Dass dem ausscheidenden Gesellschafter (oder im Todesfall seinen Erben über den Nachlass) eine Abfindung zusteht und dass diese Abfindung vertraglich modifiziert werden kann, ist unstrittig.
a) Gesetzlicher Abfindungsanspruch
Nach dem Grundsatz des § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB ist der Gesellschafter, der aus einer fortbestehenden GbR ausscheidet, so zu stellen, als sei die Gesellschaft aufgelöst und zu diesem Zweck das Gesellschaftsvermögen gem. den §§ 732 ff. BGB auseinandergesetzt worden. Der Abfindungsanspruch entspricht daher dem Auseinandersetzungsguthaben im Falle der einvernehmlichen Liquidation der Gesellschaft. Er konsumiert die Ansprüche auf Einlagenrückgewähr (§ 733 BGB) und auf Zahlung des Überschusses (§ 734 BGB, vgl. Koch in Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, BeckOGK/BGB, Stand: 1.10.2020, § 738 Rz. 24.) Nach der Rspr. des BGH steht dem Gesellschafter grundsätzlich sein Anteil am "wirklichen Wert des Unternehmens einschließlich aller stillen Reserven und einschließlich des good will des Unternehmens" zu (vgl. BGH v. 1.4.1953 – II ZR 235/52, BGHZ 9, 157, 168; BGH v. 21.4.1955 – II ZR 227/53, BGHZ 17, 130, 136; BGH v. 30.4.2001 – II ZR 328/00, NJW 2001, 2638). Damit ist der ausscheidende Gesellschafter mit dem Verkehrswert seines Anteils abzufinden.
Dieser Grundsatz gilt nicht allein für die GbR. Er ist mangels adäquater eigenständiger Regelungen im HGB auch für die Personenhandelsgesellschaften und die PartG anwendbar (arg. e§ 105 Abs. 3, § 161 Abs. 2 HGB, § 105 Abs. 3, § 1 Abs. 4 PartGG). Analog ist § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB auch bei der Ermittlung der Abfindungszahlung eines ausscheidenden Gesellschafters einer GmbH zu berücksichtigen. Im Gesellschaftsverhältnis einer GmbH kommt die Abfindung in allen Anwendungsbereichen des § 34 GmbHG in Betracht, also bei der wortlautgemäßen Anteilseinziehung oder bei der Ausschließung durch Zwangsabtretung eines Geschäftsanteils sowie beim Austritt eines Gesellschafters mit Übertragungspflicht. Das GmbHG verweist zwar nicht auf die subsidiäre Anwendung des Rechts der BGB-Gesellschaft zurück, enthält andererseits aber auch keine eigenständigen Regelungen zur Bewertung eines Gesellschaftsanteils und zur Ermittlung der Abfindungshöhe. Folglich ist § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB als allgemeiner gesellschaftsrechtlicher Grundsatz auch für die Abfindung des aus der GmbH ausscheidenden Gesellschafters anwendbar.
An dieser Rechtslage wird sich vorläufig auch nichts durch das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts – MoPeG v.10.8.2021, BGBl. I 2021, 3436 (BT-Drucks. 19/27635, 175, zu § 728) ändern. § 728 Abs. 1 BGB i.d.F: des MoPeGregelt für das Ausscheiden eines Gesellschafters, dass mangels konkreter Vereinbarungen eine "angemessene Abfindung" geschuldet ist (Inkrafttreten der Regelung: 1.1.2024). Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 19/27635, 176, zu § 728 Abs. 2) soll eine angemessene Abfindung dem "wahren Wert" des Gesellschaftsanteils entsprechen, was wiederum auf den Verkehrswert hinausläuft.
b) Modifikation und Beschränkung des gesetzlichen Abfindungsanspruchs
Die Bemessung des gesetzlichen Abfindungsanspruchs ist kein zwingendes Recht, sondern unterliegt der Vertragsfreiheit der Gesellschafter. Zwingend ist jedoch die Gewährung des Abfindungsanspruchs dem Grunde nach (vgl. Udwari, GWR 2021, 87 f.). Lediglich im Todesfall kann ein vollkommener Ausschluss des Abfindungsanspruchs denkbar sein (BGH v. 14.7.1971 – III ZR 91/70, vgl. Hölscher, ZEV 2010, 609). Rechtliche Schranken für die Begrenzung des Abfindungsanspruchs der Höhe nach sind eine unzulässige Beschränkung der Kündigungsmöglichkeit des betroffenen Gesellschafters (arg. e. § 723 Abs. 3 BGB), ein Verstoß gegen Treu und Glauben oder Sittenwidrigkeit (vgl. Udwari, GWR 2021, 87, [89]).