Entscheidungsstichwort (Thema)
Insolvenzgeld. Höhe. Nichtberücksichtigung einer unregelmäßigen freiwilligen Jahresgratifikation bzw Jahressonderzahlung. kein Rechtsanspruch aus betrieblicher Übung
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Jahresgratifikation ist nicht insolvenzgeldfähig, wenn hierauf kein Rechtsanspruch aus betrieblicher Übung oder aus Arbeitsvertrag vorliegt.
2. Unregelmäßige und in unterschiedlicher Höhe erfolgte Gratifikationen rechtfertigen nicht die Annahme betrieblicher Übung.
3. Ein in Bezug auf die Zahlung von Gratifikationen arbeitsvertraglich vereinbarter Freiwilligkeitsvorbehalt wird durch eine Verknüpfung mit einem Widerrufsvorbehalt nicht unklar oder missverständlich, wenn er mit einem weiteren Hinweis, dass durch die Zahlung kein Rechtsanspruch für die kommenden Jahre begründet wird, verknüpft wird.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 4. August 2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Klägers sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Insolvenzgeldes streitig.
Der im Jahr 1954 geborene Kläger schloss am 26.05.2010 mit der A. B. einen auf ein am 01.07.2010 beginnendes und bis zum 30.06.2011 befristetes Arbeitsverhältnis gerichteten Arbeitsvertrag, dessen § 4 folgende Regelung enthielt:
“Weitere Vergütungsbestandteile
Jahresgratifikation ist eine freiwillige Leistung. Durch die Zahlung wird kein Rechtsanspruch für die kommenden Jahre begründet, auch nicht durch wiederholte Leistung. Die Jahresgratifikation kann nach Auftragslage jederzeit widerrufen werden. Bei Gewährung einer Gratifikation kann diese für jeden Monat, für die Elternzeit genommen wird, um 1/12 gekürzt werden.„
Der zwischen dem Kläger und der A. B. geschlossene und auf ein am 01.07.2011 beginnendes unbefristetes Arbeitsverhältnis gerichtete Arbeitsvertrag enthält in § 4 folgende Regelung:
“Weitere Vergütungsbestandteile
Vermögenswirksame Leistungen in Höhe von 26,00 € nach Ablauf der Probezeit. Voraussetzung ist die Vorlage eines entsprechenden Vermögensbildungsvertrages seitens des Arbeitnehmers.
Jahresgratifikation ist eine freiwillige Leistung. Durch die Zahlung wird kein Rechtsanspruch für die kommenden Jahre begründet, auch nicht durch wiederholte Leistung. Die Jahresgratifikation kann nach Auftragslage jederzeit widerrufen werden. Bei Gewährung einer Gratifikation kann diese für jeden Monat, für die Elternzeit genommen wird, um 1/12 gekürzt werden.„
Der Kläger erhielt von der A. B. neben der monatlich gewährten Vergütung Weihnachtsgeld in Höhe von 300,00 € im Dezember 2010, von 950,00 € im November 2011 und von 950,00 € im Dezember 2011 sowie eine Sonderzahlung in Höhe von 300,00 € im November 2013. Mit Beschluss vom 01.12.2014 eröffnete das Amtsgericht Konstanz das Insolvenzverfahren über das Vermögen der A. B.. Der Kläger beantragte am 05.12.2014 die Gewährung von Insolvenzgeld. Der Insolvenzverwalter gab in der Insolvenzbescheinigung vom 05.12.2014 an, es ergebe sich ein rückständiges Netto-Arbeitsentgelt in Höhe von 2.800,97 € für September 2014, von 2.855,46 € für Oktober 2014 und von 2.730,75 € für November 2014, wobei das rückständige Netto-Arbeitsentgelt für September und Oktober 2014 von der X. Bank AG vorfinanziert worden sei, so dass lediglich das Netto-Arbeitsentgelt für November 2014 nicht ausgezahlt worden sei. Mit Bescheid vom 15.12.2014 setzte die Beklagte das Insolvenzgeld auf 8.387,18 € fest und bewilligte nach Abzug des Anspruchs der X. Bank AG eine Auszahlung an den Kläger in Höhe von 2.730,75 €.
Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, bei der Berechnung des Insolvenzgeldes sei das Weihnachtsgeld nicht berücksichtigt worden. Auf Anfrage der Beklagten wurde von Seiten des Insolvenzverwalters ausgeführt, in der Insolvenzbescheinigung sei kein Weihnachtsgeld aufgenommen worden, da einerseits keine klare Formulierung im Arbeitsvertrag zu finden und andererseits in der Vergangenheit bei unterjährigem Ausscheiden auch kein Weihnachtsgeld anteilsmäßig ausbezahlt worden sei, so dass davon ausgegangen worden sei, dass das Weihnachtsgeld unter diesen Umständen nicht insolvenzfähig sei. Ferner wurden Angaben zu den bisherigen Weihnachtsgeld- und Sonderzahlungen gemacht sowie ausgeführt, nach Auskunft der A. B. sei seit Anfang des Jahres 2014 klar gewesen, dass kein Weihnachtsgeld gezahlt werden könne, was so im Herbst 2014 an die Mitarbeiter weitergegeben worden wäre, wenn es nicht zur Insolvenz gekommen wäre. Mit Widerspruchsbescheid vom 26.02.2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Weihnachtsgeld könne bei der Berechnung des Insolvenzgeldes nicht berücksichtigt werden. Nach § 4 des Arbeitsvertrages sei die Jahresgratifikation eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers, durch deren Zahlung kein Rechtsanspruch für kommende Jahre begründet werde. Eine Regelung über Höhe und Fälligkeit sei nicht getroffen worden.
Hiergegen hat der Kläger am 26.03.2015 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhobe...