Entscheidungsstichwort (Thema)
Entlastung von Energiesteuer im Billigkeitswege
Leitsatz (amtlich)
Keine Entlastung von Energiesteuer im Billigkeitswege bei versehentlicher Vermischung von versteuertem Dieselkraftstoff und versteuertem Vergaserkraftstoff
Normenkette
EnergieStG § 47 Abs. 1 Nr. 1, § 48; AO § 155 Abs. 4, §§ 163, 227
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Entlastung von Energiesteuer im Billigkeitswege.
Die Klägerin handelt mit Energieerzeugnissen, insbesondere versteuerten Kraftstoffen, die sie regelmäßig von Raffinerien oder Großhandelsfirmen bezieht, daneben betreibt sie die Verteilung steuerfreier Schiffsbetriebsstoffe. Von der Firma A erwarb die Klägerin jeweils versteuerten Vergaserkraftstoff und Dieselkraftstoff. Aufgrund einer Unachtsamkeit eines Fahrers der Klägerin wurden am 05.03.2008 an der Tankstelle eines Kunden der Klägerin 7.533 Liter dieses Dieselkraftstoffs in den Tank für Superkraftstoff gefüllt, wodurch der eingefüllte Dieselkraftstoff mit insgesamt 9.617 Litern Vergaserkraftstoff, die sich bereits im Tank für Superkraftstoff befanden (davon 8.317 Liter des erworbenen Vergaserkraftstoffs, die durch den Fahrer der Klägerin unmittelbar zuvor eingefüllt worden waren, und 1.300 Liter Vergaserkraftstoff, die als Rest im Tank vorhanden waren), vermischt wurden. Dadurch ergaben sich 17.150 Liter für die Betankung von Kraftfahrzeugen unbrauchbaren Gemischs aus Diesel- und Vergaserkraftstoff. Die Klägerin, die von ihrem Kunden für den entstandenen Schaden haftbar gemacht wurde, ließ das gesamte Kraftstoffgemisch durch eine Entsorgungsfirma noch am selben Tage abpumpen und entsorgen.
Unter dem 06.05.2008 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten - zunächst formlos - die Erstattung der "Mineralölsteuer" für 17.150 Liter unter Hinweis auf den eingangs dargestellten Vorgang der versehentlichen Vermischung der Kraftstoffe. Unter dem 21.05.2008 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten für den in Rede stehenden Vorgang sodann unter Verwendung des Vordrucks 1100 nochmals die Entlastung von Energiesteuer für 7.533 Liter Dieselkraftstoff (i. S. v. § 2 Abs. 1 Nr. 4 lit. b) Energiesteuergesetz vom 15.07.2006 ≪BGBl. I, S. 1534, m. spät. Änd.≫ - im Folgenden: EnergieStG -, Steuersatz 470,40 EUR/1.000 Liter) und 9.617 Liter Superkraftstoff (i. S. v. § 2 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) EnergieStG, Steuersatz 654,50 EUR/1.000 Liter) und berechnete hierfür eine Steuerentlastung von insgesamt 9.837,85 EUR.
Mit Bescheid vom 25.08.2008, abgesandt am 27.08.2008, lehnte der Beklagte den Antrag auf Steuerentlastung, den er als Antrag auf Steuerentlastung nach § 48 EnergieStG verstanden hatte, ab. Entlastung nach § 48 EnergieStG, wonach Steuerentlastung beim Vermischen von gekennzeichnetem mit anderem, ungekennzeichnetem Gasöl gewährt werde, könne nicht gewährt werden, da es sich vorliegend um eine Vermischung von ungekennzeichnetem Gasöl mit ungekennzeichnetem Superkraftstoff handele. Andere Entlastungsmöglichkeiten für den vorliegenden Sachverhalt sehe das Energiesteuergesetz nicht vor.
Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigen vom 06.10.2008, beim Beklagten eingegangen am 08.10.2008, beantragte die Klägerin beim Beklagten "Steuererstattung/-vergütung im Rahmen eines Billigkeitserlasses nach §§ 163, 227 AO". Zur Begründung trug die Klägerin im Verwaltungsverfahren vor: Die Einschätzung des Beklagten hinsichtlich § 48 EnergieStG sei zutreffend. Richtigerweise hätte das Gemisch in ein Steuerlager verbracht werden müssen, so dass, wäre die Ware ausschließlich zum Zweck der Entsorgung wieder herausgenommen worden, eine Entlastung nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 EnergieStG hätte stattfinden können. Sie, die Klägerin, die kein Steuerlager betreibe, habe aus Unkenntnis versehentlich nicht den Weg des Verbringens in ein Steuerlager gewählt, sondern - quasi in vorauseilendem Gehorsam - das Gemisch direkt entsorgen lassen, um zu verhindern, dass das Gemisch, das bereits zu Schäden an Fahrzeugen geführt habe, weiter im Verkehr sei. Dadurch sei aber das gleiche Ergebnis, nämlich die Vernichtung des Energieerzeugnisses, erzielt worden. Ihre Unkenntnis hinsichtlich der steuerentlastenden Entsorgungsmöglichkeit durch Wiederaufnahme in ein Steuerlager sei entschuldbar, da sie einfache Mineralölhändlerin sei und es sich bei der vorliegenden Problematik um ein Spezialproblem handele. Auch sei sie nicht gehalten gewesen, vor der Entsorgung Auskünfte beim Beklagten einzuholen. Eine (nachträgliche) Nachfrage durch ihren Prozessbevollmächtigten habe ergeben, dass eine Auskunft zu der Problematik erst auf Rückruf und nach eingehender Prüfung habe erteilt werden können. Ihr Verhalten sei damit als abgabenrechtlich nachteiliges und entschuldbares Verhalten i. S. v. Nr. 7.1.1 der Dienstvorschrift zur Anwendung der Abgabenordnung im Bereich der Zollverwaltung (VSF-N 71 2007 Nr. 376, im Folgenden: AO-DV Zoll) zu § 227 AO, das eine Billigkeitsmaßnahme rechtfertige, anzusehen.
Mit Bescheid vom 07.05.2009 lehnte der Beklagte den Antrag gemäß § 227 AO ab. Sachliche B...