2.1 Kindererziehende (Satz 1 Nr. 1)
Rz. 4
Satz 1 Nr. 1 begründet einen Pflichtversicherungstatbestand für Eltern, bei denen Kindererziehungszeiten nach § 56 anzurechnen sind. Bereits § 1227a Abs. 1 Satz 1 RVO regelte in seiner ab 1.1.1986 (im Beitrittsgebiet ab 1992) geltenden Fassung, dass alle Mütter und Väter, die ihr Kind im Geltungsbereich dieses Gesetzes erziehen und sich mit ihm dort gewöhnlich aufhalten, in den ersten 12 Kalendermonaten nach Ablauf des Monats der Geburt des Kindes versichert waren. Diese Regelung hat Eingang gefunden in Satz 1 Nr. 1; danach sind alle Personen in der Zeit, für die ihnen Kindererziehungszeiten anzurechnen sind, in die Versicherungspflicht kraft Gesetzes einbezogen worden. Da Satz 1 Nr. 1 auf § 56 verweist, kann hinsichtlich der Voraussetzungen für die Anrechnung von Kindererziehungszeiten auf die dortige Kommentierung verwiesen werden.
Rz. 5
Die Zuordnung von Kindererziehungszeiten zum Versicherungskonto des jeweiligen Elternteils erfolgt daher nach den Regelungen des § 56 Abs. 2. Damit ist die Kindererziehung als gesellschaftlich anerkannte Aufgabe einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung gleichgestellt worden. Die erziehenden Personen haben damit eine weitergehende soziale Absicherung erlangt, die sich in der Praxis in erster Linie dadurch zeigt, dass nicht nur Anwartschaften erhalten bleiben, sondern auch begründet werden können (z. B. Wartezeiterfüllung nach § 50).
Rz. 6
Aufgrund von Kindererziehung besteht kein Anspruch auf Reduzierung der monatlichen Rentenversicherungsbeiträge (BVerfG, Nichtannahmebeschluss v. 4.12.2006, 1 BvR 1953/02). Zur Berücksichtigung weiterer Entgeltpunkte für die Kindererziehung bei Bestandsrentner vgl. im Übrigen § 307d; bei Neurentnern gilt hingegen die Regelung des § 249.
2.2 Pflegepersonen (Satz 1 Nr. 1a i. V. m. Satz 2 und Satz 3)
Rz. 7
Satz 1 Nr. 1a begründet einen Pflichtversicherungstatbestand für Pflegepersonen. Als Pflegepersonen i. S. v. § 19 SGB XI sind Personen nach Nr. 1a in der Zeit versicherungspflichtig, in der sie eine oder mehrere pflegebedürftige Personen mit mindestens Pflegegrad 2 nicht erwerbsmäßig wenigstens 10 Stunden wöchentlich in seiner häuslichen Umgebung pflegen, wenn der Pflegebedürftige Anspruch auf Leistungen aus der sozialen oder einer privaten Pflegeversicherung hat (so die Rechtslage ab 1.1.2017; bis 31.12.2016 galt eine Untergrenze von 14 Stunden; diese Grenze ist dann heranzuziehen, wenn bei der Feststellung der Versicherungspflicht Nr. 1a a. F. heranzuziehen ist und damit auch noch § 44 Abs. 1 SGB XI in seiner alten Fassung zur Anwendung kommt; vgl. zu einer entsprechenden Fallgestaltung: BSG, Urteil v. 16.6.2021, B 5 RE 5/20 R Rz. 23, mit Anm. in SGb 2021 S. 496; und BSG, Urteil v. 27.4.2021, B 12 R 14/19 R).
Rz. 7a
Eine Versicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 1a setzt daher voraus, dass der Pflegebedürftige einen Leistungsanspruch nach dem SGB XI hat. Bei Streit über das Bestehen der Versicherungspflicht entscheidet der zuständige Träger der Rentenversicherung durch Verwaltungsakt. Ein Vorgehen gegen den Sozialhilfeträger mit dem Begehren auf Zahlung von Pflichtversicherungsbeiträgen ist nicht zulässig (LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 14.7.2022, L 7 SO 3983/20).
Rz. 8
Der Versicherungstatbestand lässt dabei mit der Formulierung "eine oder mehrere pflegebedürftige Personen" die sog. Additionspflege zu (vgl. hierzu auch GRA der DRV zu § 3 SGB VI, Stand: 18.1.2022, Anm. 3.1.1 und 3.2.1), sodass die Gesamtpflegestundenzahl von 10 (bzw. vormals 14 Stunden) auch durch die Summe des Gesamtpflegeaufwands von mehrere Personen überschritten werden kann.
Rz. 9
Die Pflegebedürftigkeit richtet sich nach § 14 SGB XI; wobei Nr. 1a ausdrücklich mindestens den Pflegegrad 2 fordert. Wegen des geringen Umfangs des Pflegebedarfs ist die rentenrechtliche Absicherung für Pflegepersonen nicht vorgesehen, die einen Pflegebedürftigen des Pflegegrades 1 pflegen (BR-Drs. 354/15 S. 164 f.).
Rz. 10
Erforderlich ist eine Pflege in häuslicher Umgebung (vgl. Rz. 5a). Erfasst werden nach Satz 1 Nr. 1a i. V. m. § 19 SGB XI nur solche Pflegepersonen, die nicht erwerbsmäßig pflegen. Nicht erwerbsmäßige Pflege liegt dabei vor, wenn die Pflegekraft für ihre Arbeit kein Geld oder zumindest nicht mehr erhält, als das Pflegegeld des Pflegebedürftigen nach § 37 Abs. 1 Satz 3 SGB XI ausmacht (vgl. hierzu auch GRA der DRV zu § 3 SGB VI, Stand: 18.1.2022, Anm. 3.1.3 und 3.2.3; vgl. auch Rz. 5 und 5a). Eine Erwerbsmäßigkeit ist hingegen zu bejahen, wenn sich die Pflegetätigkeit als Teil der Berufstätigkeit der Pflegeperson darstellt und dazu dient, ihren Lebensunterhalt ganz oder teilweise zu sichern. Versicherungspflichtig sind damit in der gesetzlichen Rentenversicherung alle Pflegepersonen i. S. d. § 19 SGB XI, die eine oder mehrere pflegebedürftige Personen mit mindestens Pflegegrad 2 wenigstens 10 Stunden wöchentlich, verteilt auf regelmäßig mindestens 2 Tage in der Woche, pflegen.
Rz. 11
Darüber hinaus muss die Pflegetätigkeit auf Dauer angelegt sein; dies ist der Fall, wenn die Pflegetätigkeit von vornherein auf mehr als 2 Mona...