Entscheidungsstichwort (Thema)
Anlieferungsreferenzmenge Milch
Tenor
I. Das Verfahren wird ausgesetzt.
II. Es wird eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften über folgende Frage eingeholt:
Ist Art. 3 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 536/93 der Kommission vom 09. März 1993 (ABl. Nr. L 57, S. 12) bezüglich der Erhebung eines Strafbetrages gegenüber einer Molkerei (Abnehmer von Milch) gültig?
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob gegen die Klägerin zu Recht ein Strafbetrag erhoben worden ist.
Die Klägerin (eine Molkerei) hat, obwohl sie mit Schreiben des Hauptzollamts vom 09. April 1997 ausdrücklich nochmals auf die Frist zur Vorlage der Mitteilung der bei ihr angelieferten Milchmengen hingewiesen wurde, die Mitteilung erst am 16.05.1997 abgeschickt, so daß diese aufgrund des Feiertags am 19.05.1997 (Pfingstmontag) erst am 20.05.1997 beim HZA eingegangen ist.
Nach der Anweisung des HZA vom 09.04.1997 sollte die Klägerin wie jedes Jahr zum 14. Mai 1997 die entsprechende Mitteilung nach § 11 Abs. 3 MGVO, Art. 3 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung Nr. 536/93 beim Haupt Zollamt einreichen.
Nach den vorliegenden Unterlagen ist die verspätete Einreichung der Mitteilung unter anderem auch darauf zurückzuführen, daß die Klägerin die notwendigen Informationen von dem Rechenzentrum erst am 12. Mai 1997 erhalten hat.
Am 22. Mai 1997 setzte das Hauptzollamt einen Strafbetrag von 16.661,90 DM gem. Art. 3 Abs. 2 der o.g. Verordnung fest.
Der hiergegen von der Klägerin eingelegte Einspruch blieb erfolglos (vgl. Einspruchsentscheidung – EE– vom 05.06.1997).
Mit ihrer Klage hat die Klägerin nochmals auf folgendes hingewiesen:
Die Weitergabe der entsprechenden Meldungen durch die einzelnen Hauptzollämter an das Hauptzollamt H. müsse erst bis zum 31. Mai eines jeden Jahres erfolgen. Der jeweilige Mitgliedsstaat müsse die Abgabe erst bis zum 31. August des jeweiligen Jahres an die EU entrichten.
Die Festsetzung des Datums 14. Mai für die Abgabe der Meldung müsse deshalb als vollkommen willkürlich betrachtet werden.
Insbesondere macht die Klägerin geltend, daß die Maßnahme des Hauptzollamts nicht dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entspreche. Die Prüfung, ob der Strafbetrag als Druckmittel zur Erreichung des angestrebten Zweckes angemessen und erforderlich sei, ergebe, daß dieser in keinem Verhältnis zur Auswirkung der verspäteten Einreichung stehe. Eine derart harte Strafe sei höchstens verständlich, wenn Abgabenbeträge nicht fristgerecht abgeführt würden. Der Straf betrag sei auch nicht an die Höhe der tatsächlich geschuldeten Abgabe gekoppelt. Die Abgabe sei nur an die Höhe der von den Milcherzeugern abgelieferten Milchmenge gebunden, so daß grundsätzlich kein Verhältnis zwischen der abzuführenden Abgabe und dem Strafbetrag ermittelt werden könne. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei damit nicht eingehalten.
Schließlich seien die Molkereien seit Einführung der Milchgarantiemengenregelung mit erheblichen Verwaltungsaufgaben betraut worden, ohne daß Ihnen seitens der EU-Kommission hierfür finanzielle Unterstützung gewährt worden wäre.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Hauptzollamts über einen Strafbetrag von 16.661,90 DM und die Einspruchsentscheidung aufzuheben.
Das Hauptzollamt hat in der mündlichen Verhandlung beantragt, die Streitsache dem EuGH im Wege der Vorabentscheidung vorzulegen.
Das HZA vertritt ebenfalls die Ansicht, daß der nach EU-Recht zu verhängende Strafbetrag unverhältnismäßig hoch sei.
Entscheidungsgründe
II.
Die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits hängt von der Gültigkeit des Art. 3 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 536/93 der Kommission vom 09. März 1993 (ABl. Nr. L 57, Seite 12 vom 10. März 1993) ab.
Über die Auslegung des Vertrages und über die Gültigkeit und die Auslegung der Handlungen der Organe entscheidet der Gerichtshof im Wege der Vorabentscheidung (Art. 177 EU-Vertrag).
Mit der Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 des Rates vom 28. Dezember 1992 (ABl. Nr. L 405, Seite 1 vom 31. Dezember 1992) über die Erhebung einer Zusatzabgabe für Milch wurde die Referenzmengenregelung für Milch und die bei Überschreiten dieser zugeteilten Menge anfallende Milchgarantiemengen-Abgabe für weitere sieben Jahre ab 01. April 1993 verlängert (Art. 1).
Im Rahmen der Neufassung einzelner Artikel wurden verschiedene Maßnahmen getroffen, um die Referenzmengenregelung effektiver zu machen und gleichzeitig die verwaltungsmäßige Handhabung flexibel zu gestalten.
Insbesondere die Möglichkeiten der Saldierung der Referenzmengen auf Molkerei- bzw. auf einzelstaatlicher Ebene wurden erweitert (vgl. Art. 2).
In den Erwägungsgründen ist ausgeführt, daß der Rat die in der Vergangenheit festgestellten erheblichen Verzögerungen bei der Erhebung und Zahlung der Abgabe darauf zurückführt, daß den Abnehmern (Molkereien) nicht alle Mittel zur Verfügung standen, um die rechtzeitige Zahlung der jeweiligen Abgabe an die Kommission zu gewährleisten.
Nach den Erwägungsgründen (Abs. 8) zur Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 des Rates vom 28....