Die verschärfte Wettbewerbs- und Arbeitsmarktsituation hat im Zuge einer Deregulierung der Beschäftigung in den letzten Jahren zu einem Anstieg der sog. Scheinselbständigkeit geführt. Diese Erscheinung erstreckt sich - mit gewissen Schwerpunkten - auf zahlreiche Bereiche des Wirtschaftslebens.
Durch das Gesetz zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte vom 19.12.1998 (BGBI I S. 3843) sollte den Sozialversicherungsträgern die Bekämpfung der Scheinselbständigkeit erleichtert werden. Scheinselbständige Arbeitnehmer sollten schneller und einfacher als bisher erkannt und in die Versicherungspflicht einbezogen werden. Dazu ist in § 7 Abs. 4 SGB IV ein Kriterienkatalog eingestellt worden. Bei Vorliegen von mindestens zwei dieser Kriterien wurde hiernach das Bestehen einer Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt vermutet. Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung haben bereits mit Rundschreiben vom 16.6.1999 i.d.F. vom 18.8.1999 den Amtsermittlungsgrundsatz hervorgehoben und klargestellt, dass für die Anwendung der Vermutungsregelung nur in den Fällen Raum bleibt, in denen der konkrete Sachverhalt nicht vollständig aufgeklärt werden kann, insbesondere weil die Erwerbsperson ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen ist.
Durch das Gesetz zur Förderung der Selbständigkeit vom 20.12.1999 wird der Kriterienkatalog des § 7 Abs. 4 SGB IV präzisiert und um ein neues Kriterium ergänzt. Nunmehr wird vermutet, dass bei Vorliegen von mindestens drei der genannten fünf Merkmale eine Beschäftigung vorliegt. Sollte gleichwohl eine selbständige Tätigkeit vorliegen, kann die gesetzliche Vermutung, die nur bei fehlender Mitwirkung der erwerbsmäßig tätigen Person eintritt, widerlegt werden. Die Widerlegung kann durch sämtliche Beweismittel erfolgen, die die Selbständigkeit des Betroffenen belegen. Hierbei ist eine Gewichtung und Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalles maßgebend. Liegen sowohl Merkmale vor, die für eine Beschäftigung sprechen, als auch solche, die auf Selbständigkeit hindeuten, kommt es darauf an, welche Merkmale in ihrer Bedeutung überwiegen.
Außerdem wird nunmehr ein Anfrageverfahren installiert. Abweichend von der Regelung des § 28h Abs. 2 SGB IV, nach der die Einzugsstelle über die Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung entscheidet, können die Beteiligten bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte eine Entscheidung über den Status der Erwerbstätigen beantragen. Mit diesem Verfahren soll eine schnelle und unkomplizierte Möglichkeit zur Klärung der Statusfrage eröffnet und dadurch divergierende Entscheidungen vermieden werden.
Bei Feststellung eines die Sozialversicherungspflicht begründenden Beschäftigungsverhältnisses im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens soll unter bestimmten Voraussetzungen der Beginn der Versicherungspflicht mit Zustimmung des zu Versichernden verschoben werden; Beitragsansprüche für zurückliegende Zeiten entstehen insoweit nicht. Zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsanwendung soll dies - unter Zurückstellung möglicher rechtlicher Bedenken - für alle Zweige der Sozialversicherung gelten. Hierdurch soll die Position des gutgläubigen Arbeitgebers gestärkt werden. Verbunden damit wird ein vorläufiger Rechtsschutz gegen Beitragsbescheide eingeführt, nach dem die Gesamtsozialversicherungsbeiträge erst zu dem Zeitpunkt fällig werden, zu dem die Entscheidung über das Vorliegen einer Beschäftigung unanfechtbar geworden ist. Widerspruch und Klage gegen eine derartige Entscheidung haben nunmehr aufschiebende Wirkung.
Sofern die von der Vermutungsregelung betroffenen Personen nach dem Einkommensteuerrecht als Selbständige behandelt werden, ist für sie seit dem Gesetz vom 19.12.1998 mit Wirkung vom 1.1.1999 an in § 14 Abs. 4 SGB IV eine besondere Bestimmung der beitragspflichtigen Einnahmen enthalten. Diese Regelung ist durch das Gesetz vom 20.12.1999 nicht geändert worden.
Personen, die weder von § 7 Abs. 1 SGB IV noch von § 7 Abs. 4 SGB IV erfasst werden, sind unter den Voraussetzungen des § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI als Selbständige rentenversicherungspflichtig. Für Selbständige, die bereits am 31.12.1998 selbständig tätig waren und nicht der Rentenversicherungspflicht unterlagen, ist in § 231 Abs. 5 SGB VI auf Antrag eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht vorgesehen, wenn sie nach dem 31.12.1998 gemäß § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI versicherungspflichtig werden. Außerdem ist für Existenzgründer und für selbständig tätige Personen, die nach Vollendung des 58. Lebensjahres erstmals die Voraussetzungen des § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI erfüllen, in § 6 Abs. 1a SGB VI eine besondere Befreiungsmöglichkeit von der Rentenversicherungspflicht eingeräumt worden.