Leitsatz (amtlich)
Montagearbeiten machen den Vertragshändler nicht grundsätzlich zum Hersteller im Sinne des ProdHaftG.
Das kann selbst dann gelten, wenn die Montage für den Gebrauch der Sache sicherheitsrelevant ist.
Erkennt der Rechtsverkehr nach typisierender Betrachtung, dass ein auf dem Produkt aufgebrachtes Kennzeichen auf eine Handelsmarke hinweist, wird gerade nicht der Rechtsschein einer besonderen Verantwortung für die Produktsicherheit übernommen, was Voraussetzung nach § 4 Abs. 1 S. 2 ProdHaftG ist.
Normenkette
ProdHaftG §§ 1, 4
Verfahrensgang
LG Münster (Urteil vom 30.06.2015; Aktenzeichen 4 O 421/14) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 30.06.2015 verkündete Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des LG Münster (Az. 4 O 421/14) wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens und die durch das Berufungsverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten der Streithelferin.
Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadensersatz aufgrund eines Unfalls mit einem bei der Beklagten gekauften Elektrofahrrad.
Der Kläger erwarb von der Beklagten das Elektrofahrrad der Marke "Bulls" - Green Mover Sportslite mit Rechnung vom 02.07.2012. Ihm wurde dabei ein Fahrradpass ausgehändigt. Auf die Rechnung und den Fahrradpass wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen (Bl. 13 und 14 GA). Ob dem Kläger auch eine Bedienungsanleitung zum Fahrrad ausgehändigt wurde, ist streitig; das Vorwort der Bedienungsanleitung nennt die Streithelferin als Herstellerin (Bl. 112 GA).
Das Fahrrad war vor Übergabe transportbedingt im nichtmontierten Zustand von der Streithelferin an die Beklagte geliefert und bei der Beklagten nach Anleitung der Streithelferin zusammengebaut worden: U. a. die Pedalen, das Vorderrad, der Lenker und der Sattel waren dabei anzuschrauben. Die Montageanleitung der Streithelferin gab dafür die exakten Drehmomentangaben vor. Motor und Antrieb sowie das Hinterrad waren bereits von der Streithelferin fest montiert worden. Der Kläger führte in der Folgezeit die von der Beklagten empfohlenen Inspektionen durch.
Der Kläger erlitt mit dem Fahrrad am 13.09.2013 gegen 16.40 Uhr in der Bauernschaft I in D einen Unfall: Beim Überqueren des Bahnüberganges stürzte er. Dabei wurde sein Fahrrad beschädigt. Er erlitt durch den Sturz schmerzhafte Schürfwunden, Prellungen und eine Verletzung der linken Schulter, deren Beweglichkeit bis heute nicht schmerzfrei bzw. vollständig wiederhergestellt ist.
Ob ein Bruch der Sattelschraube Unfallursache war, ist zwischen den Parteien streitig. Unstreitig ist zwischen den Parteien, dass die gebrochene Schraube am Sattel einen für den Kläger und die Beklagte nicht erkennbaren Materialfehler aufwies.
Der Kläger, dem von der Beklagten ein neues Fahrrad geliefert wurde, forderte in der Folge weiteren Schadensersatz. Der Haftpflichtversicherer der Streithelferin zahlte an den Kläger 2.200 EUR zur beliebigen Verrechnung des Versicherers und unter Vorbehalt der Rückforderung, falls ein Anspruch nicht bestehen sollte. Der Kläger bezog vom 01.10.2013 bis zum Eintritt in die gesetzliche Regelaltersrente am 01.03.2015 Krankengeld.
Der Kläger hat behauptet, dass der Schraubenbruch unfallursächlich gewesen sei. Diese Ursächlichkeit sei seitens der Beklagten auch vorgerichtlich anerkannt worden, was sich aus einer Email des Geschäftsführers der Beklagten an die Streithelferin vom 16.06.2014 ergebe, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 18 GA). Die Beklagte hafte als Herstellerin und als Garantiegeberin verschuldensunabhängig. Sie sei Herstellerin, da die Montagearbeiten sicherheitsrelevant waren. Aus dem Inhalt des dem Kläger bei Übergabe des Fahrrades auch übergebenen Fahrradpasses ergebe sich eine Garantieübernahme der Beklagten (Bl. 14 GA).
Der Kläger verlangt - neben Schmerzensgeld und Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz zukünftig eintretender Schäden auch - Ersatz von behaupteten, unfallbedingten Sachschäden für beschädigte Kleidung - Hose (69,96 EUR) und Jacke (229 EUR) -, Heilbehandlungskosten in Höhe von 491,41 EUR und Ersatz eines unfallbedingten Einkommensverlustes für die Zeit vom 01.10.2013 bis 30.11.2014 in Höhe von 12.087,04 EUR. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass die Zahlungen des Versicherers der Streithelferin keine (teilweise) Erfüllung bewirkt hätten, da sie unter Vorbehalt vorgenommen seien. Nachdem der Kläger seinen ursprünglichen Klageantrag bzgl. einer Pauschale von 50 EUR und vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 562,16 EUR zurückgenommen hat, hat er beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 12.877,77 EUR nebst Jahreszinsen von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ge...