Dipl.-Finanzwirt Karl-Heinz Günther
Die Eintragungen ab Zeile 129 betreffen im Wesentlichen den vortragsfähigen Gewerbeverlust. Gewerbeverluste (Gewinn oder Verlust + Hinzurechnungen ./. Kürzungen) können ohne zeitliche Beschränkungen vorgetragen werden, d. h. sie mindern in den Folgejahren den jeweiligen Gewerbeertrag bis zu ihrem völligen Verbrauch.
Dagegen ist ein Verlustrücktrag nicht möglich. Die Verrechnung vortragsfähiger Verluste ist insoweit eingeschränkt, als ein Gewerbeertrag i. H. v. 1 Mio. EUR uneingeschränkt um vorgetragene Fehlbeträge gekürzt wird. Der 1 Mio. EUR übersteigende maßgebende Gewerbeertrag ist bis zu 60 % um bisher nicht berücksichtigte vorgetragene Fehlbeträge zu kürzen. Die so erfolgende "Mindestbesteuerung" ist verfassungsgemäß.
Die Höhe des vortragsfähigen Verlusts wird gesondert festgestellt. Der Feststellungsbescheid ist Grundlagenbescheid für den Gewerbesteuermessbescheid des Folgejahres. Dagegen ist der Gewerbesteuermessbescheid des Erhebungszeitraums, auf dessen Ende der vortragsfähige Fehlbetrag nach § 10a GewStG gesondert festzustellen ist, für den Verlustfeststellungsbescheid dieses Erhebungszeitraums kein Grundlagenbescheid, soweit das Merkmal der sachlichen Steuerpflicht für die Beurteilung des Merkmals der Unternehmensidentität von Bedeutung ist. Der vortragsfähige Gewerbeverlust geht unter, wenn am Schluss des Erhebungszeitraums zwar eine einkommensteuerrechtliche, die Existenz des Betriebs unberührt lassende Betriebsunterbrechung in Form eines ruhenden Gewerbebetriebs gegeben ist, gewerbesteuerrechtlich hiermit aber die werbende Tätigkeit nicht nur vorübergehend unterbrochen bzw. eine andersartige werbende Tätigkeit aufgenommen wird. In diesem Fall entfällt die für die Verlustfeststellung erforderliche Unternehmensidentität. Bei einer Besitzpersonengesellschaft besteht die Unternehmensidentität jedenfalls so lange fort, als sie mit der nämlichen Betriebskapitalgesellschaft sachlich und personell verflochten ist. Die Grundsätze zu den Verlustabzugsbeschränkungen nach § 8c KStG für Körperschaften gelten uneingeschränkt auch bei Anwendung der Gewerbesteuer. Entsprechendes gilt für die sich aus § 8d KStG ergebenden Abzugsbeschränkungen. Ist in einem an eine Personengesellschaft gerichteten bestandskräftigen Verlustfeststellungsbescheid der Fehlbetrag nicht um den Anteil eines ausgeschiedenen Mitunternehmers gekürzt worden, steht der anteilige Fehlbetrag den zum Feststellungszeitpunkt tatsächlich beteiligten Mitunternehmern entsprechend ihrer Beteiligungsquote zur Verrechnung mit deren Erträgen zur Verfügung. Die gesonderte Verlustfeststellung ist bei jeglicher Änderung der Besteuerungsgrundlagen nach § 35b Abs. 2 Satz 2 GewStG zu ändern, unabhängig davon, ob die Änderung der Besteuerungsgrundlagen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen erfolgt. Bei Feststellung des vortragsfähigen Verlusts kommt § 181 Abs. 5 AO nur zur Anwendung, wenn das Finanzamt die Feststellung pflichtwidrig unterlassen hat.
Der Verlustabzug setzt voraus, dass der Verlust bei demselben Unternehmen – Unternehmensidentität – und bei demselben Unternehmer – Unternehmeridentität – eingetreten ist. Selbst kurzfristige Unterbrechungen der Unternehmeridentität führen bereits zum Wegfall des Verlustabzugs. Die Unternehmensidentität entfällt, wenn eine Personengesellschaft zunächst originär gewerblich tätig ist, anschließend Einkünfte aus Gewerbebetrieb kraft Rechtsform erzielt und dabei Vorbereitungshandlungen hinsichtlich einer künftigen (wieder) originär gewerblichen Tätigkeit vornimmt. Deshalb ist bei Personengesellschaften der Verlustabzug bei Ausscheiden eines Gesellschafters insoweit nicht möglich, als der Fehlbetrag anteilig auf den ausgeschiedenen Gesellschafter entfällt. Fällt die Unternehmensidentität und damit die sachliche Gewerbesteuerpflicht während des Kalenderjahres weg, ist der Gewerbesteuermessbetrag für einen abgekürzten Erhebungszeitraum festzusetzen. Ob der bisherige Gewerbebetrieb eingestellt und (ggf.) ein neuer Gewerbebetrieb in Gang gesetzt wird, bestimmt sich danach, ob der "bisherige" und der "neue" Betrieb bei wirtschaftlicher Betrachtung und nach der Verkehrsauffassung identisch sind. Dies richtet sich nach den gleichen Kriterien, die für die Bestimmung der Unternehmensidentität im Rahmen des § 10a GewStG entwickelt wurden. Dabei steht die Überführung wesentlicher Betriebsgrundlagen, insbesondere von Wirtschaftsgütern mit erheblichen stillen Reserven, der Einstellung des bisherigen Betriebs nicht entgegen. Der BFH änderte damit insoweit seine bisherige Rechtsprechung, die in derartigen Fällen noch von einem Wegfall der Unternehmensidentität und damit zu einem Wegfall der sachlichen Steuerpflicht ausgegangen ist. Beteiligt sich ein Kommanditist später auch als atypisch stiller Gesellschafter an der KG, ist dies als Einbringung des Betriebs der KG in die atypisch stille Gesellschaft zu werten, mit der Folge, dass eine doppelstöckige Mitunternehmerschaft ent...