Entscheidungsstichwort (Thema)
Soziale Pflegeversicherung. Pflegequalität. Streit über die Ergebnisse der Qualitätsprüfung. Pflege-Transparenzvereinbarung ambulant (PTVA). Transparenzbericht. einstweiliger Rechtsschutz gegen die Veröffentlichung. Anforderungen im Hinblick auf die Richtigkeit öffentlicher Bewertungen und Daten
Orientierungssatz
1. Zum Anspruch des Betreibers eines Pflegedienstes auf vorläufige Unterlassung der Veröffentlichung eines Transparenzberichtes nach § 115 Abs 1a SGB 11 im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes.
2. Für die Zulässigkeit öffentlicher Bewertungen ist es nicht ausreichend, dass keine groben Fehler oder Bewertungsmängel bzw keine schwerwiegenden Verstöße gegen die rechtlichen Vorgaben vorliegen (entgegen LSG Chemnitz vom 24.2.2010 - L 1 P 1/10 B ER = PKR 2010, 25).
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 27. Februar 2010 geändert und den Antragsgegnern vorläufig untersagt, den Text des Transparenzberichts in Bezug auf die Antragstellerin in der am 10. Dezember 2009 übermittelten Fassung bis zum Ablauf des 15. November 2010, längstens bis zur Entscheidung des Sozialgerichts in der Hauptsache oder bis zu einem anderen Abschluss des Hauptsacheverfahrens weiter zu veröffentlichen.
Die Antragsgegner haben als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird für das Verfahren in beiden Instanzen auf jeweils 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes über die Veröffentlichung eines Transparenzberichtes nach § 115 Abs. 1a Sozialgesetzbuch/Elftes Buch (SGB XI).
Die Antragstellerin betreibt einen Pflegedienst und erbrachte im Dezember 2009 ambulante Pflegeleistungen für 45 Personen. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) führte bei der Antragstellerin am 3. Dezember 2009 eine Qualitätsprüfung durch. Es wurden dabei die Leistungen für 5 Pflegekunden überprüft. Am 10. Dezember 2009 wurde der Antragstellerin auf elektronischem Wege im Auftrag der Antragsgegner der auf Grundlage der MDK-Prüfung erstellte Transparenzbericht im Entwurf übermittelt.
Dabei erhielt die Antragstellerin folgende Bewertungen.
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1.) Qualitätsbereich 1 pflegerische Leistungen |
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Note 5,0 mangelhaft |
2.) Qualitätsbereich 2 ärztlich verordnete Leistungen |
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Note 4,6 mangelhaft |
3.) Qualitätsbereich 3 Dienstleistung und Organisation |
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Note 1,8 gut |
4.) Gesamtergebnis |
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Note 4,4 ausreichend |
5.) Befragung der Bewohner |
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Note 1,0 sehr gut. |
Die Antragstellerin wendet sich mit ihrem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gegen die bereits erfolgte Veröffentlichung des Transparenzberichtes in der vorliegenden Form. Insbesondere die Bewertungen für die Qualitätsbereiche 1 und 2, aber auch die Gesamtnote seien unzutreffend. Dies liege einerseits an der objektiven Falschbeantwortung von Einzelfragen und andererseits an der Fehlinterpretation der Ausfüllanleitung durch die Prüfer. So hätten Unzulänglichkeiten in der Dokumentation fehlerhaft zu einer negativen Bewertung der korrekt erbrachten Leistung geführt. Auch verzerre die bei diversen Kriterien nur geringe Zahl einbezogener Patienten die Bewertung derart, dass ein repräsentatives Ergebnis nicht erzielt worden sei. Durch die Veröffentlichung des fehlerhaften Transparenzberichts sei zumindest eine erhebliche Beeinträchtigung des Gewerbebetriebes der Antragstellerin zu befürchten und werde in die Berufsausübungsfreiheit unzulässig eingegriffen.
Das Sozialgericht hat den Antrag durch Beschluss vom 27. Februar 2010 abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, es seien weder offensichtliche Fehler bei der Prüfung durch den MDK noch eine offensichtliche Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung gegeben. Insbesondere sei die Berücksichtigung mangelhafter Dokumentation der Leistungserbringung sachgerecht, da nur so die Erbringung der geschuldeten Leistung in der Vergangenheit nachvollzogen werden könne.
Die Antragstellerin vertieft zur Begründung ihrer Beschwerde vom 25. März 2010 das erstinstanzliche Vorbringen und trägt vor, das Recht auf rechtsfehlerfreie Bewertung und das Gebot inhaltlicher Richtigkeit bei wettbewerbserheblichen Informationen seien verletzt. Zudem seien die Einzelbewertungen teilweise auf zu geringer Datenbasis erfolgt, so dass kein objektives Bild im Sinne einer Regelhaftigkeit der bewerteten Umstände wiedergegeben werde. Schließlich sei überhaupt fraglich, ob im Hinblick auf den Zweck der Transparenzberichte, Bewertungen der Ergebnis- und Lebensqualität zu veröffentlichen, die erfolgten Prüfungen verwertbar seien. Entsprechende Bewertungskriterien lägen nicht vor und würden bei der erfolgten Bewertung auch nicht berücksichtigt. Die kritisierten Dokumentationsmängel rechtfertigten entgegen der tatsächlich erfolgten Leistungserbringung keine schlechten Bewertungen und deren Veröffentlichung.
Die Antragstellerin beantragt wörtlich,
den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 27. Februar 2...