Entscheidungsstichwort (Thema)
Angelegenheiten der Bundesagentur für Arbeit
Leitsatz (amtlich)
1. Die Tatbestandsvoraussetzung der Darlegung der Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbstständigen Tätigkeit ist von der Agentur für Arbeit eigenständig zu prüfen gewesen; sie ist nicht vom Tragfähigkeitsattest der fachkundigen Stelle erfasst gewesen.
2. Zum Nachweis von Kenntnissen und Fähigkeiten zur Ausübung der selbstständigen Tätigkeit können zum Beispiel Berufsabschlüsse, Zeugnisse, Zertifikate über erworbene Qualifikationen oder Belege über den beruflichen Werdegang dienen.
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 6. August 2012 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten hat die Beklagte der Klägerin nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung eines Gründungszuschusses.
Die 1961 geborene Klägerin verfügt über eine Ausbildung zur Diakonin und arbeitete bis 2011 als Diakonin, Religionspädagogin und Erzieherin bei der evangelisch-lutherischen Kirche des Freistaates Sachsen.
Aufgrund des Auslaufens eines befristeten Dienstvertrages mit der K... Sachsen e. V. zum 30. September 2011 meldete sich die Klägerin am 19. Juli 2011 arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld.
Mit Bescheid vom 22. August 2011 wurde der Klägerin Arbeitslosengeld ab dem 1. Oktober 2011 für 450 Tage bewilligt.
Im Folgenden nahm die Klägerin unter anderem vom 10. bis 21. Oktober 2011 an einer von der Beklagten vermittelten Maßnahme des Bildungszentrums der S… H… gGmbH "Heranführung an die Selbstständigkeit" teil. In der Teilnehmerbeurteilung vom 21. Oktober 2011 wird unter anderem folgendes ausgeführt:
"Frau Z… muss unbedingt noch den spezifischen Kundenbedarf klären, Kontakte zu potentiellen Kunden herstellen und das notwendige Knowhow für ihr geplantes Unternehmen erwerben. Dafür muss sie ihre Zurückhaltung ablegen, um offensiv für ihr Unternehmen auftreten zu können. Sie möchte vorhandene Defizite durch eine Rhetorikschulung abbauen. Anzuraten wäre, im Nebenerwerb zu testen, ob sie sich mit ihrer Geschäftsidee etablieren kann und ob das Kundenpotential in der Region ausreicht. […] Für die Gründungsvorbereitung ist daher noch relativ viel Zeit und Energie erforderlich. Frau Z. kann unseres Erachtens als Stay-long-Typ eingestuft werden. Die Gründung ist für März 2012 geplant."
Am 15. November 2011 beantragte die Klägerin unter Vorlage ihres Businessplans und weiterer Unterlagen die Gewährung eines Gründungszuschusses für die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit als Produzentin von Videotrailern ab 29. November 2011 in C…. Sie erwarte für Dezember 2011 einen Gewinn in Höhe von 490,00 EUR, für Januar 2012 in Höhe von 450,00 EUR und im Zeitraum vom Februar bis Mai 2012 in Höhe von 700,00 EUR monatlich. Ihre Gewinnerwartung für das Jahr 2012 betrage 7.640,00 EUR und für das Jahr 2013 9.490,00 EUR. Im Formblatt "Stellungnahme der fachkundigen Stelle zur Tragfähigkeit der Existenzgründung nach § 57 Abs. 2 Nr. 3 SGB III" bestätigte Dipl.-Kaufmann B… K…, dass bei der Klägerin die Voraussetzungen in fachlicher und branchenspezifischer Hinsicht als auch in kaufmännischer unternehmerischer Hinsicht vorliegen würden.
Mit Bescheid vom 16. Dezember 2011 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab. Es bestehe die Notwendigkeit der Behebung von persönlichen Defiziten, die Klärung des Kundenbedarfs sowie der Erwerb des notwendigen Knowhows. Die Vorverlegung des ursprünglich für März 2012 geplanten Gründungstermins sei nicht nachvollziehbar. Es bestünden erhebliche Zweifel an der unternehmerischen, fachlichen und persönlichen Eignung der Klägerin. Es könne nicht von einer tragfähigen Existenzgründung ausgegangen werden.
In ihrem Widerspruch trägt die Klägerin vor, dass alle Voraussetzungen für die Gewährung des Gründungszuschusses erfüllt seien. Es müsse auf die Stellungnahme der fachkundigen Stelle abgestellt werden.
Dieser Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 20. Januar 2012 zurückgewiesen. Nach der Einschätzung der Klägerin selbst könne mit ihren Gewinnerwartungen nicht von einer tragfähigen Existenzgründung ausgegangen werden. Ausgehend von der Düsseldorfer Tabelle sei hierfür eine durchschnittliche Gewinnerwartung in Höhe von 950,00 EUR monatlich erforderlich. Darüber hinaus habe sie ihre Eignung in unternehmerischer, fachlicher sowie persönlicher Hinsicht nicht dargelegt.
Hiergegen hat die Klägerin am 2. Februar 2012 Klage erhoben. Sie habe für 2014 ein Cashflow von 13.990,00 EUR prognostiziert. Ihre Fähigkeiten haben sie durch die eingereichten Unterlagen bewiesen. Die Teilnehmerbeurteilung vom 21. Oktober 2011 beruhe im Wesentlichen auf ihren eigenen Angaben. In den Wochen nach dem 21. Oktober 2011 habe sie sich emotional besonders gestärkt gefühlt, da sie sich fachliche Qualifikationen angeeignet habe. Aus ihrer Sicht habe sich die Aufnahme einer Tätigkeit bereits für den 29. November 2011 angeboten. Se...