Leitsatz (amtlich)
1. Zahlungen an Sanierungsberater in der Krise können nach den von der Rechtsprechung zur Vorsatzanfechtung in "Altfällen" entwickelten Grundsätzen eines bargeschäftsähnlichen Leistungsaustauschs privilegiert sein, wenn der Schuldner den Berater mit den für eine Sanierung erforderlichen Tätigkeiten beauftragt hat, die von dem Berater hierzu entfalteten Tätigkeiten als Sanierungsbemühungen geeignet sind und schon bei der Beauftragung des Beraters aus objektiver Sicht konkrete Ansätze für eine Sanierungschance bestehen. Wenn sich jedoch im Verlauf der Tätigkeiten des Sanierungsberaters herausstellt, dass keine erfolgversprechende Sanierung möglich ist, liegt in der Vergütungszahlung keine zur Fortführung des Unternehmens unentbehrliche Gegenleistung, die der Gläubigergesamtheit nützt.
2. Zur Darlegung der Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung muss der Steuerberater, wenn der Vergütung keine Pauschalgebühren, sondern Stunden- oder Tagessätze zugrunde liegen, den tatsächlichen zeitlichen Aufwand konkret und in nachprüfbarer Weise darlegen, indem er stichwortartig niederlegt, welche konkrete Tätigkeit er innerhalb eines konkreten Zeitraums verrichtet hat. Hierbei sind tätigkeitsbezogene Ausführungen zu Arbeits- und Gesprächsinhalten erforderlich.
Normenkette
InsO a.F. § 133 Abs. 1, § 142
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 18a O 74/17) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 27.09.2019 verkündete Urteil der 18a. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Düsseldorf (18a O 74/17) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte. Die durch die Nebenintervention verursachten Kosten haben die Streithelfer zu tragen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Der Kläger ist Verwalter in dem durch Beschluss des Amtsgerichts Duisburg vom 29.01.2014 (Anl. K 2) eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der R. GmbH (Schuldnerin); der Verfahrenseröffnung ging ein Eigenantrag der Schuldnerin vom 11.11.2013 voraus. Der Kläger hat die seinerzeit unter E1. GmbH firmierende Beklagte erstinstanzlich auf Zahlung von Schadensersatz i.H.v. 5 Mio. EUR wegen vermeintlich unrichtig erstellter Jahresabschlüsse der Schuldnerin und dadurch verzögerter Insolvenzantragstellung sowie auf Rückzahlung erhaltener Honorare i.H.v. 147.560 EUR unter dem Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung in Anspruch genommen. Nur letztere sind in der Berufungsinstanz noch in Streit.
Die Schuldnerin handelte u.a. mit Metallen und führte in diesem Zusammenhang auch Börsentermingeschäfte durch. Spätestens im Jahr 2013 geriet die Schuldnerin aufgrund eines Verfalls des Kupferpreises zusehends in wirtschaftliche Bedrängnis, da sie mit Hilfe von Warentermingeschäften (sogenannten "Long-Positionen") an der Börse auf eine positive Preisentwicklung spekuliert hatte. Für ein Gespräch bei der kreditgebenden C.-Bank (nachfolgend C.) am 11.07.2013, in dem es um die aktuelle wirtschaftliche Situation der Schuldnerin sowie Perspektiven/Handlungsmöglichkeiten ging, fertigte die Beklagte einen Zwischenabschluss zum 30.06.2013 (Fassung v. 10.07.2013, Anl. B 15), der unter Zugrundelegung von Liquidationswerten bei einem Jahresfehlbetrag von rund 42 Mio. EUR erstmals einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag in Höhe von rund 32,5 Mio. EUR auswies. Auf Wunsch der C. wurde die E2. als weiterer externer Berater hinzugezogen, um das Geschäftsmodell der Schuldnerin sowie deren Abschluss- und Planzahlen zu überprüfen und eine Fortführungsprognose zu erstellen. Die Beklagte stellte der Schuldnerin unter dem 12.07.2013 "für die Erstellung eines Zwischenabschlusses auf den 30.06.2013, Planrechnung 2013 einschließlich Liquiditätsplanes sowie Konzept Firmensanierung nebst Teilnahme am Bankengespräch C. in der Zeit vom 03.07.2013 bis zum 10.07.2013" einen Betrag von 57.120 EUR (brutto) in Rechnung (Anl. K 10), zahlbar sofort per Scheck. Die Honorarnote ist am 17.07.2013 beglichen worden.
Unter dem 27.08., 04.09., 13.09. und 24.09.2013 stellte jeweils die W. GmbH eine Bescheinigung nach § 270b Abs. 1 InsO aus, wonach Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin drohte, aber noch nicht eingetreten war, trotz bilanzieller Überschuldung wegen einer positiven Fortführungsprognose eine insolvenzrechtliche Überschuldung nicht vorlag und eine nach Darlegung des Geschäftsführers angestrebte Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos war (Anl. B 18). Die E2. präsentierte die Ergebnisse ihres Prüfungsauftrags am 30.09.2013 (Anl. B 16). Dabei legte sie einen von der Beklagten angepassten Zwischenabschluss zum 30.06.2013 (Fassung v. 01.09.2013, Anl. K 9) zugrunde, der nicht mehr von einer Zerschlagung d...