Entscheidungsstichwort (Thema)
Asylbewerberleistung. Zugunstenverfahren gem § 44 SGB 10. zuständige Behörde
Orientierungssatz
Im Asylbewerberleistungsrecht ist für die Entscheidung über einen Antrag nach § 44 SGB 10 diejenige Behörde zuständig, die den ursprünglichen Bewilligungsbescheid erlassen hat, auch wenn infolge eines geänderten Aufenthaltsstatus ein Zuständigkeitswechsel erfolgt ist.
Tenor
Der Bescheid der Beklagten vom 16.06.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.11.2009 wird aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, den Klägern zu 1) bis 6) für die Zeit vom 01.01.2005 bis zum 31.03.2007 Leistungen gem. § 2 AsylbLG in gesetzlicher Höhe unter Anrechnung bereits erbrachter Leistungen gem. § 3 AsylbLG zu gewähren. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger trägt die Beklagte zu 3/4. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre Kosten selbst.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung sog. privilegierter Leistungen gemäß § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) anstelle ursprünglich gewährter Leistungen gemäß § 3 AsylbLG zugunsten der Kläger im Streit. Zwischen den Beteiligten ist dabei insbesondere streitig, ob die Zuständigkeit für die Entscheidung über den Überprüfungsantrag gemäß § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) der Leistungsempfänger bei der ursprünglichen Bewilligungsbehörde oder bei der Behörde, die zwischenzeitlich zuständig geworden ist, liegt.
Die Kläger sind irakische Staatsangehörige. Sie reisten im Dezember 1998 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragten die Anerkennung als Asylberechtigte. Sie erhielten seitdem von der Beklagten Leistungen gem. § 3 AsylbLG. Mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge aus November 2007 wurden die Kläger rechtskräftig als Asylberechtigte anerkannt und verzogen daraufhin nach C, somit in den Zuständigkeitsbereich der Beigeladenen zu 1).
Mit Schreiben vom 08.06.2009 beantragten sie im Wege des Zugunstenverfahrens gem. § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) die Aufhebung der Bewilligungsbescheide der Beklagten ab Januar 2005 und die Gewährung von Leistungen gem. § 2 AsylbLG für die Vergangenheit.
Mit Bescheid vom 16.06.2009 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen gem. § 2 AsylbLG ab und begründete dies damit, dass der Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland von den Klägern rechtsmissbräuchlich beeinflusst worden sei, da gefälschte Identitätspapiere vorgelegt worden seien. Die Beklagte verwies diesbezüglich insbesondere auf ein Schreiben der Ausländerbehörde Altenkirchen vom 05.09.2006, wonach das Verwaltungsgericht Koblenz im Urteil vom 24.11.1999 festgestellt habe, dass es sich bei den von den Klägern im Asylverfahren vorgelegten irakischen Dokumenten um Fälschungen handele. Mit Schreiben vom 21.09.2001 habe die irakische Botschaft mitgeteilt, dass sie bereit sei, unter bestimmten Bedingungen Heimreisepapiere für die Familie auszustellen. Da die Bedingungen für die Ausreise, unter anderem eine amtliche Begleitung in den Irak jedoch seinerzeit nicht erfüllt werden konnten, seien keine Heimreisepapiere abgerufen worden. Da die Familie gefälschte Identitätspapiere vorgelegt habe und zudem ein erfolgloses Wiederaufgreifensverfahren durchgeführt habe, habe sie ihren Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland rechtsmissbräuchlich beeinflusst.
Gegen diese ablehnende Entscheidung wandten sich die Kläger mit dem Widerspruch vom 29.06.2009, zu dessen Begründung sie ausführten, sie hätten ihren Aufenthalt nicht rechtsmissbräuchlich beeinflusst. Die vorgelegten Papiere seien nicht gefälscht gewesen. Im Irak herrsche ein unsicheres Urkundswesen und während der zahlreichen Kriege in den letzten 15 Jahren wären gerade in der Autonomieregion Kurdistan von verschiedenen staatlichen und halbstaatlichen Stellen Papiere herausgegeben worden, die von der Zentralregierung als Fälschungen deklariert worden seien. Dies könne jedoch ohnehin dahinstehen, da es jedenfalls nicht kausal den Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland gewesen sei. In den letzten 10 Jahren sei kein irakischer Staatsangehöriger aus der Bundesrepublik Deutschland in den Irak abgeschoben worden. Dass eine rechtsmissbräuchliche Beeinflussung der Aufenthaltsdauer nicht vorliege, zeige sich zudem daran, dass sie schlussendlich rechtskräftig als Asylberechtigte anerkannt worden seien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06.11.2009 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung führte die Beigeladene zu 2) als Widerspruchsbehörde in ihrer Entscheidung aus, unabhängig von der Frage rechtsmissbräuchlichen Verhaltens sei die Beklagte jedenfalls nicht die örtlich und sachlich zuständige Behörde zur Entscheidung über den Antrag gemäß § 44 SGB X für die Zeit vom 01.01.2005 bis zum 31.03.2007. Gemäß § 44 Abs. 3 SGB X entscheide über die Rücknahme und Unanfechtbarkeit eines Verwaltungsaktes die zuständige Behörde. Dies gelte auch dann, wenn der zurückzu- nehmende Verwaltungsakt von einer an...