1. Einführung
Rz. 540
Mit dem steuerlichen Arrest werden Steueransprüche gesichert, die im Zeitpunkt der Anordnung des Arrestes noch nicht vollstreckbar sind. Es soll vermieden werden, dass die spätere Zwangsvollstreckung ins Leere geht. Das Verfahren gliedert sich in zwei Teile: die Anordnung und Aufhebung sowie das Verfahren zur Vollstreckung.
2. Anordnung
Rz. 541
Die Anordnung des dinglichen Arrests ist als Teil des Steuerfestsetzungsverfahrens ein selbständiger Verwaltungsakt i.S.d. § 118 AO, der die Feststellung enthält, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Geldanspruch besteht, für den ein Sicherungsbedürfnis gegeben ist. Örtlich und sachlich zuständig ist gem. § 324 Abs. 1 Satz 1 AO die Finanzbehörde, die für die Festsetzung des zu sichernden Anspruchs zuständig wäre. Zuständig für die Vollziehung der Arrestanordnung ist die Vollstreckungsstelle des Veranlagungsfinanzamts.
Rz. 542
Die Anordnung des Arrests liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Finanzbehörde. Nach h.M. bedarf das Entschließungsermessen keiner besonderen Begründung, da es sich insoweit nur um ein eingeschränktes Ermessen in Form des sog. intendierten Ermessens handelt. Bei mehreren Schuldnern bedarf es einer Begründung des Auswahlermessens nur dann, wenn die Anordnung nicht gegen alle erfolgen soll, die die Voraussetzungen des § 324 AO erfüllen.
3. Arrestschuldner
Rz. 543
Arrestschuldner kann jeder Vollstreckungsschuldner sein, d.h. neben dem Steuerschuldner auch eine Person, die für eine Steuer haftet oder verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden.
4. Arrestanspruch
Rz. 544
Der zu sichernde Anspruch muss gem. § 324 Abs. 1 Satz 1 AO auf eine sich aus den Steuergesetzen ergebende Geldforderung gerichtet sein. Dabei handelt es sich vor allem um Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis i.S.d. § 37 AO, also um Steuern (§ 3 Abs. 1 AO), steuerliche Nebenleistungen, Haftungsansprüche, Ansprüche auf Rückgewähr unberechtigt erfüllter Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis nach § 37 Abs. 2 AO und Ansprüche auf Duldung der Befriedigung aus einem Gegenstand wegen eines Geldanspruchs aus einem Steuerschuldverhältnis.
Rz. 545
Die Arrestanordnung hat die Bezeichnung der zu sichernden Geldforderung jeweils nach Steuerart, Steuerhöhe und Besteuerungszeitraum zu enthalten, ggf. mit der Folge der Nichtigkeit (Konkretisierungsgebot der § 119 Abs. 1, § 157 AO).
Rz. 546
Die für den steuerlichen Arrest erforderliche Wahrscheinlichkeit ist bereits dann gegeben, wenn der Sachverhalt, auf dessen Grundlage der Arrestanspruch schlüssig wäre, wahr zu sein scheint. Davon kann ausgegangen werden, wenn nach Abwägung aller Umstände mehr Gründe für als gegen das Bestehen des in der Arrestanordnung bezeichneten Anspruchs bestehen. § 920 Abs. 2 ZPO verlangt lediglich die Glaubhaftmachung des Arrestanspruchs. Die Ermittlungen müssen nur bis zu einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit, dass ein Anspruch in dem angenommenen Umfang besteht, geführt werden. Staatsanwaltliche oder polizeiliche Ermittlungsakten können zur Aufklärung besteuerungsrelevanter Sachverhalte im Wege der Rechts- und Amtshilfe beigezogen werden.
5. Arrestgrund
Rz. 547
Der steuerliche Arrest kann gem. § 324 Abs. 1 Satz 1 AO angeordnet werden, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass die Beitreibung der Steuerschuld ansonsten vereitelt oder wesentlich erschwert wird. Diese Voraussetzung ist gegeben, wenn die Umstände in ihrer Gesamtheit geeignet sind, bei der Finanzbehörde bei ruhiger und vernünftiger Abwägung die Besorgnis aufkommen zu lassen, dass ohne die Arrestanordnung der Anspruch nicht verwirklicht werden könnte. Für die Annahme eines Arrestgrundes genügt eine gewisse Wahrscheinlichkeit. Er muss nicht zur vollen Überzeugung feststehen, sondern eine Mutmaßung des Geschehensablaufs reicht aus. Der Arrestgrund ergibt sich in der Praxis zumeist aus einem in der Gesamtschau aller Umstände zu beurteilenden Verhalten des Arrestschuldners, das den bestehenden Zustand des pfändbaren Vermögens verändert, wodurch die Vollstreckungsmöglichkeiten der Finanzbehörde vereitelt werden könnten.
Rz. 548
Folgende Umstände können Anlass für einen Arrest sein: