Dipl.-Kfm. Jens Schönfeld
Rz. 129
Handel grds. aktive Tätigkeit. Auch der Handel ist im Ausgangspunkt eine gem. § 8 Abs. 1 Nr. 4 aktive Tätigkeit (vgl. § 8 Anm. 116 ff.).
Rz. 130
Ausnahme: Vertriebsgesellschaft. Dies gilt gem. § 8 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a nicht, soweit ein unbeschränkt Stpfl., der gem. § 7 an der ausländischen Gesellschaft beteiligt ist, oder eine einem solchen Stpfl. i.S. des § 1 Abs. 2 nahe stehende Person, die mit ihren Einkünften hieraus im Geltungsbereich dieses Gesetzes steuerpflichtig ist, der ausländischen Gesellschaft die Verfügungsmacht an den gehandelten Gütern oder Waren verschafft (vgl. § 8 Anm. 124). Damit werden Einkünfte, die die ausländische Gesellschaft daraus erzielt, dass sie die von einem unbeschränkt Stpfl. (bzw. von einer diesem nahestehenden Person) gelieferten Waren und Güter weiterveräußert, der Hinzurechnungsbesteuerung unterworfen, sofern nicht der Funktionsnachweis gelingt (vgl. Anm. 132). Ebenso wie im Rahmen von § 8 Abs. 1 Nr. 3 (vgl. Anm. 126 ff.) wird der Kreis der Personen, von dem derart schädliche Lieferungen erfolgen können, aufgrund der Fiktion des § 5 Abs. 1 Satz 1 (vgl. Anm. 117 ff.) um die Personen i.S. des § 2 sowie diesen nahestehenden Personen, die mit ihren Einkünften hieraus im Geltungsbereich dieses Gesetzes steuerpflichtig sein, erweitert. Damit führt auch die Lieferung von Gütern und Waren durch diesen Personenkreis an die ausländische Gesellschaft zu passiven Einkünften, die unter den weiteren Voraussetzungen von § 5 Abs. 1 Satz 1 der Zurechnung unterliegen.
Rz. 131
Ausnahme: Einkaufsgesellschaft. Die Einkünfte aus Handel gehören gem. § 8 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b auch dann zum passiven Erwerb, soweit die ausländische Gesellschaft einem unbeschränkt Stpfl. oder eine diesem nahestehenden Person i.S. des § 1 Abs. 2 die Verfügungsmacht an den Gütern oder Waren verschafft (sog. Ausnahme für Einkaufsgesellschaften; vgl. § 8 Anm. 133 ff.). Auch hier bewirkt die Fiktion des § 5 Abs. 1 Satz 1 (vgl. Anm. 117 ff.), dass der Kreis der schädlichen Kunden um Personen i.S. des § 2 sowie diesen nahestehenden Personen erweitert wird.
Rz. 132
Gegenausnahme: Funktionsnachweis. Als Gegenausnahme lässt § 8 Abs. 1 Nr. 4 Halbs. 2 den Nachweis zu, dass die ausländische Gesellschaft einen für derartige Handelsgeschäfte in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unterhält und die zur Vorbereitung, dem Abschluss und der Ausführung der Geschäfte gehörenden Tätigkeiten ohne Mitwirkung eines unbeschränkt Stpfl. oder einer dem unbeschränkt Stpfl. nahestehenden Person ausübt. Gelingt dieser Nachweis, gehören die Einkünfte zum aktiven Erwerb. Die Fiktion des § 5 Abs. 1 Satz 1 (vgl. Anm. 117 ff.) bewirkt in diesem Zusammenhang, dass auch die Mitwirkung durch eine Person i.S. des § 2 oder einer dieser nahestehenden Person den Nachweis vereitelt.
Rz. 133
Praktische Relevanz. Die Beschränkung des § 5 Abs. 1 Satz 1 auf nicht ausländische Einkünfte beschränkt den praktischen Anwendungsbereich für schädliche Einkünfte aus Handel deutlich. So führt die Ausnahme des § 8 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a (Lieferung durch Person i.S. des § 2 an ausländische Gesellschaft) nur dann zu nicht ausländischen Einkünften, wenn die Person i.S. des § 2 oder die ihm nahestehende Person eine inländische Betriebsstätte unterhält (arg. ex § 34 d Nr. 2 EStG). Unterhält die Person i.S. des § 2 eine solche Betriebsstätte, ist sie allerdings bereits selbst beschränkt steuerpflichtig; eines Rückgriffs auf § 5 Abs. 1 Satz 1 bedarf es insoweit regelmäßig nicht mehr. Die Ausnahme des § 8 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b (Lieferung an Person i.S. des § 2 durch ausländische Gesellschaft) setzt für die Annahme nicht ausländischer Einkünfte voraus, dass die ausländische Gesellschaft eine inländische Betriebsstätte unterhält (arg. ex § 34 d Nr. 2 EStG; vgl. auch § 2 Anm. 100 ff.). Hier dürfte aber die weitere Voraussetzung der Niedrigbesteuerung (dazu näher Anm. 157) den Anwendungsbereich abermals deutlich reduzieren (Stichwort: gewerbesteuerliche Niedrigsteuergemeinde).