischen (am 28.06.1997) verstorbenen Herrn A (A), für das Streitjahr 1997 der Pauschbetrag für Hilflose in Höhe von 7.200 DM zusteht.
Für den verstorbenen A war mit Bescheid des Versorgungsamtes Hamburg vom 06.06.1997 ab 27.12.1996 (Tag der Antragstellung) ein Grad der Behinderung von 100 und das gesundheitliche Merkmal - G - (erhebliche Gehbehinderung) festgestellt worden.
Bereits in der zweiten Juniwoche 1997 verschlechterte sich der Gesundheitszustand des A so sehr, dass er am 16.06.1997 ins Krankenhaus eingeliefert werden musste. Von dort wurde er am 24.06.1997 in das Pflegeheim überwiesen, wo er am 28.06.1997 verstarb.
Die Klägerin reichte zum Beweis der Hilflosigkeit ihres verstorbenen Ehemannes folgende Unterlagen ein:
Bescheinigung des Universitäts-Krankenhauses-Eppendorf v. 23.05.2000 (FGA 45)
Pflegeüberleitungsbogen (FGA 46, 47)
Attest Dr. B (FGA 48)
Anmeldung Pflegeheim (FGA 49, 50)
Nachdem der Beklagte sich unter Berufung auf die Verfügung der Oberfinanzdirektion Hamburg vom 27.03.2000 (S-2286 - 3/99 - St 32) geweigert hatte, eine gutachtliche Stellungnahme des Versorgungsamtes für A einzuholen, erließ der Vorsitzende einen entsprechenden Beweisbeschluss.
Aufgrund des Beweisbeschlusses vom 05.09.2000 holte der Beklagte gemäß § 65 Abs. 4 EStDV eine gutachtliche Stellungnahme des Versorgungsamtes Hamburg ein. In dieser "Gutachtlichen Stellungnahme" vom 13.02.01 wurde A ab dem 27.12.1996 ein Grad der Behinderung (in Folgendem: -GdB-) von 100 und Hilflosigkeit ab dem 16.06.1997 bis zum 28.06.1997 (Todestag) bescheinigt.
In der ESt-Erklärung 1997 wurde A als "ständig hilflos" erklärt. Der Beklagte berücksichtigte im ESt-Bescheid 1997 vom 12.08.1999 nicht den Pauschbetrag in Höhe von 7.200 DM für Hilflose (§ 33 b Abs. 3 Satz iVm Abs. 6 EStG), sondern den Pflegepauschbetrag gemäß § 33 b Abs. 6 Satz 1 EStG.
Gegen diesen Bescheid wurde am 03.09.1999 Einspruch eingelegt, der am 09.11.1999 durch Einspruchsentscheidung zurückgewiesen wurde, weil er nicht begründet worden war.
Mit der Klage vom 10.12.1999 begehrte die Klägerin aufgrund der Behinderung von A zunächst, den Ansatz des Pauschbetrages für Hilflose, des Pauschbetrages für Heimunterbringung und für sich selbst höhere Werbungskosten wegen ihrer Gehbehinderung.
Mit geändertem Einkommensteuerbescheid 1997 vom 17.01.2000 wurde die Klägerin hinsichtlich der Werbungskosten klaglos gestellt. Der Bescheid wurde gemäß § 68 FGO zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.
Die Klägerin und die Beigeladenen weisen darauf hin, dass der verstorbene A schon vor seiner Einlieferung ins Krankenhaus nicht mehr in der Lage gewesen sei, ohne fremde Hilfe auszukommen. Die Verschlechterung seines Gesundheitszustandes sei so plötzlich eingetreten, dass es weder ihm noch seinen Angehörigen zumutbar gewesen sei, gegen den Bescheid des Versorgungsamtes vom 06.06.1997 anzugehen oder einen Antrag auf geänderte Bescheidung zu stellen.
Die Klägerin und die Beigeladenen beantragen,
den geänderten Einkommensteuerbescheid 1997 vom 17.01.2000 in der Weise zu ändern, dass für den verstorbenen Ehemann der Klägerin der Pauschbetrag für Hilflose in Höhe von 7.200 DM berücksichtigt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist er auf die Entscheidung des Finanzgerichts Münster vom 08.08.88 (VI 4386/87 EFG 1989, 24). Danach sei der Bescheid des Versorgungsamtes ein Grundlagenbescheid im Sinne von § 171 Abs.10 AO, der nur innerhalb der dafür vorgesehenen Rechtsbehelfsfristen hätte angegriffen werden können. § 65 Abs. 4 EStDV sei nur für den Fall anwendbar, dass der Betroffene überhaupt keinen Antrag gestellt habe noch eine Feststellung durch das Versorgungsamt aus anderem nicht getroffen worden sei. Diese Situation sei aber im vorliegenden Fall nicht gegeben. Deshalb wirkten die bis dahin getroffenen Feststellungen des Versorgungsamtes trotzt der veränderten gesundheitlichen Situation fort.
Außerdem sei zu bedenken, dass die - aufgrund des Beweisbeschlusses des Finanzgerichts - erfolgte Feststellung zwar das Ergebnis "Hilflosigkeit" ausweise, diese Hilflosigkeit sei aber nur vorübergehender Natur gewesen und habe nicht - wie erforderlich - mindestens ein halbes Jahr gedauert.
Im Falle einer Klagstattgabe müssten die Fehler korrigiert werden, die der Beklagte zugunsten der Klägerin gemacht habe. Es hätte nämlich nicht der Pflegepauschbetrag gemäß § 33 b Abs. 6 EStG gewährt werden dürfen.
Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.
Dem Gericht haben di...