Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. rückwirkende Neufestsetzung von Beiträgen zur freiwilligen Krankenversicherung. Änderung der Verhältnisse. Abänderung
Leitsatz (amtlich)
Werden Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung für einen Zeitraum neu festgesetzt, der bereits von einem früheren Beitragsbescheid erfasst wird, erfordert dies eine Abänderung des früheren Beitragsbescheides.
Von einer (ggf konkludenten) Abänderung des noch geltenden Beitragsbescheides kann nicht ausgegangen werden, wenn die Krankenkasse eine Neufestsetzung vorgenommen hat, ohne frühere Bescheide zu erwähnen oder wenigstens als Rechtsgrundlage für die Neufestsetzung (auch) auf § 48 SGB 10 hinzuweisen.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 04. September 2008 und der Bescheid der Beklagten vom 24. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Mai 2006 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin 1.436,10 € zu erstatten.
Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung im Zeitraum vom 01. Januar bis 30. November 2005 streitig.
Die 1976 geborene Klägerin, die über kein Einkommen verfügt und Mutter zweier im Jahr 2001 und 2005 geborenen Kinder ist, war bis 31. Januar 2003 bei der Beklagten über ihren Ehemann familienversichert. Nachdem ihr Ehemann ab dem 01. Februar 2003 als Grenzgänger in der Schweiz eine abhängige versicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen hatte und bei der H. V. AG nach schweizerischem Recht gesetzlich krankenversichert war, endete die Familien-versicherung zum 31. Januar 2003. Auf den Antrag der Klägerin vom 30. Januar 2003 stellte die Beklagte mit Bescheid vom 05. Februar 2003 die Mitgliedschaft der Klägerin als freiwillig Versicherte ab dem 01. Februar 2003 fest. Hinsichtlich der Beiträge enthielt der Bescheid folgenden Verfügungssatz:
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“Ihr Beitrag beläuft sich auf monatlich 121,38 EUR und setzt sich wie folgt zusammen: |
- Krankenversicherung 107,89 EUR |
- Pflegeversicherung 13,49 EUR |
Fälligkeitstermin ist dabei jeweils der 15. des Folgemonats. Daher werden wir erstmals im März vom uns mitgeteilten Konto abbuchen.„ |
Der Bescheid enthielt hinsichtlich der Beitragsfestsetzung keine weitergehenden ausdrücklichen Regelungen. Erwähnt werden jedoch nicht näher bezeichnete “Anlagen„, die sich nicht in den Verwaltungsakten der Beklagten befinden.
Im “Fragebogen zum Einkommen„ gab die Klägerin am 12. Oktober 2004 gegenüber der Beklagten an, ihr Ehemann sei gesetzlich in der Schweiz bei der Krankenkasse “H.„ versichert. Ihr Lebensunterhalt werde durch den Verdienst ihres Ehemannes sichergestellt. Der Fragebogen enthielt zudem folgenden Passus: “Über Veränderungen werde ich die IKK unverzüglich informieren. Mir ist bekannt, dass Beiträge im Folgemonat, nachdem der Steuerbescheid ausgestellt wurde, neu festgesetzt werden.„ Auf Nachfrage der Beklagten legte die Klägerin am 24. November 2004 die Prämienübersicht der H. V. AG vom Oktober 2004 vor, wonach der Ehemann der Klägerin nach dem schweizerischen Krankenversicherungsgesetz (KVG) versichert sei und eine Zusatzversicherung nach dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG) abgeschlossen habe, wobei sich die Prämien ab 01. Januar 2005 auf 342,20 Schweizer Franken beliefen. Mit Schreiben vom 24. November 2004 teilte die Beklagte der Klägerin daraufhin mit, dass ihr Beitrag für die Kranken- und Pflegeversicherung unverändert bleibe. Auch künftig erhalte sie einmal jährlich eine Einkommensanfrage. Sie werde aber gebeten, unabhängig davon die Beklagte zu informieren, wenn sie eigenes Einkommen erziele oder falls ihr Ehemann seinen Versicherungsschutz ändere, beispielsweise durch einen Wechsel in eine Privatversicherung.
Mit Bescheid vom 01. Februar 2005 teilte die Beklagte der Klägerin unter der Überschrift “Ihr Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung ab 01. Januar 2005„ mit, dass es zum Jahresbeginn eine gute Nachricht gebe, da sie ihren Beitragssatz gesenkt habe. Ab 01. Januar 2005 beliefen sich die Beiträge auf insgesamt 120,76 € (Krankenversicherung 107,07 €, Pflegeversicherung 13,69 €). Dieser Betrag werde erstmals im Februar für Januar 2005 abgebucht. Weitere Erläuterungen enthielt der Bescheid nicht.
Im Rahmen einer Einkommensabfrage im Hinblick auf die für die beiden Kinder bestehende Familienversicherung gaben die Klägerin und ihr Ehemann unter dem 15. März 2005 gegenüber der Beklagten an (“Fragebogen zur Familienversicherung„), der Ehemann sei bei der Ö. K. S. (ÖKK) krankenversichert. Weitere Angaben hierzu - etwa zum gewählten Versicherungstarif - machten die Eheleute nicht.
Im Rahmen der Ermittlungen des Einkommens hinsichtlich der freiwilligen Versicherung der Klägerin gab diese am 06. November 2005 gegenüber der Beklagten an (“Fragebogen zum Einkommen„), ihr Ehemann sei bei der ÖKK privat krankenversichert. Sie le...